Katastrophenschutz:Wenn der Chip Alarm schlägt

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Besonderen Gefahren ausgesetzt: Männer des ABC-Zugs München-Land beim Brand einer Recyclingfirma. (Foto: Claus Schunk)

Der Landkreis und die Bundeswehr-Uni bereiten Einsatzkräfte mit moderner Technik auf Bedrohungen vor.

Von Martin Mühlfenzl, Landkreis

Mit hochgradig gefährlichen Stoffen und brenzligen Situationen kennen sich die Einsatzkräfte des ABC-Zuges München-Land bestens aus. Im Oktober vergangenen Jahres wurde die spezialisierte Einheit des Katastrophenschutzes im Landkreis München ans Otfried-Preußler-Gymnasium nach Pullach gerufen.

Ein Chemielehrer hatte entdeckt, dass hochreaktives Kalium nicht mehr in einer vor Luftkontakt schützenden Flüssigkeit gelagert war; es drohte schon bei einer leichten Erschütterung eine Explosion. Gemeinsam mit Sprengstoffexperten des Landeskriminalamtes brachte der ABC-Zug die Chemikalie in eine Kiesgrube bei Planegg und dort zu einer kontrollierten Explosion - und verhinderte dadurch Schlimmeres.

Um Gefahren etwa durch das Austreten chemischer Stoffe künftig frühzeitig zu erkennen und darauf reagieren zu können, plant der ABC-Zug München-Land gemeinsam mit der Universität der Bundeswehr in Neubiberg und der Münchner Firma Ketek die Entwicklung einer Plattform für einen "integrierten AC-Detektor". Diese Plattform soll die Basis bilden für mobile Chips, die etwa an der Schutzkleidung von Einsatzkräften befestigt werden - und die sowohl radioaktive Strahlung als auch eine definierte Sammlung chemischer Gefahrenstoffe erkennen soll.

Das Projekt wird an diesem Montag dem Kreisausschuss des Kreistags vorgestellt (Sitzungsbeginn ist um 14 Uhr). Der Landkreis hat beim Bundesforschungsministerium Fördermittel beantragt und diese auch bewilligt bekommen. Das Ministerium wird das Projekt zu 100 Prozent fördern und etwas mehr als 170 000 Euro zuschießen, davon soll auch eine Vollzeitstelle im Landratsamt geschaffen werden.

Das Ziel der drei Partner ist, einen "Demonstrator" zu entwickeln, der "binnen weniger Jahre", so die Entwickler, die Arbeit von berufsmäßigen und ehrenamtlichen Einsatzkräften sicherer und einfacher machen soll. Die Innovation soll darin bestehen, ein kleines und leichtes System mit sehr niedrigem Stromverbrauch, möglichst langer Lebensdauer sowie geringer Anfälligkeit für Umwelteinflüsse auf den Markt zu bringen.

Eine derartige "Multisensor-Plattform" soll aufgrund unterschiedlicher Kombinationsmöglichkeiten der integrierten Sensoren sowohl für Terrorlagen als auch gewöhnliche Havariefälle mit Gefahrstoffaustritt oder Brandeinsätzen anwendbar sein.

Die Entwicklung eines Prototyps soll in vier Arbeitsphasen eingeteilt werden. Zunächst wird es darum gehen, Unfälle mit Gefahrgut und größere Brände der vergangenen fünf Jahre auf die dabei freigesetzten Substanzen zu analysieren. Diese Ergebnisse sollen Grundlage für die Konfiguration des zu entwickelnden Sensors sein.

Diesen Abschnitt wird die Uni der Bundeswehr als Partner begleiten. In Schritt zwei wird eine Messstrategie entwickelt: Hierbei wird der Sensor vor allem zur Warnung von Einsatzkräften genutzt. Unter Laborbedingungen sowie bei Übungen und unter realistischen Einsatzbedingungen sollen anschließend Tests einzelner Komponenten und des Gesamtsystems erfolgen.

In einem letzten Schritt wird schließlich ein Schulungskonzept erstellt. Ehrenamtlichen und auch hauptamtlichen Einsatzkräfte muss schließlich der Umgang mit der neuen Technologie vermittelt werden - dies wird mit dem ABC-Zug und der Bundeswehrfeuerwehr erfolgen. Dann könnte das neue Produkt Marktreife erlangt haben.

© SZ vom 01.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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