Meine Woche:Immer im Kreis

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Alexander Diebold (Foto: Privat)

Schausteller Alexander Diebold ist Gast auf dem Lohhofer Volksfest

Von Anna Degenhart, Unterschleißheim

Den schmalen Grad zischen "Entzücken und Entsetzen" haben sicher schon die Augsburger im Jahr 1852 erlebt. Damals wurde erstmals ein Karussell der Familie Diebold in einem Buch der Stadt erwähnt. Diese Woche nun steht ein Kettenkarussell der Familie auf dem Lohofer Volksfest; und zwar ein Gefährt das Alexander Diebold, der sich selbst als "geborenen Vollblutschausteller" bezeichnet, im Jahr 1988 seinen Eltern abkaufte und sich damals selbständig machte.

Diebold ist 56 Jahr alt - und das Kettenkarussell seit 55 Jahren in Familienbesitz. "Es gibt Schausteller, die alle paar Jahre was Neues kaufen, aber wir sind da stringent", sagt er. Diebold schätzt, dass er das Karussell schon mehr als 600 Mal auf- und abgebaut hat. Dabei hat er jedes einzelne Teil selbst in der Hand. "Bevor irgendwas soweit ist, tausche ich es aus, schließlich hängt meine Existenz davon ab." Bei ihm sei noch nie eine Kette gerissen oder eine Treppenstufe durchgebrochen, sagt er. Er streicht das Fahrgeschäft auch regelmäßig neu an, aber die Farbe Pink bleibt: "Pink ist Diebold".

Was indes nicht konstant ist, sind die TÜV-Anforderungen. Die steigen, und mit ihnen die Kettenstärken. Gerade kämpft er mit einer neuen DIN-Norm. Bei Altanlagen wie seinem Kettenkarussell greife in Deutschland kein Bestandsschutz. "Wenn es älter ist und nach wie vor funktioniert, könnte man davon ausgehen, dass es dauerfest ist", sagt er. Der TÜV ist da anderer Meinung. Deshalb muss er das Karussell nun Bauteil für Bauteil überprüfen lassen. Das kostet und dauert.

Zum Lohhofer Volksfest, das noch bis 16 Juni dauert, kommt Diebold seit 29 Jahren. Aber nur in den Jahren, in denen Pfingsten nach dem dritten Sonntag im Mai ist. Sonst ist er stattdessen auf dem Traunsteiner Volksfest, auf dem er seine Frau kennengelernt hat. Sie kommt nicht aus einer Schaustellerfamilie, sondern ist "von privat", wie man in der Branche sagt. "Aber manchmal ist es nicht schlecht, frisches Blut reinzubringen", sagt er und lacht. Seine Frau und "Sohn Nummer zwei" arbeiten im Familienbetrieb mit.

Jedes Jahr Ende März verlässt die Familie ihre Wohnung in Erding und geht bis Ende Oktober "auf Reise" in Oberbayern. Sie halten mit Wohnwagen, Kettenkarussell und Schießstand auf kleineren Volksfesten zwischen Kempten und Traunstein. Das ist keine "große Tournee", zwischen ihren Zielen liegen höchstens 150 Kilometer: "Wir sind quasi Kirchturmreisende. Wir fahren soweit, dass man den Kirchturm noch sieht", sagt der Schausteller. Er kennt die Gegend und die Leute, schließlich war er schon mit seinen Eltern auf Tour und immer wieder auf einer anderen Schule. Seine alten Schulfreunde trifft er heute auf den Volksfesten: "Ich hatte viele Freunde, denn wer kein Freund war, bekam keine Freifahrtkarten."

© SZ vom 11.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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