Kunst:Aus Ölfarben geflossen

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Die neue Kunstvereinsvorsitzende Eva Hoffmann zeigt ihre Werke in der Ottobrunner Galerie

Von Udo Watter, Ottobrunn

Die Galerie "Treffpunkt Kunst" befindet sich zwar in der Ortsmitte Ottobrunns, aber dort nicht gerade an prominenter Stelle, in einem unteren seitlichen Teil des Rathausgebäudes. Die Räumlichkeiten sind auch nicht gerade riesig und so geschnitten, dass sie ideal für jede Art von Ausstellung wären. Gleichwohl ist die Galerie des Kunstvereins Ottobrunn ein Pfund, mit dem man durchaus wuchern kann. "Klein, aber fein", sagt Katja Ochoa Molano, die seit Anfang Februar Zweite Vorsitzende des Vereins ist. Sie sitzt an einem Tischchen im oberen Raum, zusammen mit Eva Hoffmann. Die wiederum ist hier gleichsam in doppelter Funktion präsent: Sie zeigt derzeit ihre Werke in der Ausstellung "Klassische Kunst und Abstraktion". Und sie ist die neue Vorsitzende des Kunstvereins - am 5. Februar wurde sie auf der Mitgliederversammlung zur Nachfolgerin von Ewald Mertes gewählt, der das Amt drei Jahre lang inne hatte.

Aphrodite mal vier: Wie schlanke,enigmatische Klimt-Figuren wirken die Göttinnen. (Foto: Claus Schunk)

Die beiden Frauen haben einiges zu besprechen, denn sie haben einiges vor. "Wir haben sehr viele Ideen", sagt Hoffmann. Gerade die Menschen am Ort wolle man begeistern sowie sich intensiver um die Zusammenarbeit mit der Gemeinde kümmern - und ganz generell die Tatsache besser ausnutzen, dass man quasi der einzige Kunstverein im Landkreis München sei und andererseits eben auch Teil des urbanen Großraums.

Hoffmann freut sich auf die kommenden Aufgaben und über den "neuen Schwung", der auf der Mitgliederversammlung zu spüren war. Der Austausch mit anderen Künstlern sei ein "schöner Ausgleich" zur Arbeit allein vor der Leinwand. Dass sie gerne Verantwortung übernimmt, hat die gebürtige Ungarin, die 1980 erstmals nach Deutschland kam, nicht zuletzt in ihrem Beruf bewiesen. 25 Jahre lang hat sie als Architektin gearbeitet, eine Zeit, in der sie auch das Fundament für ihre künstlerische Tätigkeit legte. 16 Jahre lebte sie in den USA, wo sie schon künstlerisch aktiv und erfolgreich war, bevor sie 2014 wieder nach München zurückkehrte. Dort schloss sich die in Trudering lebende Hoffmann dem Kunstverein Ottobrunn an, studiert zwischendurch ein Jahr bei Markus Lüpertz an der Akademie der Bildenden Künste in Kolbermoor - und nun ist sie Erste Vorsitzende des Vereins der im Moment knapp 100 Mitglieder (davon 81 aktive) hat.

Unter dem Titel "Merit" hat Eva Hoffmann ihre Enkelin porträtiert. (Foto: Claus Schunk)

Zeit, um frische Impulse zu geben, hat sie als Rentnerin genug - und vor allen viel Energie. Die große kreative Leidenschaft bleibt aber natürlich die Malerei und da ist Hoffmann eine erstaunlich vielseitige Vertreterin, wie in Ottobrunn zu sehen ist. Zum einen hängen da im oberen Raum Werke, die Ergebnisse einer "emotionalen abstrakten Malerei", sind, wie sie es nennt. Großformatige Ölbilder wie "Der Philosoph", "Aphrodite" oder Werke ohne Titel, bei denen die Malerin - ihrer offenen Intuition folgend - den Farben gleichsam freien Lauf gelassen hat. Es ist sozusagen ihre Art, sich kreativ den Schöpfungsakt anzueignen: "Am Anfang war der Gedanke, wie die Welt entsteht: Wie können wir so etwas verwirklichen. Natürlich nicht wissenschaftlich, sondern künstlerisch." Zunächst geht es um Erz alias erdige Farben, dann heißt es, die Ölfarben fließen zu lassen: Sie symbolisieren das Wasser, aus dem Leben entsteht. Merkwürdige abstrakte Figuren formieren sich dabei, so wird die vierfache Aphrodite im gleichnamigen Bild nicht zur Schaumgeborenen wie im Mythos, sondern zunächst mal zu der aus Ölfarben Geflossenen. Im Lauf des kreativen Prozesses hat Hoffmann hier freilich eingegriffen und die geflossenen Formen malerisch noch ausgearbeitet und sie zu schlanken griechischen Koren gestaltet, die an Gustav Klimts Werke erinnern.

Als Venus von Milo fehlen Aphrodite die Arme. Mit der Collage will Eva Hoffmann auch auf die historische Benachteiligung von Künstlerinnen hinweisen. (Foto: Claus Schunk)

Während andere ihrer Arbeiten deutlich abstrakter (ohne Eingriff) sind, gibt es auch solche wie "Sonnenbad", bei denen vor abstraktem Hintergrund ein weiblicher Akt zu sehen ist. Im Souterrain der kleinen Galerie sind zudem noch ganz andere Stilformen zu sehen. Schwarz-weiße Porträts im Stil alter, klassischer Meister, collagenartige Digitalkunst oder ein präzises formschönes Werk wie "Blue Dress". Überhaupt changiert Hoffmann zwischen den emotionalen, intuitiven Phasen, die in abstrakte Arbeiten mit leuchtenden Farben münden, und dem präzisen Pinselstrich, den sie als gelernte Architektin natürlich auch beherrscht, und der das Auge des Betrachters klar leitet. Galeristen sehen das ja gar nicht so gerne, wenn man nicht auf den einen charakteristischen Stil festzulegen ist, aber Hoffmann zeigt sich davon unbeeindruckt. Für die Gestaltung ihrer emotional-abstrakten Arbeiten muss sie jedenfalls offen sein, spirituell offen, wenn man so will. Sie spürt dann: "Heute ist der Tag." Für ein Werk wie "Venus und Picasso", das stilistisch ganz anders anmutet, heißt der Prozess: fotografien (in dem Fall eine Graffiti-Wand), abmalen, digital bearbeiten: Heraus kommt eine Collage, die einen Picasso mit roter Clowns-Nase zeigt, einen Joseph Beuys sowie davor versetzt die Venus von Milo, die bekanntlich keine Arme mehr hat. Für Hoffmann natürlich auch ein Symbol für die Unterdrückung und Abweisung, welcher Malerinnen Jahrhunderte lang in dem von Männern dominierten Metier ausgesetzt waren. Ohne Arme keine Pinselführung. Ein weiteres Bild, zeigt ihre Enkelin in symbolistisches Licht getaucht: halb Fin-de-Siècle-Figur, halb Salome.

Vielseitig, offen und lebenserfahren - gute Eigenschaften, um als Künstlerin wie als Vorsitzende eines Kunstvereins zu reüssieren.

Die Ausstellung dauert noch bis zum 9. März. Die Galerie ist geöffnet mittwochs bis freitags von 15 bis 18 Uhr und samstags von 10 bis 13 Uhr.

© SZ vom 15.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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