Kommunalpolitik in der Pandemie:Kurzer Prozess

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Einige Kommunen haben Termine von Stadt- und Gemeinderäten vorsorglich abgesagt, andere Rathäuser zumindest die Tagesordnungen auf absolut Notwendige reduziert.

Von SZ-Autoren, Landkreis

Manchem Kreisrat ist doch etwas unbehaglich zumute, wenn dieser Tage die Ausschüsse des Kreistags im nicht allzu großen Festsaal unter dem Dach des Landratsamtes zusammenkommen. "Hier ist die Gefahr, sich anzustecken, deutlich größer als auf der Skipiste", sagt einer. Trotz der anhaltend hohen Infektionszahlen mit dem Coronavirus tagen die Kreisgremien in der gewohnt hohen Taktung - auch die letzte Sitzung des Kreistags in diesem Jahr am Montag, 14. Dezember, im Ismaninger Bürgersaal wird stattfinden. Der Grund hierfür findet sich in Artikel 59 der Bayerischen Landkreisordnung: Dort ist festgeschrieben, dass die Haushaltssatzung des Landkreises spätestens einen Monat vor Beginn des neuen Haushaltsjahres aufgelegt werden muss. Zwar könnte der Etat selbst auch im neuen Jahr beschlossen werden; Landrat Christoph Göbel (CSU) hat in den Haushaltsberatungen aber stets deutlich gemacht, dass die Verabschiedung des Etats wegen der Planungssicherheit noch heuer erfolgen sollte.

Planungssicherheit spielte auch bei anderen Themen eine Rolle: So mussten noch Unterstützungen für Vereine oder Institutionen auf den Weg gebracht werden, die sonst verfallen wären; auch die Entscheidung über die Abwicklung der Subventionierung von MVV-Jahreskarten musste noch zwingend in diesem Jahr erfolgen, um im Frühjahr damit starten zu können.

Während also die Kreisräte im normalen Rhythmus zusammenkommen, haben andernorts Bürgermeister entschieden, in diesem Jahr nicht mehr zu tagen, manche haben die Tagesordnungen deutlich gekürzt oder nur noch unaufschiebbare Beschlüsse zur Entscheidung gestellt. Ein Überblick.

Garching

Die Stadt Garching etwa hat am Montag reagiert und ihre letzte Stadtratssitzung des Jahres abgesagt. Keine der Entscheidungen auf der Tagesordnung sei so dringend, dass sie nicht bis Januar warten könne, heißt es aus dem Rathaus. Die Kommunalpolitiker sollten ein gutes Beispiel abgeben und zuhause bleiben statt sich im Bürgerhaus zur Debatte zu versammeln.

Aschheim

Auch in Aschheim wird in diesem Jahr nicht mehr getagt. Die Gemeinde hat sich entschieden, die für Donnerstag angesetzte Sitzung des Gemeinderats abzusagen. Damit entfällt auch die Möglichkeit für Aschheimer, Anliegen öffentlich vor dem Gremium vorzubringen. Die nächste Gelegenheit dazu werden sie voraussichtlich vor der Sitzung am 28. Januar haben.

Unterhaching

Anders in Unterhaching: Dort tagen - Stand Dienstagnachmittag - diese Woche noch zwei Ausschüsse sowie kommenden Mittwoch der Gemeinderat. "Ohne Entscheidungen der Gremien ist die Verwaltung nicht handlungsfähig", erklärt Rathaussprecher Simon Hötzl dazu. Es stünden dringende Themen an, für die das Innenministerium eine Ausnahme erlaubt: So geht es um Bauanträge, bei denen Fristen ablaufen, und die Erweiterung der Grund- und Mittelschule am Sportpark. Es sei im Interesse der Gemeinde, "im Zeitplan zu bleiben", sagt Hötzl, der Erweiterungsbau werde dringend benötigt.

Hohenbrunn und Putzbrunn

Auch in Putzbrunn und Hohenbrunn wird - Stand jetzt - in der kommenden Woche der Gemeinderat zusammenkommen. In beiden Kommunen soll der Etat für das kommende Jahr final abgesegnet werden. "Momentan prüfen wir, ob wir die Sitzung mit der Besetzung des Ferienausschusses, also mit halber Stärke, stattfinden lassen", sagt Isabel Küttner, die in Hohenbrunn den Sitzungsdienst leitet. In Putzbrunn stehen laut Therese Lackner vom Hauptamt maximal "drei, vier Punkte" auf der Tagesordnung. Sie geht davon aus, dass sich die Sitzung zügig durchziehen lässt.

Unterschleißheim

Ordner stehen an der Tür zum Festsaal. Wer den betritt, kann an Stehtischen mit desinfizierten Kulis seine Kontaktdaten auf einen Zettel schreiben, der wie bei einer Wahl in eine Urne wandert. Die Sitzungen des Stadtrats und seiner Ausschüsse folgen in Unterschleißheim seit Wochen ganz eigenen Gesetzen. Corona hat dazu geführt, dass die Tagesordnungen entschlackt sind, sagt der persönliche Referent des Bürgermeisters, Thomas Stockerl. Doch manche Entscheidung müsse wegen Fristen getroffen werden. Der Hauptausschuss und der Stadtrat treten deshalb wie geplant im Dezember zusammen.

Straßlach-Dingharting

"Wir möchten noch vor dem 1. Januar die Abfallwirtschaftssatzung neu erlassen, aber auch die Beitrags- und Gebührensatzung für Wasser und Kanal neu in Kraft setzen", erklärt Straßlachs Bürgermeister Hans Sienerth, warum er die Gemeinderatssitzung am 16. Dezember nicht absagt. "Wir haben die Beiträge neu kalkuliert und wollen, dass die Satzungen rechtzeitig in Kraft treten." Auch der Bebauungsplan Talfeld sei wichtig.

Neubiberg

In Neubiberg finden ebenfalls noch Sitzungen statt, es werden aber nur noch unbedingt notwendige Punkte behandelt. "Wir versuchen zu straffen und nehmen nur noch Themen auf die Tagesordnung, bei denen wir eine Entscheidung brauchen, damit es weitergeht", sagt Geschäftsleiter Thomas Schinabeck. Entsprechend wurden auch einmal Termine zusammengelegt. Kommenden Montag tagt noch der Gemeinderat. Es steht eine Entscheidung zu einem Bebauungsplan an. "Es geht um Baumfällungen, die der Bauwerber bis Ende Februar umgesetzt haben muss", sagt Schinabeck, denn danach beginnt die Vogelschutzzeit. Eine Entscheidung Ende Januar wäre zu spät.

Kirchheim

Vor allem die - letztlich abgesagte - Bürgerversammlung machte die letzte Gemeinderatssitzung dieses Jahres am Dienstagabend in Kirchheim nötig: Bürger konnten ihre Anliegen schriftlich einreichen, der Gemeinderat muss sich möglichst schnell mit ihnen beschäftigen. In der Sitzung vom Dienstag standen die 16 Anträge auf der Tagesordnung. Zwei weitere Sitzungen sind auch noch für kommenden Dienstag angesetzt: Zuerst trifft sich der Bauausschuss, im Anschluss der Hauptausschuss. Letzterer muss über den Verwaltungshaushalt 2021 beraten. Dem Bauausschuss liegen mehrere Bauanträge vor, über die aus Fristgründen heuer entschieden werden sollte.

Haar

Ein Vortrag über genossenschaftliches Wohnen, eine Präsentation zu klimafreundlichem Bauen: Aus Sicht von Gemeinderat Peter Paul Gantzer (SPD) hätte das in Zeiten einer Pandemie im Gemeinderat nicht stattfinden dürfen. Er hat Bürgermeister Andreas Bukowski (CSU) deshalb vorgehalten, eine dringende Empfehlung des Innenministeriums missachtet zu haben, wonach Sitzungen auf das "unbedingt notwendige Mindestmaß beschränkt werden" sollten. Der Bauausschuss tagte dennoch am Dienstagabend normal. Die Weihnachtssitzung des Gemeinderats werde aber knapp gehalten, sagt Rathaussprecherin Ute Dechent. Man nehme das ernst, das Programm sei "verschlankt" worden. Und das Weihnachtsessen der Gemeinderäte und Rathausmitarbeiter sei selbstverständlich abgesagt.

© SZ vom 09.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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