Mitten in Unterschleißheim:Beleidigt wie der Leberwurstbaum

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Die Armleuchteralge ist mit ihrem Namen gestraft. Dabei hat sie wirklich markante Fortpflanzungsorgane.

Kolumne von Iris Hilberth,

Würde man diverse Vertreter von Flora und Fauna befragen, wie zufrieden sie mit ihrem Namen sind - die Antworten dieser Erhebung würde sicher ähnlich unterschiedlich ausfallen wie bei den Menschen. Schließlich können die wenigsten sich selbst aussuchen, was in ihrem Pass steht. Tiere und Pflanzen müssen es gänzlich unwidersprochen hinnehmen, was irgendein Botaniker oder Biologe sich mal für sie ausgedacht hat. Wer die neue Art entdeckt, darf ihr einen Namen geben. Das kann nach unterschiedlichen Kriterien passieren, etwa dem Lebensraum, dem Aussehen oder besonderen Eigenschaften. Ob das Rosengewächs namens Kriechender Gänsefuß das gut findet, ist fraglich. Vielleicht leidet auch die hasengroße Zwergantilope darunter, dass sie Dikdiks genannt wird und der kichernde australische Eisvogel fliegt möglicherweise auch nicht so gerne als der Lachende Hans durch die Gegend.

Bei den lateinischen Namen, die Pflanzen und Tiere normalerweise tragen, fällt manche Gemeinheit erst einmal gar nicht so auf. Kigelia africana hört sich noch ganz geschmeidig an. Aber das deutsche Wort Leberwurstbaum stößt zumindest Vegetariern und Veganern übel auf. Solanum mammosum hört auch auf den Namen Kuheuterpflanze. Wie der Leberwurstbaum hat die Pflanze diese Bezeichnung ihrem Aussehen zu verdanken. Während die einen Früchte tatsächlich Würsten ähneln, könnte man bei den anderen meinen, jemand hätte Kuheuter gelb angemalt und umgekehrt aufgehängt. Andere sagen auch Nippelpflanzen dazu, was es auch nicht besser macht. Beide Früchte, also die des Leberwurstbaums und der Kuheuterpflanze, sind nicht für den Verzehr durch Menschen geeignet. Die einen sind sogar giftig, die anderen eher etwas für Elefanten.

Im Landkreis München wachsen zwar keine Leberwürste auf Bäumen, aber auch hier gibt es Lebewesen mit erstaunlichen Namen. Regelmäßig macht der Heideflächenverein im Münchner Norden auf diese sonst wenig beachteten Kreaturen aufmerksam und ernennt sie zum "Heidling des Monats". Im Juni war das der Ausdauernde Lein, im Juli die Blauflügelige Ödlandschrecke. Und ganz aktuell legt uns der in Unterschleißheim ansässige Verein die Characeae ans Herz, die Armleuchteralgen. Da gibt es nichts zu lachen. Nur weil man Armleuchter vielleicht mit Deppen assoziiert, sollte man diese Wasserlebewesen nicht unterschätzen. Sie sehen mit ihren in regelmäßigem Abstand wachsenden Querarmen halt aus wie untergetauchte Kerzenleuchter. Aber, schreibt der Heideflächenverein: "Besonders markant sind ihre Fortpflanzungsorgane, die im Sediment von einmal besiedelten Gewässern Jahrzehnte überdauern." Von wegen Armleuchter! Umgangssprachlich werden die Characeae übrigens Stinkender Pferdeschweif genannt.

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