Landtagswahl im Landkreis München:Jubel bei Grünen, Erleichterung bei CSU

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Kerstin Schreyer und Ernst Weidenbusch verteidigen ihre Direktmandate, müssen aber wie ihre Partei schwere Verluste hinnehmen. Die Grünen und ihre Kandidaten Claudia Köhler und Markus Büchler triumphieren als Zweite.

Von I. Gnau, I. Hilberth, M. Mühlfenzl und P. Stäbler, Landkreis

Die CSU hat bei der Landtagswahl auch im Landkreis München massive Verluste hinnehmen müssen, während die Grünen sich als große Gewinner fühlen dürfen. In den beiden Stimmkreisen München-Land Nord und Süd blieb die große Sensation allerdings aus: Staatsministern Kerstin Schreyer aus Unterhaching und der Haarer Ernst Weidenbusch konnten ihre Direktmandate verteidigen. "Wir sind mit zwei blauen Augen davongekommen", sagte Schreyer am Sonntagabend.

Wie schon bei der Landtagswahl vor fünf Jahren setzte sich der Trend fort, dass die CSU und ihre Direktkandidaten im Landkreis unter dem bayernweiten Ergebnis der Partei liegen. Nach Auszählung aller Stimmbezirke gewann Schreyer den Stimmkreis Süd mit32,3 Prozent, auf Platz zwei kam hier der Grüne Markus Büchler mit 23,6 Prozent. Bayerns Spitzenkandidatin Natascha Kohnen aus Neubiberg kam nur noch auf 12,2 Prozent. Den nördlichen Stimmkreis verteidigte Ernst Weidenbusch nach Auszählung von elf der 13 Stimmbezirke mit 30,5 Prozent (Stand: 23.25 Uhr) vor Claudia Köhler von den Grünen, die bei ihrem ersten Anlauf auf 23,0 Prozent kam.

Kerstin Schreyer hatte Schlimmeres befürchtet

Welche Bedeutung diese Wahl hatte, wurde noch vor Bekanntgabe der ersten Hochrechnung im Konferenzsaal des Landtags deutlich, wo erdrückendes Gedränge herrschte. Dann die erste Prognose und Kerstin Schreyer entfuhr ein fast schon erleichtertes "Ja!". Noch vor fünf Jahren, als ihre Partei die absolute Mehrheit an gleicher Stelle feierte, hätte ein schwarzen Balken, der bei 35,5 Prozent aufhört, bei ihr blankes Entsetzen ausgelöst. Doch die Erwartungen waren bei Schreyer wie bei allen in der CSU nach den Umfragen der vergangenen Wochen erheblich gedämpft. Sie hatte noch Schlimmeres befürchtet. Dass etwa die AfD noch mehr Stimmen bekommen könnte. Auch die Grünen habe sie höher eingeschätzt, so die Unterhachingerin. Gerade in den vergangenen Tagen habe sie eine Stimmungsveränderung hin zur CSU wahrgenommen. "Die Menschen konnten sich nicht vorstellen, eine Regierung ohne CSU zu haben." Sie sieht in dem Ergebnis einen "klaren Regierungsauftrag". Wie Ministerpräsident Söder spricht sich auch Schreyer für eine Koalition mit den Freien Wählern aus.

Eine nicht minder schwierige Rolle wie Söder, das Wahlergebnis zu erklären, kam an diesem Abend Natascha Kohnen zu. Tapfer sprach sie im Landtag in die vielen Mikros, während minütlich das SPD-Abschneiden nach unten korrigiert wurde und schließlich einstellig war. Peter Paul Gantzer, der bisherige SPD-Abgeordnete aus dem nördlichen Landkreis, der zu dieser Wahl nicht mehr angetreten war, nahm seine Vorsitzende erst einmal in den Arm. "Ich glaube, ich muss sie heute noch einmal trösten", sagte er, "sie kann schließlich am Wenigstens etwas dafür". Zugleich warnte er davor, wieder über einen Führungswechsel nachzudenken. "Wir können froh sein, dass wir die Natascha haben. Sie hätte nichts anders machen können."

AfD-Kandidaten deutlich hinter dem Ergebnis ihrer Partei

Im Landratsamt war es an der Grünen Claudia Köhler, mit einem kleinen Freudenschrei den Sprung ihrer Partei auf 17,8 Prozent in Bayern zu kommentieren. "Sensationell", sagte die Unterhachingerin, die sich berechtigte Hoffnungen auf den Einzug ins Maximilianeum machen darf. "Ich glaube, das klappt", sagte Köhler. Ebenso wie ihr Parteifreund Markus Büchler, der in der Muffathalle feierte und bereits auf mögliche Koalitionsverhandlungen vorausblickte. Eine Koalition mit Markus Söder könne er sich nur schwer vorstellen, sagte Büchler; Grüne und CSU lägen teils "himmelweit" auseinander.

Wie sehr diese Wahl auch den Landkreis München verändert hat, lässt sich an den Zahlen und Reaktionen aller Parteien ablesen: CSU und SPD auf historischen Tiefständen, die Grünen im Allzeithoch, die Freien Wähler mit Gewinnen und auch die AfD-Kandidaten konnten reüssieren, lagen allerdings in allen Landkreiskommunen teils deutlich unter dem Ergebnis ihrer Partei auf Landesebene. AfD-Kandidat Ulrich Riediger sagte, er habe sich bayernweit mehr ausgerechnet - bis zu 14 Prozent. SPD-Kandidatin Annette Ganssmüller-Maluche aus Ismaning, die sichtlich unter dem Debakel zu leiden hatte, sprach davon, ihre Partei müsse völlig neu beginnen. "Mit einer völlig neuen Mannschaft."

Als Zugpferd erwies sich für die FDP im Stimmkreis Süd Focus-Gründer Helmut Markwort, der auf 10,3 Prozent der Erststimmen kam (Stand: 23.25 Uhr) und damit deutlich über dem Ergebnis seiner Partei lag. Für ihn persönlich habe sich also mit seinen 81 Jahren der Aufwand von mehr als hundert Veranstaltungen gelohnt. Im Stimmkreis Nord konnte Nikolaus Kraus von den Freien Wählern trotz starker Konkurrenz sein persönlich Ergebnis von vor fünf Jahren steigern, in seiner Heimatgemeinde Ismaning kam er 29,1 Prozent und damit auf mehr als Weidenbusch. Die Linke spielte auch bei dieser Wahl keine Rolle in den beiden Stimmkreisen des Landkreises. Die Wahlbeteiligung lag noch höher als 2013.

© SZ vom 15.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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