Neubiberg/Ottobrunn:Eine schrecklich lustige Familie

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Die Volksbühne Neubiberg-Ottobrunn unterhält seit Generationen im Waldperlacher Leiberheim mit Stücken in bairischer Mundart. Am Wochenende treten die Laiendarsteller zum letzten Mal vor der Sommerpause auf

Von Antonia Hofmann, Neubiberg/Ottobrunn

Walter ist parallel mit drei Frauen verlobt. Die Idee des dreisten Geschäftsmanns geht auf, da die drei Stewardessen unterschiedliche Flugpläne haben: Janet arbeitet bei British Airways, Jaqueline bei der Air France und Judith fliegt mit Lufthansa. Das hört sich zunächst nach einem sorgfältig ausgeklügelten Plan an - mündet schließlich aber in großem Chaos. Das Boulevard-Stück "Boeing - Boeing" von 1960 gilt als das meistgespielte französische Bühnenwerk weltweit. Seit kurzem kann man die Theaterkomödie auch auf der Volksbühne Neubiberg-Ottobrunn im Leiberheim in Waldperlach sehen - allerdings auf Bairisch.

Regisseurin Barbara Otten investierte viel Zeit und übersetzte Marc Camolettis Lustspiel in die Mundart. "Boeing - Boeing" war viele Jahre ein Herzenswunsch der 57-Jährigen, nun standen ihr genug junge Leute für die Besetzung zur Verfügung. "Ich bin sehr stolz auf unsere junge Garde", sagt Otten. Bis auf eine Ausnahme spielten alle bereits im Kindertheater der Volksbühne. Das merke man ihnen an, findet die Regisseurin. "Sie gehen mit einer ganz anderen Selbstverständlichkeit auf die Bühne." Weniger Lampenfieber, mehr Routine. Das Wichtigste bei der Inszenierung, sagt Otten, sei ihr gewesen, dass sich das Publikum gut amüsiere und den Saal mit einem Lächeln verlasse.

Das ist mehr als gelungen. Mit Bravour meistern die Darsteller die schnellen bairischen Dialoge, ebenso einfach geht den Schauspielerinnen der französische und britische Akzent von der Zunge. Das Publikum amüsiert sich nicht nur prächtig, es fiebert bei dem riskanten Versteckspiel, dem "Auf und Ab der Flugzeuge" richtig mit. Am Ende dürfte nicht nur dem Dienstmädchen klar sein: "Drei Fraun san zu vui für oan Haushoit." Bei diesem ausgeprägten komödiantischen Talent vergisst man als Zuschauer schnell, dass die Darsteller allesamt Amateure sind.

Ausgebildete Schauspieler und professionelle Visagisten gibt es im Waldperlacher Volkstheater nicht, die meisten der rund 80 Mitwirkenden haben einen anderen Beruf. Und das hat einen entscheidenden Vorteil. "Wir machen das nicht zum Broterwerb und haben deshalb nicht diesen Druck", erklärt Ralf Hiltwein, Vorsitzender der Volksbühne. Die Motivation der Mitglieder seien der Spaß und "die Liebe zum Theater". Wie Profis verhalten sich die Schauspieler aber dennoch, erst einmal musste eine Aufführung abgesagt werden. Gespielt wird fast immer - trotz gebrochener Gliedmaßen oder Übelkeit.

"Boeing - Boeing" ist das letzte Stück vor der Sommerpause, insgesamt vier Werke spielt die Volksbühne jedes Jahr in der Zeit von November bis April. Die Tradition reicht lange zurück: Mehr als hundert Jahre besteht das Amateurtheater, 1948 gründete sich der Verein unter dem jetzigen Namen. Oftmals sind Eltern sowie Kinder eingespannt, das Theater ist ein richtiges Familien-Hobby. Auch Hiltwein stand bereits mit drei Jahren erstmals auf der Bühne, der 49-Jährige wurde in den Verein "reingeboren", wie er selbst sagt. Seine Großmutter war Gründungsmitglied, Hiltweins Kinder spielen ebenfalls im Leiberheim - es ist die vierte Generation.

Das Programm der Volksbühne ist bunt gemischt: Krimis, Boulevardwerke, Klassiker. Aber lustig muss es sein. Die Leute wollten abends im Theater einfach lachen, ist Hiltwein überzeugt. Auch die Mundart hat im Volkstheater Priorität. Wer also mitmachen will, sollte nicht nur Talent besitzen, sondern möglichst Dialekt sprechen.

"Boeing - Boeing": Vorstellungen am 22., 23. und 24. April im Leiberheim in Waldperlach, Karten unter 089/609 88 30 oder unter karten@volksbuehne-neubiberg-ottobrunn.de

© SZ vom 21.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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