Geologie:Stumme Zeugen

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"Wenn Steine sprechen könnten": In einer Ausstellung widmen sich Josef Karl und sein Heimatkreis der geologischen Geschichte von Harthausen. (Foto: Claus Schunk)

Der Heimatkreis zeigt in einer Ausstellung, dass eine Vielzahl besonderer Steine aus dem ganzen Alpenraum bei der Entstehung der Münchner Schotterebene ihren Weg bis nach Harthausen gefunden haben.

Von Angela Boschert, Grasbrunn

Steine statt Erdäpfel haben Bauern aus Harthausen beim Kartoffelklauben immer wieder in ihren Händen. Grund dafür ist die geologische Vergangenheit des Ortes im Südosten Münchens. Da Steine zwar Zeugen der Geschichte, aber stumm sind, hat ihnen der Harthauser Heimatkreis am Wochenende in einer spannenden Ausstellung eine Stimme verliehen. Unter dem Titel "Wenn Steine sprechen könnten" ist die Schau auch an diesem Montag noch von 15 bis 19 Uhr im Bürgerhaus an der Rosenstraße 7 zu sehen. Gezeigt werden zudem farbig glitzernde Mineralien aus der ganzen Welt.

Vor etwa 20 000 Jahren ist die Münchner Schotterebene entstanden, indem über das ehemalige Flussbett der Ur-Mangfall Schmelzwasser des Isar-Loisach-Gletschers und des Inngletschers abgeflossen ist und unzählige Steine aus dem gesamten Alpenraum mitgebracht hat.

Die Mangfall führte damals vom sogenannten Mangfallknie bei Grub (Gemeinde Valley) aus durch Aying nach Egmating, an Harthausen vorbei und weiter gen Zorneding. Wie sich ihr Flussbett im Lauf der Jahrtausende verändert hat und das sogenannte Grub-Harthauser Trockental entstanden ist, zeigen ausgewählte Karten und Schaubilder.

Heute liegt im Grub-Harthauser Trockental der namengebende Ort Harthausen. "Beim Kartoffelklauben finden wir noch heute Steine aus dem ganzen Alpenraum, die man ihrer Form nach tatsächlich für Kartoffeln halten könnte", sagt Katharina Karl, die Ehefrau des Heimatkreis-Vorsitzenden. Josef Karl und seine Familie sind zu "begeisterten Steinesammlern" geworden, nachdem sie auf die spannende Geschichte des Bodens von Harthausen gestoßen sind.

Fast jeder Stein ist beschriftet

So hat Karl seit dem vergangenen Herbst zusammen mit Gerhard Tschochner aus Pöring die wichtigsten seiner Fundsteine ausgewählt, einige poliert und andere aufgeschnitten, um die Vielfalt der Gesteine mit ihren Farben und Musterungen zu zeigen. Fachlich unterstützt wurden sie dabei von dem Geologen Johann Wierer. "Wenn man ein Auge dafür entwickelt, findet man überall solch alte Steine", sagt Karls Sohn Hubert.

Er hat Beschriftungstafeln für nahezu jeden Stein erstellt, der jetzt auf den Tischen im Bürgerhaus liegt. Es sind verschiedene Geröllsteine der Schotterebene, darunter Kalk- und Tuffsteine sowie zahlreiche Konglomerate, also Zusammenschlüsse von Kieseln aus verschiedenen Erdzeitaltern. Sie stammen aus dem Bereich von Iller, Lech und Isar.

Besonderes Interesse wecken bei den Besuchern die einzelnen Gesteinsschichten, durch die 1984 ihr Wasserbrunnen im Höhenkirchner Forst getrieben wurde. In einer Holzkiste, hat jede Gesteinsschicht ihr eigenes Fach. Neugierig ertasten sie die Besucher und lesen erst dann die geologische Beschreibung des Bayerischen Landeswasseramtes.

Auch eine mittelalterliche Besonderheit Harthausens wird gezeigt. So sind auf einer Flurkarte aus dem Jahr 1809 noch sogenannte Wölbäcker erkennbar. Da der Humusboden in der Schotterebene sehr dünn ist, hatten die Bauern im Mittelalter Erde aufeinander geschichtet und erhielten große nahrhafte Ackerböden, die sich 50 Zentimeter nach oben wölbten. In den Wäldern rund um Harthausen sind noch circa 200 Hektar mit Spuren dieser Erdanhäufungen zu finden.

Optisches Highlight und eine Ergänzung zur ausgestellten Steinsammlung sind Mineralien, die Gerhard Tschochner auf vielen Reisen erworben hat. Sie funkeln in vielfältigen Formen und Farben. Fluoreszierende Mineralien hat Tschochner in einer Schaukiste versammelt. Schaltet er die UV-Lampe an, geht ein staunendes Raunen durch den Saal. Er kann zu jedem seiner 1460 nummerierten Steine eine interessante Geschichte erzählen.

© SZ vom 09.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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