Straßlach-Dingharting:Erst die Säge, dann die Erlaubnis

Lesezeit: 1 min

Umstrittene Baumfällungen beschäftigen den Bauausschuss

Von Claudia Wessel, Straßlach-Dingharting

"Ich habe auch schon gerüchteweise gehört, es sei eine Tanne gewesen." Das sagt Bürgermeister Hans Sienerth (parteifrei) über den Nadelbaum auf dem Grundstück Tölzer Straße 8 in seiner Gemeinde, den es zum Bedauern einiger Straßlacher nicht mehr gibt. Eine Kiefer und eine Fichte (oder Tanne) wurden am 22. Februar um 9 Uhr - so festgehalten von empörten Zeugen - gefällt. Die SZ berichtete.

Genehmigt war an jenem Tag aber nur das Fällen der Kiefer. Angeblich war auch der andere Baum wackelig. Wenn es aber eine Tanne war, dann bestehen daran große Zweifel, wie ein Straßlacher sagt, der nicht genannt werden möchte. "Eine Tanne ist sehr robust und gar nicht sturmanfällig", weiß er. Nun muss der Bauausschuss im Nachhinein genehmigen, was schon passiert ist. "Ein Antrag auf Baumfällung für einen Baum, der schon weg ist, das ist schon sehr tragisch", sagt der Gemeinderat der Grünen, Oliver Seth. Sollte der Baum unrechtmäßig gefällt worden sein, könnte ein hohes Bußgeld für eine Ordnungswidrigkeit fällig werden. Zweifel gibt es auch über die Ersatzpflanzung. Dafür seien Obstbäume, wie sie angeboten wurden, keinesfalls ausreichend, so Seth.

Doch damit nicht genug: Eine zweite Baumfällung soll im Bauausschuss genehmigt werden: die einer Linde auf dem Grundstück Tölzer Straße 5. Diese Linde steht mit einer zweiten Linde als Überbleibsel einer ehemaligen Lindenallee da, wo derzeit schon eifrig gebaggert wird, denn auf dem Grundstück sollen Eigentumswohnungen und Doppelhaushälften entstehen. "Strasslach Living" nennt sich das Ganze und Baumfreunde befürchten, dass die Linden nur stören. An der Kompetenz des vom Bauherrn beauftragten Gutachters, einem Landschaftsplaner, zweifelt auch Seth.

Es gebe in Straßlach ein Grundproblem, sagt der Grünen-Gemeinderat: "Dass naturschutzrelevante Dinge nicht berücksichtigt werden." Die Linde etwa könne gar nicht gefällt werden, zumindest nicht vor dem 30. September, da bis dahin Schonzeit sei für Bäume außerhalb des Waldes, laut Paragraf 39 Bundesnaturschutzgesetz. Um einen Baum doch zu fällen, brauche man eine naturschutzrechtliche Bewertung, also eine Sondergenehmigung der Unteren Naturschutzbehörde mit artenschutzfachlicher Stellungnahme. Diese liege bisher nicht vor.

© SZ vom 06.04.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: