Keferloher Montag:Stolz und Vorurteil

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Tradition wird beim Keferloher Montag groß geschrieben: Mit dabei war auch in diesem Jahr die Blaskapelle aus der Nachbargemeinde Haar, die feierlich und standesgemäß in Tracht einzog. (Foto: Sebastian Gabriel)

Preisackern, Stierschätzen, Produkte aus der Region - in Grasbrunn geht es traditionell zu. Finanzminister Albert Füracker lobt die Landwirte und kritisiert die Grünen für deren Umgang mit den Bauern.

Von Patrik Stäbler, Grasbrunn

Albert Füracker ist soeben der Kutsche entstiegen, nun will der bayerische Finanzminister aufs Festzelt beim Keferloher Montag zusteuern - doch da stellen sich ihm zwei junge Frauen in den Weg. Die beiden tragen Tracht und gehören zur Gebirgsschützenkompanie Flintsbach, die der Kutsche mit den Ehrengästen voranmarschiert ist. Während an der Schulter der einen Frau ein hölzernes Fässchen mit Zapfhahn am Riemen baumelt, streckt die andere dem Minister ein Schnapsglas entgegen und ruft freundlich: "Noch einen Schnaps, der Herr?"

Für einen Moment kommt Albert Füracker ins Stutzen. Womöglich schießt ihm gerade der Gedanke durch den Kopf, zu welchen Wortspielen ein Foto von ihm mit dem Glas und seinem hochprozentigen Inhalt einladen würde - dieser Tage, wo seine CSU in den Wahlumfragen nicht mal mehr die Prozentwerte jenes Birnenschnapses erreicht, der in dem Holzfass steckt. Doch dann knipst der Staatsminister ein Lächeln an, und im nächsten Moment prostet er fröhlich den umstehenden Mittrinkern zu, ehe es ab ins Keferloher Festzelt geht.

Finanzminister Albert Füracker (vorne rechts) stößt mit dem Vorsitzenden der Keferloher Freunde Albert Ostler (links) auf die bayerische Landwirtschaft an. (Foto: Sebastian Gabriel)

Die große Politik - und auch die mittelgroße in Bayern, wo am 14. Oktober Landtagswahl ist - sie soll heute ja ohnehin in den Hintergrund rücken. Am Samstag haben im Festzelt die SPD-Spitzenkandidatin Natascha Kohnen und ihr Parteifreund, der Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter, gegen die Landesregierung gewettert - vor etwa 300 Gästen. Am Sonntag waren es dann fast fünfmal so viele, denen Ministerpräsident Markus Söder und der Haarer CSU-Landtagsabgeordnete Ernst Weidenbusch vorschwärmten, wie gut Bayern dastehe. "Das schönste Land der Welt", wie Söder sagte. Kohnen stand dem in nichts nach: "Ich liebe dieses Land."

Der Finanzminister ist gelernter Landwirt

Am Montag sollen indes die Landwirte im Mittelpunkt stehen - darauf hat der Veranstalter, der Verein Freunde des Keferloher Montags, vor ein paar Jahren wieder den Schwerpunkt gelegt. Um bewusst von der Politik loszukommen. Deshalb sind rund um das Zelt diverse Stände aufgebaut, wo Kraut aus Ismaning, Kartoffeln aus Grasbrunn und weitere Lebensmittel aus der Region feilgeboten werden. Dazu kommen das sogenannte Preisackern, bei dem angehende Landwirte ihre Pflugkünste zeigen, sowie ein Stierschätzen, bei dem es darum geht, das Gewicht des Zuchtbullen "Waldprinz" möglichst aufs Kilo genau zu tippen.

Vor dem Festzelt zieht ein alter Porsche-Traktor die Blicke auf sich. (Foto: Sebastian Gabriel)

Wieso inmitten all dieser landwirt-schaftlichen Traditionen ausgerechnet der Finanzminister die Festrede hält? Nun ja, das liege an "einem Anflug von Hellseherei", der ihn bei der Planung der Veranstaltung heimgesucht habe, sagt Albert Ostler, der Vorsitzende der Freunde des Keferloher Montags. "Ich dachte, dass Albert Füracker der nächste Landwirtschaftsminister wird." Der Oberpfälzer war seinerzeit Staatssekretär im Finanzministerium, das von seinem Intimus Markus Söder geleitet wurde. Nachdem dieser jedoch im März zum Landeschef befördert wurde - oder eher: sich zum Landeschef befördert hat - rückte Füracker an die Spitze des Ressorts. "Da hatte der Herr Söder offenbar die besseren hellseherischen Fähigkeiten von uns beiden", sagt Ostler.

Nun mag Albert Füracker zwar Finanzminister sein, doch ebenso ist der 50-Jährige gelernter Landwirt, der in seiner Heimat bis 2008 den elterlichen Hof in der Oberpfalz betrieben hat. Von daher würden ihn die Anliegen und Sorgen der Bauern bis heute beschäftigen, sagt Füracker in seiner Rede, die sich tatsächlich ausschließlich um die Landwirtschaft dreht. Wobei der Minister mit der Regelmäßigkeit eines Metronoms betont, wie stark sich Bayern und die CSU für die Landwirte einsetzten, und wie gut es die Bauern im Freistaat hätten. Zusätzlich zu den Zuschüssen aus Brüssel in Höhe von etwa 1,5 Milliarden Euro unterstütze auch das Land seine Landwirte mit weiteren 1,5 Milliarden Euro im Jahr, sagt Füracker. Und beim Thema Hofübergabe "haben wir es geschafft, dass ein landwirtschaftlicher Betrieb quasi ohne Erbschaftssteuer weitergegeben werden kann".

"Im manchem Kuhlstall geht`s der Kuh besser als dem Bauern."

Nur ein einziges Mal kommt der CSU-Mann auf die politische Konkurrenz zu sprechen - und dabei ist es sicher kein Zufall, dass er sich die Grünen vornimmt, die den Umfragen zufolge drauf und dran sind, bei der Landtagswahl zweitstärkste Kraft in Bayern zu werden. Die "sogenannten Grünen", sagt Füracker, würden "durch Bayern fahren und den Landwirten erzählen, dass sie selbst schuld sind am Klimawandel". Das sei "geradezu eine Unverschämtheit", zürnt der Minister. "Denn die Landwirte leiden am meisten am Klimawandel." Und auch Kritik in Sachen Tierhaltung weist er zurück: "Wir in Bayern haben sicher keinen Nachholbedarf beim Thema Tierwohl. Ich behaupte: In manchem Kuhstall geht's der Kuh besser als dem Bauern."

Für diesen Satz erntet Füracker einige Lacher und spontanen Applaus von den etwa 500 Zuhörern im Festzelt. Kurz darauf ist seine Rede zu Ende, und der Finanzminister darf das traditionelle Präsent für alle Ehrengäste beim Keferloher Montag entgegennehmen: eine stilechte Südtiroler Kuhglocke. Mit ihr posiert Füracker dann erneut für die Fotografen. Das Bild mit dem Hochprozentigen ist da schon längst vergessen.

© SZ vom 04.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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