Militärseelsorgerin in Neubiberg:"Wir sind wichtig an der Seite unserer Soldaten"

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Beistand gerade auch in frostigen Zeiten zu bieten, das sieht die Militärseelsorgerin der Bundeswehr-Universität in Neubiberg als ihre Aufgabe. (Foto: Claus Schunk)

Personalmangel, schlechte Ausrüstung, rechte Umtriebe: Barbara Hepp hilft Offiziersanwärtern an der Bundeswehr-Universität in Neubiberg bei Problemen und Konflikten während ihres Studiums. Die Theologin ist überzeugt: Armee und Kirche passen sehr gut zusammen.

Interview von Daniela Bode, Neubiberg

Dass Barbara Hepp für die Bundeswehr arbeitet, sieht man ihr nicht an: Im grauen Blazer und in Jeans erzählt sie von ihrem Alltag als evangelische Militärseelsorgerin an der Bundeswehr-Universität in Neubiberg. Seit 2009 ist sie in dieser Funktion tätig, zuvor arbeitete sie als persönliche Referentin des Landesbischofs. Im Interview mit der SZ spricht sie über die Sorgen der Soldaten und darüber, dass Militär und Kirche ihrer Ansicht nach gut vereinbar sind.

SZ: Aktuell wird in den Medien über Personalmangel und schlechte Ausrüstung bei der Bundeswehr berichtet, voriges Jahr kam die Geschichte von Franco A. ans Licht, ein Soldat, der rechtsextremistische Anschläge geplant haben soll. Der Ruf der Bundeswehr ist nicht der beste. Ist das ein Thema, mit dem sich Studenten an Sie wenden?

Barbara Hepp: Es spielt manchmal eine Rolle. Die vordringlichen Anliegen der Soldaten beziehen sich aber auf Fragen ihrer aktuellen Lebenssituation. Sie haben sich ja erst vor noch nicht so langer Zeit dazu entschieden, bei der Bundeswehr zu arbeiten und sich für einige Jahre zu verpflichten. Natürlich ist es ihnen nicht angenehm zu wissen, wenn die Gesellschaft ihnen kritisch gegenüber stünde.

Was sind denn die Hauptthemen, die sich die Soldaten bei Ihnen von der Seele reden wollen?

Alles, was junge Menschen auch sonst zwischen 19 und 25 beschäftigt: private Probleme wie Trennungsverluste oder die Ablösung vom Elternhaus. Manche Fragen beziehen sich auf den beruflichen Werdegang. Die jungen Leute haben sich ja 13 Jahre verpflichtet, wenn sie die Ausbildung zum Offizier absolvieren wollen. Vier Jahre davon studieren sie hier an der Bundeswehr-Universität. Da stellen sich manche Dinge mit 19 anders dar als mit 24. Und es kann schon einmal sein, dass man an seine Grenzen kommt und man lernen muss, damit umzugehen. Dann ist es gut, wenn die jungen Leute Anlaufpunkte haben, wo sie sich Unterstützung holen können.

Holen sich Studenten vor oder nach einem Auslandseinsatz Rat bei Ihnen?

Auslandseinsätze sind hier in der Regel nicht im Programm. Während der Zeit des Studiums gehen die Studierenden nicht in einen Auslandseinsatz. Am Ende des Studiums kann das einmal Thema sein.

Gab es schon knifflige Fälle, bei denen Sie weitere Hilfe hinzuziehen mussten?

Es gab immer wieder einmal knifflige Situationen. Wenn ich sehe, dass ich Studenten nicht weiterhelfen kann, weise ich sie darauf hin, dass sie sich an eine andere Stelle wenden können. Es gibt hier ein psychosoziales Netzwerk, das die jungen Leute unterstützen kann: Es gibt die Militärseelsorge, die Studierendenberatungsstelle mit einer Psychologin, ein Sanitätsversorgungszentrum und den Bundeswehrsozialdienst. Weil der Standort ziemlich groß ist - wir haben fast 3000 Studierende -, gibt es noch weitere Personen, die helfen, wie eine Gleichstellungsbeauftragte und einen Mobbingbeauftragten. Wir schauen, welche Stelle die optimale ist. Manchmal sind auch mehrere eingebunden. Es kann beispielsweise vorkommen, dass jemand einen Elternteil verliert und der andere Elternteil finanziell auf diesen angewiesen war. Dann hat der Student einerseits seine Trauer zu verarbeiten. Auf der anderen Seite sorgt er sich um den verbliebenen Elternteil. Da kann gegebenenfalls der Bundeswehrsozialdienst helfen.

Macht Seelsorge den Hauptteil Ihrer Arbeit aus?

Aus meiner Sicht ja. Es kommen viele Studierende zu uns. Ich habe aber neben der Seelsorge auch die Aufgabe, hier ein kirchliches Grundprogramm anzubieten für die Soldaten, die sich religiös betätigen wollen. Es gibt regelmäßig Gottesdienste oder gemeinschaftsfördernde Angebote wie zum Beispiel ein türkisches Frühstück, bei dem Soldaten mit türkischem Hintergrund Spezialitäten aus ihrem Land zubereiten für die, die das interessiert.

Sind diese Angebote gut besucht?

Erfreulicherweise ist das Interesse an den kirchlichen Angeboten vergleichsweise groß, zumal es ja um eine Altersgruppe geht, die in zivilen Kirchen oft weitgehend fehlt. Wir haben beispielsweise jeden Mittwoch ein Gebetsfrühstück. Da kommen im Schnitt 20 Studierende. Um 7 Uhr morgens! Zu besonderen Anlässen bieten wir auch besondere Gottesdienste an, etwa wenn Studenten ihren ersten Dienstgrad des Offiziers erhalten.

"Das mag wie ein Widerspruch wirken": Militärseelsorgerin Barbara Hepp über ihren Beruf. (Foto: Claus Schunk)

Sind Sie nur für die Studenten hier zuständig oder für weitere Personen?

In erster Linie bin ich zuständig für alle Soldatinnen und Soldaten, in zweiter Linie auch für alle Zivilangestellten in meinem Seelsorgebereich, das ist vor allem der Bereich der Bundeswehruniversität. Es gehören aber auch das Planungsamt in Taufkirchen und der militärische Teil des Bundesnachrichtendienstes in Pullach dazu.

Gibt es Situationen, in denen Sie Uniform tragen?

Eine Uniform nicht, weil wir als Seelsorger ja Zivilangestellte sind. Was man von Fotos von Auslandseinsätzen kennt, ist das Gleiche wie eine Uniform, heißt bei uns aber Schutzanzug. Der Anzug dient dazu, dass man im Ausland oder auch, wenn man außerhalb des Campus mit Soldaten im Feld ist, gleich weiß, wo wir dazugehören.

Wie passen eigentlich Militär und Kirche zusammen?

Ich finde, es passt sehr gut zusammen, weil Soldatsein kein einfacher Beruf ist und die Kirche dazu da ist, an der Seite der Leute zu stehen, die schwierige Aufgaben zu bewältigen haben. Von daher glaube ich, wir sind wichtig an der Seite unserer Soldaten. Militär hat aber leider mit Waffen zu tun, ist in Kriege verwickelt, und die Kirche steht für Frieden. Das mag wie ein Widerspruch wirken. Er löst sich aber schnell auf, wenn man bedenkt, dass auch die Soldaten nichts anderes wollen als Frieden. Es ist nur die Frage, wie man Frieden erreichen kann. Ich persönlich glaube jedenfalls, dass wir, solange wir noch in einer unerlösten Welt leben, als letztes Mittel Gewalt anwenden müssen, um noch schlimmere Gewalt zu vermeiden. Mein bescheidener Beitrag ist es, den Soldaten Unterstützung anzubieten.

© SZ vom 23.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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