Mitten in Oberhaching:Tante-Emma-Laden ohne Tante

Im Hofladen kann man rund um die Uhr einkaufen - nur die fehlende Zutat für das Abendessen gibt es gerade nicht.

Kolumne von Michael Morosow, Oberhaching

Ein Zwiebelrostbraten ohne Zwiebeln ist wie ein Erdbeerkuchen ohne Erdbeeren. Aber was soll man tun, wenn die Geschäfte bereits geschlossen haben und die Nachbarin nicht zuhause ist? Auf dem Land ist dieses Problem schneller zu lösen als in der Stadt, haben hier doch die Hofläden praktisch rund um die Uhr geöffnet. Und Zwiebeln gehören zu deren Grundsortiment, wie auch Kartoffeln, Honig, Marmelade und Eier. Zum Bezahlen der Einkäufe stehen kleine Holzkisten mit Schlitzen auf dem Tisch, der Landwirt setzt auf die Ehrlichkeit seiner Kunden. Einige reiten auf der Hipster-Öko-Veganer-Welle zu ihnen, andere brauchen einfach nur Zwiebeln für einen Zwiebelrostbraten. Hofläden sind kleine Tante-Emma-Läden ohne Tante. Mit einer Preisliste an der Wand und einer großen Küchenwaage auf dem Tisch; den Endpreis muss der Kunde selbst ausrechnen. Er bekommt frische Ware und ein gutes Gewissen für sein Geld. Wer regional einkauft, der schützt die Umwelt (wenn er nicht mit dem SUV vorfährt) und unterstützt die lokale Landwirtschaft, was gerade jetzt angebracht ist, da die Bauern mit hohen Kosten für ihre Betriebe zu kämpfen haben.

Also auf zum Hofladen in Ödenpullach, wo die Bauernfamilie Produkte feilbietet, die sie selbst anbaut, dazu unter anderem Eier von freilaufenden Hühnern und an bestimmten Tagen die gerupften Hühner selbst, die jedes Mal wieder eine geschmackvolle Suppe garantieren. Schon von draußen vernimmt man ein Gespräch zwischen zwei befreundeten Frauen, das sich um das Sortiment im Hofladen dreht. "Der Honig ist wirklich super gut", schwärmt die eine. "Aber wo krieg ich jetzt Zwiebeln her?", fragt die andere. Ja, wo sich sonst Zwiebeln und Kartoffeln nebeneinander in zwei Kisten auftürmen, herrscht tatsächlich gähnende Leere. "Ausverkauft, so ein Mist", sagt die andere. Es wird wohl nichts werden mit einem Zwiebelrostbraten, denkt man selbst. Aber in dem Tante-Emma-Laden ohne Tante, Zwiebeln und Kartoffeln steht inzwischen auch ein Kühlschrank voll mit Alternativen. Wie viele andere Hofläden in der Umgebung hat auch dieser sein Produktportfolio erweitert. Joghurt, Milch, Leberwurst in Gläsern, selbst Grillfleisch findet man darin. Genug Auswahl also, um einen Alternativplan für das Abendessen zu entwickeln. Zwiebeln werden hoffentlich bald nachgefüllt.

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