Schreiner-Group Oberschleißheim:Erfolgreicher Spagat

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Zwischen Tradition und Fortschritt: Die Schreiner Group baut ihren Stammsitz in Oberschleißheim mit einem neuen Bürogebäude für 200 Mitarbeiter aus. Parallel setzt das Unternehmen auf den Standort in China.

Von Klaus Bachhuber, Oberschleißheim

Die Handwerker haben sich am Donnerstag sichtlich gefreut, dass ein auf modernes Bauen ausgerichteter Bauherr, der sich dem energieeffizienten Greenbuilding verschrieben hat, den alten bayerischen Brauch des Richtfestes mit Blasmusik und Brotzeit hochhält; selbst wenn das Flachdachgebäude nicht mal einen Giebel hat, an dem die Richtkrone festgemacht hätte werden können.

Die Schreiner Group in Oberschleißheim pflegt ihre Traditionen - und sie lernt neue. 9000 Kilometer weiter östlich zelebrierte ihr Geschäftsführer Roland Schreiner erst kürzlich das gemeinsame Bemalen eines Löwenauges, das nach örtlichem Brauch in der chinesischen Region um Shanghai dem anstehenden Projekt Glück bringt.

Blasmusik und Löwenauge: mit zwei großen Investitionen in Firmengebäude nahezu parallel auf zwei Kontinenten versinnbildlicht das auf Entwicklung und Produktion innovativer Funktionsetiketten spezialisierte Unternehmen gerade seinen Spagat zwischen internationalen Wachstumsambitionen und einer bodenständigen Verwurzelung. "Hier schlägt das Herz des Unternehmens", sagte Senior Helmut Schreiner beim Richtfest für ein neues Bürogebäude am Oberschleißheimer Bruckmannring.

In den vergangenen fünf Jahren entstanden 250 neue Arbeitsplätze

Auf 5000 Quadratmetern Nutzfläche sollen dort Arbeitsplätze für rund 200 Mitarbeiter entstehen. "Elementar", nannte Schreiner den Neubau für den Betrieb, der in den vergangen fünf Jahren durch Wachstum und Umgliederung einer bisherigen Verwaltungseinheit 250 neue Stellen in Oberschleißheim angesiedelt hat. 1993 hatte Helmut Schreiner als Firmenchef den elterlichen Betrieb von der Münchner Waldvögeleinstraße auf die noch weitgehend grüne Wiese an Oberschleißheims Ortsrand umgesiedelt, das erste Baustellenfoto zeigt ihn mit hochgekrempelten Hosenbeinen im Grundwasser der Baugrube. Mittlerweile verwaltet Sohn Roland, der 2012 die Geschäftsführung übernahm, dort sechs Verwaltungs- und Produktionsgebäude und zwei Parkhäuser für etwa 1000 Mitarbeiter.

Der einstige "Etiketten Schreiner" hat mit maßgeschneiderten Produkten und Services der Selbstklebetechnik und Folienverarbeitung für die pharmazeutische Industrie und Medizintechnik, die Automobil- und Elektronikindustrie, Logistik und Maschinenbau, Telekommunikationsunternehmen, Banken und Behörden über sechs Jahrzehnte hinweg und über drei Generationen hinweg ein nahezu lineares Wachstum erreicht. 1998 führte dieser Weg zu einer ersten internationalen Tochterfirma, Schreiner Label Tech Inc. in Orion, USA, und knapp 20 Jahre später zum vorläufigen Höhepunkt einer eigenen Produktionsstätte in China.

Bei New York entstand der erste Prouktionsstandort im Ausland

Die Auslandsaktivitäten waren zuerst auf die USA und dort speziell auf die Pharmaindustrie fokussiert. 2008 wurde in Blauvelt bei New York ein eigener Produktionsstandort errichtet, mit dem sich Schreiner MediPharm seither durch kontinuierlichen Ausbau im größten Pharmamarkt der Welt, den USA, etablieren konnte. 2011 wurden die Geschäftsbereiche in den Staaten zur Schreiner Group LP umfirmiert. Vor seiner Übernahme der Geschäftsleitung 2012 hatte Roland Schreiner fünf Jahre schwerpunktmäßig das US-Engagement verantwortet.

Parallel dazu erschloss Schreiner mit dem Geschäftsbereich Schreiner ProTech seit etwa 2004 auch den chinesischen Markt, und dort insbesondere die Automobilindustrie. 2004 wurde der Vertrieb in Ostasien aufgenommen, 2008 eine Vertriebsniederlassung in Shanghai eröffnet, 2011 dort eine Handelsgesellschaft gegründet und seit 2014 liefen die Pläne und Vorbereitungen für eine eigene Produktion. Bereits Ende Oktober 2015 ist in Fengpu im Industriepark Fengxian, 35 Kilometer südlich von Shanghai, die Produktion von Druckausgleichselementen an einer Präzisionsstanz- und Kaschieranlage sowie einer vollautomatischen, kameragesteuerten Weiterverarbeitungsmaschine in China angelaufen, zunächst für Kunden aus der Solarindustrie.

Seit Anfang 2016 sind auch die normativen Anforderungen für die Automobilkunden erfüllt. 2015 hat die Schreiner Group nach eigenen Angaben etwa 700 000 Euro Umsatz in China erzielt, im ersten Jahr nach Eröffnung des neuen Produktionsstandortes wird eine Verdopplung angestrebt. Das Produktionsgebäude in China nennt das Unternehmen in seinen Veröffentlichungen "einen Meilenstein in der globalen Wachstumsstrategie der Schreiner Group". Unterfüttert wird diese Strategie durch die Entwicklung an der Basis. In Oberschleißheim wurde beim Neubau ein Tiefenbrunnen angelegt, mit dessen Förderung 80 000 Quadratmeter Betriebsfläche klimatisiert werden könnten.

© SZ vom 09.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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