Landtagswahl:Wieder Heilsbringer

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Martin Schulz macht der SPD in Ismaning im Wahlkampf Mut

Von Irmengard Gnau, Ismaning

Zurück auf der Bühne: Martin Schulz auf einer Veranstaltung von Annette Ganssmüller-Maluche in Ismaning. (Foto: Stephan Rumpf)

Die bayerische SPD ist gebeutelt in diesen Tagen. Unruhe aus Berlin überschattet den Landtagswahlkampf, die Umfragewerte prophezeien Übles. Da braucht es einen Lichtblick, um im Wahlkampf noch einmal Schwung zu holen für die letzten Tage, dachte sich Annette Ganssmüller-Maluche, Direktkandidatin im Landkreis-Norden. Ihre Wünsche wurden erhört, als "Geburtstagsgeschenk" brachte ihr der Bundestagsabgeordnete Florian Post am Donnerstagabend einen besonderen Gast in die Ismaninger Hainhalle: Martin Schulz.

Auch wenn Schulz nach der Enttäuschung bei der Bundestagswahl einiges von seinem Heilsbringerstatus hat einbüßen müssen, ließ er erkennen, warum der frühere Präsident des Europäischen Parlaments vergangenes Jahr so viele für die SPD begeistern konnte. Am Ende verabschiedeten ihn die mehr als hundert Zuschauer stehend mit Applaus. Schulz ermutigte die Sozialdemokraten, sich ihrer Werte zu besinnen. Man müsse sich von der irrigen Idee verabschieden, Grünen-Wähler seien "verirrte Sozis". Die Bemühungen der Linken-Fraktionsvorsitzenden Sahra Wagenknecht wandelte Schulz ebenfalls zur Aufforderung an seine eigene Partei um: "Die linke Sammlungsbewegung in Deutschland muss die SPD sein", sagte er. Wenn es der Partei gelinge, ihre Grundidee, dass alle Menschen wiewohl nicht gleich, so aber gleichberechtigt sein sollten, wieder zu beleben und glaubwürdig zu verkörpern, "dann werden wir wieder die stärkste Partei".

SZ-Grafik (Foto: N/A)

Davon sind die bayerischen Kollegen im Landtag derzeit weit entfernt. Doch die Gäste - darunter viele Kommunalpolitiker, die gekommen waren - ließen sich mitnehmen von der Aufbruchstimmung, die Schulz verkörperte. Gastgeberin Ganssmüller-Maluche genoss es sichtlich, nach wochenlangem Wahlkampf einen Abend nicht über den Südring und die MVV-Reform zu streiten, sondern sich mit großen Zukunftsfragen zu beschäftigen. Aus seiner jahrzehntelangen Erfahrung in der Europapolitik heraus betrachte er mit großer Sorge, dass Politiker versuchten, Multilateralismus durch Nationalismus zu ersetzen, sagte Schulz. Dem müsse man entgegenwirken.

Viel Beifall erhielt Schulz nachträglich für sein Eintreten im Bundestag gegen Alexander Gauland. Er sprach sich in Ismaning dafür aus, verbalen Tabubrüchen wie jenen des AfD-Fraktionsvorsitzenden sofort entgegenzutreten, insbesondere im Parlament. "Wie kann ich von den normalen Bürgern verlangen, dass sie Zivilcourage zeigen, wenn wir Politiker es selbst nicht tun?", fragte Schulz. Er unterstrich die Notwendigkeit, sicherzustellen, dass sich historische Entwicklungen hin zu Ausgrenzung bestimmter Gruppen in Deutschland nicht wiederholten. Die SPD, so Schulz, sei von ihrer Geschichte her dazu besonders verpflichtet.

Es wäre jedoch kein Wahlkampfbesuch gewesen, hätte Schulz nicht noch eine Spitze gegen die CSU gesetzt: Der Stabilitäts-Slogan der Regierungspartei sei heuchlerisch, vielmehr destabilisiere die CSU Bayern. Solche Reden wünscht sich mancher Sozi öfter.

© SZ vom 06.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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