Tierpädagogik:Mit Peaches zu mehr Selbstbewusstsein

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Pädagogin Mareike Neuber zeigt den Kindern, wie man mit Hund Peaches umgeht. (Foto: Florian Peljak)

Im Integrativen Kindergartens Falkensteinweg in Garching ist ein kleiner Jack-Russel-Terrier zum besten Freund der Gruppe geworden.

Von Lara Jack, Garching

Kaum fliegt der grüne Gummi-Knochen durch die Luft, flitzt ein kleines weiß-braunes Wesen mit Vollgas hinterher. Im weitläufigen Garten des Integrativen Kindergartens Falkensteinweg in Garching vernimmt man fröhlich quietschendes Gelächter und aus Kindermund sauber formulierte Kommandos wie "Sitz", "Los" oder "High Five". Mit ihrer Jack-Russel-Terrier-Gefährtin "Peaches" tollen die Kindergartenkinder über den Rasen und erfreuen sich an der Entschlossenheit, mit der der kleine Hund seinem wertvollen Knochen hinterherhechtet, ihn aus sorgfältig gewählten Verstecken erschnuppert und sich über das weiche Fell streicheln lässt. Die Kleinste schmiegt ihren Kopf an den Hund und verkündet, während sie Peaches den Rücken tätschelt: "Ein ganz süßer Hund und so klein!"

Mittendrin Mareike Neuber, Heilpädagogin am Kindergarten und die Besitzerin von Begleithund Peaches. Sie trägt ein Micky-Maus-Shirt und eine runde Brille. Geduldig weist sie die Kinder darauf hin, wann sie den Hund rufen und welches Kommando sie geben müssen. Ursprünglich kommt die 31-Jährige aus Niedersachsen, wegen der besseren Berufschancen zog es sie nach Bayern. Elf Jahre ist sie schon im Beruf, in die Tierpädagogik wollte sie schon von Anfang an. "Ich wusste es schon seit ich die Heilpädagogik gemacht habe. Eigentlich schon vorher, weil wir in der Familie einen Therapiehund hatten und ich bin selbst sehr daran gewachsen", erzählt sie. Ihr Vorhaben habe sie auch in jeglichen Bewerbungen und Vorstellungsgesprächen klar geäußert. In Garching hatte man in der Vergangenheit bereits gute Erfahrungen mit einem Begleithund gemacht und war von der Idee eines neuen gleich angetan. Bald darauf wurde Peaches zur neuen Kameradin der Kinder.

Heilpädagogin Mareike Neuber hat viel Erfahrung mit tiergestützte Pädagogik

Schon als kleiner Welpe kam die heute fast zweieinhalb Jahre alte Hundedame in den Kindergarten. Zwei bis dreimal die Woche muss Peaches arbeiten, die restliche Woche hat sie frei. Ihren fruchtigen Namen hat die Hündin Neubers Schwester zu verdanken. Die kam nämlich auf die Idee, den Welpen nach dem kleinen Mammut aus dem Kinderanimationsfilm Ice Age zu benennen. "Es ist Tradition bei uns in der Familie, dass die Hundenamen aus Filmen kommen", erzählt Neuber.

Die Kindergartenkinder profitieren auf vielfältige Weise von ihrer kleinen Begleiterin, insbesondere in Sachen Selbstbewusstsein, wie Neuber betont. Ein befolgtes Kommando stärke die Selbstsicherheit eines Kindes sehr. "Das bringt so einen Gewinn an Selbstbewusstsein, dass Tierpädagogik eigentlich überall stattfinden sollte", findet Neuber. Auch Grenzen zu erkennen und zu achten spielt eine große Rolle. Die Kinder müssten lernen zu respektieren, wenn Peaches ihre Ruhe möchte, sagt Neuber.

Hund Peaches macht High Five. (Foto: Florian Peljak)

Andersherum dürfen und sollen die Kinder ihrem Begleithund auch signalisieren, wenn ihnen selbst gerade nicht nach Spielen und Toben zumute ist. Zwar sanft, aber bestimmt. "Die Kinder wissen hier genau, sie müssen mit dem Hund nicht spielen, wenn sie nicht wollen", sagt Neuber. Die tiergestützte Pädagogik eigne sich vor allem aber auch für die Integrationskinder, die Neuber als Heilpädagogin ebenfalls "fördern möchte und auch muss". Das könnten beeinträchtigte Kinder sein oder Kinder, die im sozialen-emotionalen Bereich noch mehr Unterstützung bräuchten. Wenn da noch "ein kleiner Freund" in Form eines Begleithundes da sei, könnten sie sich schneller öffnen.

Durch das niedliche Erscheinungsbild der Begleithündin gab es unter den Kindern bislang auch keine nennenswerten Ängste. Bei einem mannsgroßem Dobermann etwa könnte das womöglich anders aussehen. So aber sind Neubers größte Bedenken, dass die Kinder den Hund nicht "zu doll knuddeln wie ein Kuscheltier". Eigentlich, gibt sie zu, seien Jack-Russel-Terrier als Begleithunde auch "eher ungewöhnlich". Die kleinen Jagdhunde seien nämlich recht wirbelig, im Vergleich zu den ruhigeren Golden Retrievern. "Ich wusste aber schon aus Vorerfahrung, dass man tiergestützte Pädagogik mit jedem Hund machen kann, wenn die Erziehung konsequent und vertrauensvoll ist", erklärt sie. Diese Bindung und Partnerschaft zwischen Hund und Besitzer seien das "Allerwichtigste".

Im Moment habe Peaches noch die Grundausbildung, die jeder Familienhund machen kann. Was sie aber durch den regelmäßigen Kontakt zu Kindern von einem Familienhund unterscheidet, ist ihre antrainierte Sensibilität. Sie könne erspüren, welches Kind eher zurückhaltend, ruhig oder selbstsicher ist. Auch draußen beim Spielen im Garten lässt sich das beobachten. So verhält sich Peaches bei den kleineren Mädchen und Buben vorsichtig und zögerlich, springt bei einem größeren Kind beim Knochen-Werfen aber gleich drauf los. "Für die Kinder ist das nicht nur der Begleithund, sondern ein Mitglied der Gruppe", sagt die Pädagogin. Da krempeln sich die Kleinen auch mal gerne die Ärmel hoch, um für ihre vierbeinige Freundin aus Karotte, Zucchini und Dinkelmehl Leckerlis zu backen. Probieren dürfen die Kinder die auch, es sind ja natürliche Zutaten. Und wider Erwarten: "Manche standen sogar sehr darauf", berichtet Neuber und schmunzelt.

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