Kinderbetreuungskosten:Der Eltern Freud, der Bürgermeister Leid

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In den Neubiberger Kitas ist die Personalsituation zum Teil angespannt. (Foto: Angelika Bardehle)

In vielen Rathäusern wird kritisch gesehen, dass der Freistaat die Kommunen bei der Gebühren-Entlastung von Eltern beteiligt.

Von Martin Mühlfenzl, Landkreis

Im Landkreis herrscht unter den kommunalpolitisch Verantwortlichen breiter Konsens darüber, dass Eltern in der Pandemie bei der Kinderbetreuung unterstützt werden müssen. Vor allem jene, die das Angebot der Notbetreuung in den Kindertageseinrichtungen nicht in Anspruch nehmen, bisher aber weiter für die Gebühren aufkommen müssen. "Absolut sinnvoll" sei daher der Vorstoß der bayerischen Staatsregierung, diesen Eltern rückwirkend für die Zeit des erneuten Lockdowns diese Kosten zu erstatten, sagt etwa Sauerlachs Bürgermeisterin Barbara Bogner (UBV) - also mindestens von Anfang Januar bis Mitte Februar. Dann schiebt Bogner das große "Aber" hinterher: "Wieder einmal wälzt der Freistaat die Verantwortung und Kosten auf die Kommunen ab. Aber ich habe mit so was gerechnet."

Was Bogner meint, ist die von der Staatsregierung geplante Aufteilung der Kosten: Für 70 Prozent will die Staatsregierung aufkommen, die restlichen 30 Prozent sollen die Kommunen respektive die Träger der Kindertageseinrichtungen stemmen, je nachdem, in wessen Hand die Kita oder Krippe liegt. "Da missachtet der Freistaat das Konnexitätsprinzip", kritisiert Bogner- also den rechtlichen Grundsatz, der besagt: Wer anschafft, muss bezahlen.

Welche Kosten ihrer Gemeinde entstehen könnten, kann Bogner noch nicht abschätzen. Zwar befänden sich keine Einrichtungen in der Trägerschaft der Kommune, aber schon im Frühjahr mussten die Städte und Gemeinden im Landkreis den Trägern finanziell unter die Arme greifen, um den Betrieb am Laufen und die Jobs der Erzieherinnen und Erzieher halten zu können.

Auch heute, sagt Kirchheims Bürgermeister Maximilian Böltl (CSU), sei es wichtig, dass die Mitarbeiter ihr Gehalt bekommen. "Das ist eine gemeinsame Aufgabe." Daher hätte er es nach seinen Worten auch begrüßt, wenn der Freistaat, die Kommunen und die Eltern diese Situation "gemeinsam" gemeistert hätten und nicht die öffentliche Hand alleine. "Irgendwann muss das vor Ort ja dann auch wieder refinanziert werden", so Böltl. Derzeit könne er nicht ausschließen, dass eine "weitere Anpassung" der Gebühren notwendig werde. Böltl fordert auch eine klare Perspektive für Kitas und Schulen. "Wenn die Inzidenz zum Beispiel unter 100 liegt, dann sollten Öffnungen möglich sein."

Manche können es sich leisten, manche nicht

Grundsätzlich begrüßt auch der SPD-Fraktionschef im Kreistag, Florian Schardt, den Vorstoß des Freistaats. Auch dass Kommunen mit 30 Prozent an den Kosten beteiligt würden, kann der Ottobrunner in Teilen nachvollziehen. "Wenn differenziert würde", wie er einschränkt. "Denn es gibt Städte oder Gemeinden wie Grünwald, die sich das problemlos leisten können. Aber andere Kommunen können Probleme bekommen." Seiner Ansicht nach hätte eine solidarische Betrachtung stattfinden müssen, um die finanzielle Ausstattung der einzelnen Kommunen einzubeziehen.

Schardt kritisiert zudem, dass der Freistaat wie schon im Frühjahr eine Deckelung der Förderung durch Pauschalbeträge wünscht. Soll heißen: Für ein Krippenkind liegt die Förderung bei maximal 300 Euro, 210 zahlt der Freistaat, 90 die Kommune oder der Träger. Liegt die Gebühr in der Einrichtung aber über der Marke von 300 Euro, gibt es nicht mehr Geld vom Freistaat, sondern die Kommune muss den Betrag ausgleichen. "Denn Förderung vom Freistaat gibt es nur, wenn für die Eltern die Null rauskommt", sagt Schardt.

Dass letztlich Arbeitsplätze auf dem Spiel stehen, wenn nicht gefördert wird, glaubt Schardt nicht. "Schon im ersten Lockdown haben die Kommunen viel getan, um das Personal zu halten und den Kindern die gewohnten Ansprechpartner bieten zu können."

Auf dem Prinzip der Konnexität will Oberhachings Bürgermeister Stefan Schelle (CSU) in dieser Situation nicht beharren. Auch er begrüßt die Förderung für nicht in Anspruch genommene Notbetreuung und sagt: "Die Pandemie trifft alle Ebenen. Wir sitzen da alle in einem Boot." Welche Kosten seiner Gemeinde tatsächlich entstehen, kann Schelle nicht beziffern, dafür fehlten noch Antworten auf wichtige Fragen. "Die werden wir jetzt erst beantworten." Klar sei, dass es "direkte Auswirkungen" auf den Verwaltungshaushalt geben werde, denn über Kredite könnten die anfallenden Kosten nicht finanziert werden.

Anders stellt sich die Situation in Ismaning und Unterföhring dar, die schon seit Jahren für die Betreuungskosten in den Einrichtungen aufkommen. Die Förderungen des Freistaats werde auch Ismaning abrufen, sagt Bürgermeister Alexander Greulich (SPD), und dann in die Qualität der Betreuung investieren. Über die Verlagerung von Aufgaben vom Freistaat auf die Kommunen kann er sich üblicherweise herrlich aufregen. Diesmal aber sagt er nur: "Ich erwarte da nichts mehr."

© SZ vom 28.01.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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