Ottobrunn/Taufkirchen:Bürogebäude taugt nicht als Unterkunft

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Typischer Siebzigerjahre-Bau: In diesem Bürohaus wollte Taufkirchen Asylbewerber unterbringen. (Foto: Claus Schunk)

Als die Gemeinde Taufkirchen beschloss, Flüchtlinge an der Grenze zu Ottobrunn einzuquartieren, war dort der Aufschrei groß. Nun stellt sich heraus: Das Haus ist teilweise noch an Firmen vermietet

Von Iris HilbertH und Martin Mühlfenzl, Ottobrunn/Taufkirchen

Das Vorhaben der Gemeinde Taufkirchen, in einem Bürogebäude an der Ecke Lise-Meitner-Straße/Christa-McAuliffe-Straße im Technologie- und Industriepark (TIP) eine Flüchtlingsunterkunft für bis zu 500 Schutzsuchende aufzubauen, ist vom Tisch. Das Landratsamt hat nach eingehender Prüfung das Gebäude als "nicht geeignet" befunden. Diese Entscheidung der Behörde hat vor allem Ottobrunns Bürgermeister Thomas Loderer (CSU) aufatmen lassen - und zwingt die Gemeinde Taufkirchen nun, nach alternativen Standorten zu suchen.

Die Idee, das Bürogebäude im sogenannten TIP-Gelände anzumieten, hatte insbesondere bei den Ottobrunner Nachbarn Ärger hervorgerufen. Schließlich befindet sich das Gewerbegebiet zwar auf Taufkirchner Gemeindegebiet, mutet aber aufgrund seiner Lage östlich der A 8 und der damit verbundenen Entfernung zum Hauptort wie eine Taufkirchner Exklave an. Gefühlt gehört das Areal eher zur Nachbargemeinde Ottobrunn - und die Ottobrunner reagierten äußerst verärgert auf das Taufkirchner Ansinnen, das die dortigen Freien Wähler ins Spiel gebracht hatten. Schließlich, sagte Rathauschef Loderer damals, müsste Ottobrunn die Hauptlast der Integration tragen - also zuerst die Mitarbeiter des Helferkreises Ottobrunn/Hohenbrunn. Es sei unverantwortlich von der Gemeinde Taufkirchen, sagte Loderer, Flüchtlinge gewissermaßen über die Autobahn hinweg abzuschieben, sich für die Quote indes anrechnen zu lassen - aber auf eigene Integrationsleistungen zu verzichten.

In Taufkirchen hingegen feierte man damals im Gemeinderat diese Idee als wirklich gute Lösung. Die ehemaligen Bürogebäude seien in einem "sehr guten baulichen Zustand", schwärmten die Antragsteller von der Freien Wählern. Die Inneneinteilung sei typisch für die damalige Zeit, die Siebzigerjahre, als das längliche Gebäude errichtet wurde. Die Räume seien zu beiden Seiten eines geraden Flurs angeordnet und durch große Fensterfronten hell mit Tageslicht ausgeleuchtet. Auch Teeküchen und Sanitäreinrichtungen seien schon vorhanden, der Vermieter bereit, die Einteilung der Räume flexibel zu gestalten. Und vor allem: Dies wäre eine feste Unterkunft gewesen und damit weitaus besser geeignet als Traglufthallen oder gar Turnhallen. Die Entfernung zum Hauptort und damit auch zu den Mitarbeitern des Taufkirchner Helferkreises hatten einige Ratsmitglieder zwar auch kritisch gesehen. Doch hofften die Skeptiker bei der Zustimmung offenbar darauf, dass sich das dann schon fügen würde, wenn erst das Landratsamt genauso angetan ist von dieser Lösung.

Das ist die Behörde nun aber überhaupt nicht. Denn abgesehen von dem umstrittenen Standort unmittelbar vor der Haustür der Nachbargemeinde, haben die Taufkirchner wohl eines übersehen: Das Gebäude ist teilweise noch an Firmen vermietet, die in absehbarer Zeit dort auch gar nicht ausziehen wollen. Das teilte der Leiter der Stabsstelle Asyl des Landratsamts der Gemeinde nun mit, wie Bürgermeister Ullrich Sander (parteifrei) kürzlich in der Sitzung des Sozialausschusses der Gemeinde erklärte.

Auch nach der Entscheidung des Landratsamtes, sagt Ottobrunns Bürgermeister: "Wir hätten uns mit Händen und Füßen gegen eine solche Form der Unterbringung gewehrt. Nicht nur wegen des Standorts." Denn es gehe schließlich auch immer um eine "menschenwürdige Form" der Unterbringung - und diese, ist sich Loderer sicher, könne in einem Bürogebäude aus den Siebzigerjahren mitten in einem Gewerbegebiet kaum gewährleistet werden. Seine Gemeinde versuche indes andere Wege zu gehen: Mit dem Bau der Siedlung für bis zu 320 Schutzsuchende auf dem Gelände am Kathi-Weidner-Weg, die von der Firma Feel Home errichtet wird. "Das ist eine Möglichkeit - auch wenn sie natürlich zu Protesten bei den Anwohnern geführt hat", sagt Loderer. Mit Blick auf die Nachbargemeinde und deren Pläne bezüglich des Bürokomplexes fügt er aber auch an: "Da hätte Taufkirchen auch darüber diskutieren können, die Traglufthalle länger als ein Jahr stehen zu lassen."

Im Juli 2016 wird die Genehmigung für die aufblasbare Unterkunft auf der Zirkuswiese in Taufkirchen auslaufen, denn diese Traglufthalle war die erste, die im vergangenen Jahr im Landkreis München errichtet wurde. Wenige 100 Meter entfernt ziehen die bisher dort untergebrachten Flüchtlinge derzeit in die neuen Feel-Home-Häuser hinter der Realschule ein. Bis zum Sommer können nun beide Unterkünfte am Köglweg genutzt werden und die Gemeinde so ihre Quote erfüllen. Dann braucht Taufkirchen Ersatz für die Traglufthalle.

© SZ vom 17.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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