Kunst:Alles Fassade

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Kremer rückt Ausschnitte von Fassaden in den Mittelpunkt, an denen der Zahn der Zeit genagt hat und die darauf warten, wieder verputzt zu werden. (Foto: Veranstalter)

Fotobilder von Pepe Kremer in Ottobrunn

Manche Kritiker sagen der hübschen Stadt München ja eine gewisse Fassadenschönheit nach. Das ist natürlich ein doppelbödiges, fast schon boshaftes Kompliment, welches nicht zuletzt auf die Kulissenhaftigkeit der aufgebrezelten Residenzstadt anspielt.

Die Ausstellung "Alles Fassade", die derzeit in der Ottobrunner Galerie "Treffpunkt Kunst" zu sehen ist, nimmt mit ihrem Titel natürlich auf diese Art des Dekorativen wortspielerisch Bezug, verfolgt aber im Grunde erst mal eine ganz andere ästhetische Herangehensweise. Gezeigt werden dort farbige, abstrakte Fotografien von Hauswänden, an denen man im Alltag oft achtlos vorbei geht, und die der Künstler Pepe Kremer gemacht hat. "Alles Fassade" ist in gewisser Weise auch doppeldeutig: Signalisiert der Ausspruch im eigentlichen Sinne, dass nur die schönere Seite gezeigt und das Ramponierte verdeckt gehalten wird, stellen die Fotobilder Kremers, der aus Rott am Inn kommt, oft die Ausschnitte von Fassaden in den Mittelpunkt, an denen der Zahn der Zeit genagt hat und die darauf warten, wieder glatt verputzt und gestrichen zu werden. Durch die Konzentration auf Details werden Farbkombinationen, Risse, Schrammen hervorgehoben und bekommen so einen neuen Zusammenhang.

Durch das Fokussieren, das Fotografieren und Drucken werden diese Quasi-Schandflecken wieder vorzeigbar und finden an den Wänden hinter den Fassaden Platz. Auch die Art, wie die Motive aufgenommen sind, verführen eventuell zu ersten irrigen Schlüssen. So kann man in den Bildern expressionistische, kubistische, konstruktivistische Anklänge finden, den groben Pinsel, die feine Radierung, Lineal und Bleistift; aber sie sind doch reale Abbilder. Der Schwerpunkt liegt auf dem Malerischen, das Spiel mit Licht und Schatten ist nicht wesentlich; die Tiefe gewinnen die Bilder nicht räumlich durch Kontrast und Schärfe; sie setzen auf Farbe, Arrangement und die Illusion der absichtlichen Komposition. So ist auch die Bezeichnung Fotobild bewusst gewählt, um die Kombination von Fotografie und dem gemalten Bild zu verdeutlichen.

Die Ausstellung dauert noch bis zum 13. April. Die Öffnungszeiten sind mittwochs bis freitags von 15 bis 18 Uhr und samstags 10 bis 13 Uhr.

© SZ vom 06.04.2019 / SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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