Pandemie:Die Corona-Ampel steht auf Rot

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Immer mehr Corona-Tests sind im Landkreis positiv. (Foto: Claus Schunk)

Die Sieben-Tage-Inzidenz liegt im Landkreis mit 67,9 deutlich über dem kritischen Wert von 50. Lokale dürfen deshalb nur noch bis 22 Uhr öffnen, Grundschulkinder müssen eine Maske tragen. Dass diese Regeln andernorts zum Teil nicht umgesetzt werden, empört den Landrat.

Von Iris Hilberth und Martin Mühlfenzl, Landkreis

Von diesem Freitag an gelten im Landkreis München aufgrund der drastisch angestiegenen Sieben-Tage-Inzidenz verschärfte Regelungen zur Eindämmung des Infektionsgeschehens. Am Donnerstag ist die Corona-Ampel im Landkreis erstmals auf Rot gesprungen, das Robert-Koch-Institut (RKI) bezifferte den aktuellen Inzidenzwert auf 62,8. Damit gilt unter anderem in den Grundschulen auch während des Unterrichts eine strikte Maskenpflicht für die Schüler - eine Regelung, an der Landrat Christoph Göbel (CSU) anders als die Landeshauptstadt und der Landkreis Ebersberg auch festhalten wird.

Göbel kritisierte am Donnerstagnachmittag die beiden Nachbarn, bei denen die Corona-Ampel ebenfalls auf Rot steht, für die Aufhebung der Maskenpflicht in den Grundschulen. Zugleich übte er heftige Kritik an der Regierung von Oberbayern, die sich zu dem Vorgang nicht äußere und eine Einhaltung der Vorgaben des Freistaats beim Infektionsschutz offenbar nicht kontrolliere. Wenn die Landeshauptstadt und der Landkreis Ebersberg die Maskenpflicht in Grundschulen aufgehoben hätten, weil sie diese Regelung als nicht sinnvoll erachteten und deshalb eine Ausnahme machten, dann sei dies "Anarchie", sagte Göbel. Oberbayerns Regierungspräsidentin Maria Els (CSU) warf er vor, sie halte als Chefin der den Landkreisen vorgelagerten Behörde den Mund. "Das ist ein Skandal. Ich erwarte aber, dass sie sich erklärt", sagte Göbel.

Im Landkreis München werde die Maskenpflicht in Grundschulen nun im Sinne der Siebten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung umgesetzt. Eine Ausnahme davon sei nur dann möglich, sagte Göbel, wenn es in einem Landkreis etwa einen lokalen Infektionsherd gebe und eine Kommune den Inzidenzwert hochreiße - die anderen aber darunter lägen. "Im Landkreis ist das Infektionsgeschehen aber sehr homogen verteilt", sagte er. Daher müsse er die Anordnung der Staatsregierung umsetzen. An Bund und Freistaat appellierte Göbel, noch klarer für eindeutige Verhältnisse zu sorgen, die Ausnahmen verhinderten: "Was wir brauchen, sind einheitliche Regelungen."

Auf einen möglichen Notbetrieb in den Kitas, den das Landratsamt nun anordnen könnte, werde vorerst verzichtet, sagte Göbel. Ausschließen könne er dies aber nicht, wenn die Infektionen weiter exponentiell steigen. Auch die Rückkehr zum Distanzunterricht sei wahrscheinlich, wenn die Zahl der Neuinfektionen weiter stark anwachse, sagte der Landrat. Ab welchem Wert dies der Fall sei, könne er nicht sagen. "Es geht nicht um Zahlen, es geht um den Anstieg", sagte er.

Neben der Maskenpflicht für Grundschüler gelten von diesem Freitag an weitere schärfere Regelungen, an die sich das Landratsamt auch strikt halten will. Denn die Infektionszahlen bewegen sich weiter auf hohem Niveau. Nach einem neuen Rekordwert von 87 bestätigten Infektionen für die zweite Welle am Mittwoch, meldete das Landratsamt am Donnerstag 51 neue Fälle. Verschärft wird daher auch die Regel für private Treffen. Statt bislang zehn dürfen fortan nur noch fünf Personen oder zwei Hausstände zusammenkommen. Dies gilt sowohl für den öffentlichen als auch den privaten Raum. Feiern können also nur noch in sehr kleinem Rahmen stattfinden, besonders schwierig kann das etwa auch bei Beerdigungen werden.

Eine Änderung gibt es zudem bei der Sperrstunde. Während in der Gelb-Phase um 23 Uhr die Lokale schließen mussten und kein Alkohol mehr verkauft werden durfte, ist nun schon um 22 Uhr Schluss, auch an Tankstellen. An der Maskenpflicht ändert sich nichts. Sie gilt dort, wo Menschen dichter oder länger zusammenkommen. Auf stark frequentierten Plätzen, auf Begegnungs- und Verkehrsflächen und in Fahrstühlen von Freizeiteinrichtungen, Kulturstätten und sonstigen öffentlich zugänglichen Gebäuden, in den Schulen und Bildungsstätten auch im Unterricht, für Zuschauer bei Sportveranstaltungen sowie durchgängig auf Tagungen, Kongressen, Messen und in Kulturstätten am Platz.

Dass der Landkreis nur acht Plätze in sechs Kommunen explizit nennt, liegt nach Angaben einer Sprecherin des Landratsamts daran, dass in anderen stark frequentierten Bereichen bereits durch die schon geltenden Bestimmungen eine Maskenpflicht herrscht, etwa auf Plätzen vor öffentlichen Gebäuden wie Schulen. Landrat Göbel appellierte zudem an die Bürgermeister, "pflichtbewusst" mit der Situation umzugehen und dem Landratsamt Plätze zu nenen, an denen die Gefahr, sich zu infizieren, steige.

Das oberste Ziel müsse es jetzt sein, das Infektionsgeschehen einzudämmen, sagte Göbel, es sei derzeit "furchtbar hoch" und er sei in Sorge angesichts der Situation. "Ich bin mir nicht sicher, ob bei allen angekommen ist, wie gefährlich das ist", sagte der Landrat. Nicht nur angesichts eines möglichen zweiten Lockdowns, es drohe auch eine "Gefährdung des Gesundheitswesens".

© SZ vom 23.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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