Katholische Kirche:Bischof will Zölibat lockern

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Ein Gottesmann redet Klartext: Priester, die sich mit dem Zölibat schwer tun, sollen eine Familie gründen können, sagt Weihbischof Berhard Haßlberger - vor einer Schulklasse.

M. Maier-Albang u. J. Hackober

Am Tag danach erreicht man ihn daheim in Freising, wo Weihbischof Bernhard Haßlberger auch sein Büro hat. Und wenn man ihn fragt nach den Sätzen, die er am Mittwoch bei einem Schulbesuch in Weichs im Landkreis Dachau gesagt hat, antwortet er zwar etwas gebremst, aber ja, sagt Haßlberger, es stimme schon, er habe sich tatsächlich für eine Liberalisierung des Zölibats ausgesprochen.

Weihbischof Bernhard Haßlberger beim Besuch der 10. Klasse der Klosterrealschule Weichs im Landkreis Dachau. (Foto: Niels P. Jørgensen)

In der kirchlichen Theresa-Gerhardinger-Realschule war Haßlberger am Mittwoch zu Gast in der 10. Klasse. Der Weihbischof, der für den Norden des Erzbistums zuständig ist, macht solche Besuche regelmäßig und doch, sagt er, komme die Frage nach dem Zölibat nicht jedes Mal. Diesmal aber kam sie, und bei solch heiklen Fragen stecken katholische Würdenträger jedes Mal in einer Zwickmühle, zumal wenn Journalisten anwesend sind: Sollen sie ehrlich sagen, was sie denken? Oder drumherum reden, weil es ansonsten Ärger geben könnte?

Der gebürtige Ruhpoldinger Haßlberger ist von Natur aus kein Taktierer; die Menschen im Norden des Erzbistums mögen ihn gerade, weil er so unkompliziert ist. Und so hat Haßlberger geantwortet, was er denkt: Dass "diese Lebensform nicht einfach sei", dass es Priester gebe, die "leiden" an dieser Lebensform. Und für "die, die sich damit schwertun, wär's wohl gut", meint Haßlberger, wenn sie Priester bleiben und trotzdem eine Familie gründen könnten. So hätte die Kirche "dann auch sicher wieder mehr Pfarrer".

Es ist dies eine Haltung, die Haßlberger mit vielen Katholiken teilt, die nun froh sein werden, diese Worte auch aus dem Mund eines Bischofs zu hören. Zuletzt hatte der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick es gewagt, laut über den Zölibat nachzudenken, allerdings in einem Spiegel-Interview, wo er davon ausgehen konnte, dass es Widerhall geben würde. Er "wäre dafür, dass man ernsthaft darüber nachdenkt", ob jeder Pfarrer das Zölibat leben muss, so hatte Schick in dem Interview gesagt, klug im Konjunktiv, damit es nicht zu reformerisch klingt. Dennoch scheint es, als würden sich, aufgeweckt durch die Missbrauchsskandale des vergangenen Jahres, immer mehr Kirchenvertreter auch öffentlich trauen, echte Reformen anzudenken.

Der Fuldaer Bischof Heinz Josef Algermissen hatte im vergangenen Jahr für die Zulassung von "viri probati", bewährter, verheirateter Männer, zum Priesteramt plädiert. Noch weiter geht der neue Provinzial der deutschen Jesuiten, der in München lebende Stefan Kiechle. Er hatte im Sommer 2010 vor Mitgliedern der CDU/CSU-Bundestagsfraktion sogar ein Nachdenken über die Priesterweihe von Frauen angeregt. Doch einhellig sind die Meinungen zum Thema Zölibat unter den deutschen Bischöfen keinesfalls. In der Bischofskonferenz wurde eine "Steuerungsgruppe" gebildet, die sich bis 2012 Gedanken über die Kirche in der modernen Welt machen soll. Einer der drei Denker ist der Münchner Kardinal Reinhard Marx - und der will am Zölibat nicht rütteln.

© SZ vom 21.01.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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