Serie "Macht hoch die Tür":Das Teleskop denkt mit

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Am Max-Planck-Institut in Garching funktioniert Himmelsbeobachtung auch im Schlaf

Von Gudrun Passarge, Garching

Tatsächlich gibt es auch Adventstürchen, die sich nicht auf Anhieb öffnen lassen. Die Kuppel auf dem Dach des Max-Planck-Instituts für Astrophysik (MPA) und des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik (MPE) in Garching ist so ein Fall. Liegt Schnee auf dem Dom, bleibt er geschlossen, Advent hin oder her. Aber wenn dann an einem fast schon frühlingshaften Dezembertag die Kuppel sich doch öffnet, gibt sie ein Teleskop frei, mit dem die Studenten in die Sterne schauen können. Sie haben dort beispielsweise die Galaxie M101 im Sternbild des Großen Bären betrachtet, 22 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt. Und sie haben dort eine Supernova beobachtet, einen sterbenden extrem hellen Stern.

Tassilo Schweyer dirigiert das Teleskop in die gewünschte Richtung. (Foto: Florian Peljak)

Das 60-Zentimeter-Lehrteleskop steht erst seit 2013 auf dem Dach. Die Max-Planck-Institute haben es zusammen mit der Technischen Universität und dem Exzellenzcluster angeschafft, wie Vadim Burwitz erzählt. "Jeder hat bestimmte Komponenten gekauft." Dann wurde alles zusammengesetzt. Ziel war es, den Studenten der Astrophysik oder Astronomie ein Praktikum zu ermöglichen. Außerdem nutzen es Bachelor- oder Master-Studenten für ihre Abschlussarbeiten. Burwitz selbst ist Astrophysiker am MPE. Er arbeitet in der Hochenergiegruppe, die Röntgen- und Gammastrahlung aus dem Universum untersucht.

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(Foto: Florian Peljak)

Das Lehrteleskop am Forschungscampus geschlossen...

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(Foto: Florian Peljak)

...und geöffnet.

Durch die Farbverteilung kann man das Alter der Kugelsternhaufen bestimmen

Bei einem Blick in die ferne Galaxie M 101 (rechts) im Großen Bären konnten Studenten eine Supernova beobachten. (Foto: N/A)

Das Teleskop betreut er zusätzlich, soweit es seine Zeit zulässt. Aber er lässt es sich nicht nehmen, die Arbeitsweise zu erklären: Hauptsächlich nähmen die Studenten Altersbestimmungen von Kugelsternhaufen vor. Dazu würden Bilder in drei Farben gemacht, die im Computer übereinandermontiert werden. "Durch die Farbverteilung kann man das Alter bestimmen, aber es ist eine Fleißarbeit für die Studenten", sagt Burwitz. Doch es gibt nicht nur eine Kamera am Teleskop, es gibt auch noch einen Spektrografen. "Damit können wir feststellen, welche Elemente in den Sternen vorkommen und mit welcher Geschwindigkeit der Stern sich von uns weg oder auf uns zu bewegt oder um einen anderen Stern herum."

Burwitz findet das Teleskop sehr praktisch eingerichtet, jedenfalls für die Forscher. Denn wenn es kalt ist, können sie in ihrem warmen Büro sitzen und vom Computer aus die Befehle geben. Nicht nur das: Das Teleskop vermag sogar eigene Beobachtungen anzustellen, es erkennt auch die Wetterbedingungen und reagiert: "Das Wetter ist gut, niemand benutzt mich, dann mache ich selber auf und führe meine Beobachtungen aus", so etwa laufe das ab, erklärt Burwitz. Eine Liste mit Aufträgen ist im Computer abgespeichert. Der Vorteil für die Physiker: "Man kann nachts gut schlafen und weiß, dass trotzdem gute Daten aufgenommen werden." Gerade in den hiesigen Breitengraden, wo jede Minute mit freier Sicht zählt, sei das von großer Bedeutung. Dabei ist Burwitz noch nicht am Ende mit der Optimierung des Geräts. "Wir entwickeln nebenbei noch neue Geräte für das Teleskop mit unserer Lehrwerkstatt", berichtet er.

Als Tassilo Schweyer den Dom öffnet, knarzt es hörbar in der Mechanik. Der Astrophysiker betont, dass es sich normalerweise nicht so anhört. Auch als er die Ausrichtung des Teleskops verstellt, sind unerwartete Töne zu hören. Aber sonst funktioniert alles wie erwartet. Wer das Teleskop nutzen möchte, muss sich in einen Beobachtungsplan eintragen. Und wer weiß, wer Glück hat, bekommt wieder mal eine Supernova zu sehen.

© SZ vom 08.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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