Kreis und quer:Politik in der Endlosschleife

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So sieht Fortschritt im Jahr 2039 aus: Politiker streiten im Münchner Stadtteil Neubiberg-Unterbiberg über Pläne fürs ehemalige Rathaus - und Landrat Spöri bejubelt Pläne für das erste Windrad im Hofoldinger Forst.

Kolumne von Wolfgang Krause

Wir schreiben das Jahr 2039. Der Sonderausschuss Verwaltungsgebäude des Bezirksausschusses im Münchner Stadtteil Neubiberg-Unterbiberg diskutiert wieder einmal über die Planung des Bürgerzentrums um das ehemalige Rathaus. Eine aktuelle Schätzung hat ergeben, dass der Bau voraussichtlich 72 Millionen Euro kosten würde, drei Millionen mehr als zuletzt kalkuliert. Kilian Körner von der Fraktionsgemeinschaft aus CSU und Grünen weist darauf hin, dass der Bau nach dem Verlust der Selbstständigkeit Neubibergs eigentlich nicht mehr gebraucht wird. Reiner Höcherl (Liste Freiheit für Neubiberg und Unterbiberg) kontert, dass es CSU und Grüne waren, die die Rathauserweiterung blockiert und so die Zwangseingemeindung Neubibergs provoziert haben. Vorgestellt wird in der Sitzung auch das Angebot des Pfarrverbands Vier Brunnen-Ottobrunn-Neubiberg-Waldperlach-Unterhaching-Oberhaching, dass der Bezirksausschuss künftig auch das von der katholischen Kirche nicht mehr benötigte Pfarrzentrum Rosenkranzkönigin nutzen darf. Ein Beschluss wird nicht gefasst, da die Entscheidungshoheit ohnehin beim Münchner Stadtrat liegt.

Ebenfalls ohne konkretes Ergebnis endet ein Treffen der Bürgermeister der Ostallianz-Gemeinden Aschheim, Feldkirchen, Haar und Putzbrunn. Zwar herrscht Einigkeit darüber, dass die Autobahnparallele auch nach dem 16-spurigen Ausbau der A 99 heillos überlastet ist. Den Ruf nach einer zweiten Autobahnparallele östlich der A 99 wollen aber nicht alle mittragen. "Wer Straßen sät, wird Verkehr ernten", sagt der Haarer Bürgermeister Joshua Dworzak von der Wählergruppe Haar for Future und fordert stattdessen einen Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs. "Seit der Eröffnung des zweiten Tunnels in der Münchner Innenstadt im letzten Jahr haben wir doppelt so viele Stammstreckensperrungen wie bisher, aber sonst hat sich nichts getan."

Landrat Alexander Spöri von der CSU sieht den Landkreis beim Klimaschutz trotzdem auf einem guten Weg. "Während die Bevölkerung in den vergangenen 20 Jahren um 20,2 Prozent gewachsen ist, ist unser CO₂-Verbrauch nur um 19,8 Prozent gestiegen", sagt er bei der Einweihung des zweiten Gymnasiums in Unterhaching. Das sei insbesondere der Politik seines Vorvorgängers Christoph Göbel zu verdanken, der in den Zehnerjahren die visionäre Klima-Energie-Initiative 29++ auf den Weg gebracht habe. Als Erfolg wertet Spöri vor allem das Windrad im Hofoldinger Forst, das trotz großen Widerstandes demnächst gebaut werde. Auf den Hinweis von Schülersprecherin Greta Berger, dass in den vom Landrat genannten Bevölkerungszahlen noch die inzwischen zu München gehörende Gemeinde Neubiberg enthalten ist, während sie aus der aktuellen CO₂-Bilanz bereits herausgerechnet wurde, entgegnet Spöri: "Ich war bekanntlich als Schüler auch ein kritischer Geist. Aber dann habe ich schnell gemerkt, dass es nichts hilft, alles schlecht zu reden."

© SZ vom 23.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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