Icking:Festival für Streicherfreaks

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Die Konzertreihe "Ickinger Frühling" lockt Klassikfreunde mit internationalen Spitzen-Quartetten

Von Stephanie Schwaderer, Icking

Fast 20 Spitzenmusiker, viele von ihnen erstaunlich jung, einige weltbekannt, verbringen das dritte Aprilwochenende in Icking im Isartal - einer Gemeinde, die gerade einmal 3600 Einwohner zählt, kein Konzerthaus ihr eigen nennt, aber seit Jahren in der Klassik-Szene auf sich aufmerksam macht. Der Verein "Klangwelt Klassik" lädt am 16. und 17. April zum dritten "Ickinger Frühling" ein - einem Konzertwochenende, das Streicherfreaks in innere Aufruhr versetzen und nicht zuletzt auch Klassikfans im Münchner Süden und darüber hinaus neugierig machen dürfte.

Geballte Frische, ein ambitioniertes Programm und die Gelegenheit, mit Künstlern zwanglos am Buffet zu plaudern - das grundlegende Konzept hat sich nach dem Ausscheiden der Initiatoren Susanne und Christoph Kessler kaum geändert. Auch die Ensembles des dritten "Ickinger Frühlings" wurden noch von den Kesslers engagiert, die Verträge sind seit Monaten unterzeichnet. Zugleich arbeitet das neue Vorstandsquartett - Werner Wellhöfer (Vorsitzender), Bettina Gaebel (Zweite Vorsitzende), Hermann Weidner (Schatzmeister) und Birgitta Bohn - seit Wochen auf Hochtouren. "Natürlich wollen wir das Niveau halten", sagt Gaebel. Vor einem halben Jahr habe sie noch befürchtet, nicht genügend gute Ensembles für ein Gastspiel gewinnen zu können. Diese Angst hat sich als unbegründet erwiesen. "Wir bekommen ständig Anfragen: Dürfen wir bei Ihnen spielen? Das ist fantastisch!"

Das Gémeaux Quartett aus Basel tritt nicht zum ersten Mal im Isartal auf.

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(Foto: Veranstalter)

Viel versprechend: Den jungen Mitgliedern des Quatuor Hermès aus Paris wird eine große Zukunft vorhergesagt.

An hohen Gagen kann dies nicht liegen. Die finanziellen Mittel des Vereins sind knapp. Ohne die Fleißarbeit einiger Eingeschworener mit oder ohne Doktor-Titel, die Stühle schleppen, Karten verkaufen oder Anzeigen akquirieren, ginge nichts. Aber was ist es dann? Warum spielen in wenigen Tagen das Gémeaux Quartett aus Basel, das Quatuor Hermès aus Paris, das Borodin Quartett aus Moskau und das Doric String Quartet aus London sowie namhafte Solisten im Ickinger Gymnasium? "Wir haben bei den Künstlern und bei den Agenturen einen ausgesprochen guten Ruf", sagt Schatzmeister Weidner. "Viele Musiker, die bei uns waren, sind begeistert." Das liege zum einen an einem überaus sachkundigen Publikum, vor allem aber an der speziellen Atmosphäre. "Die Leute fühlen sich bei uns wohl." Seit Jahren beherbergen er und seine Frau Musiker in ihrem Haus. "Da sind Freundschaften entstanden", sagt Weidner. Fast alle Künstler, die der Verein nach Icking holt, werden privat untergebracht. Ein Ehepaar aus Grünwald quartiert diesmal gleich ein ganzes Quartett bei sich ein.

Was aber erwartet die Gäste im Rilke-Konzertsaal? Kann man ein solch dichtes Programm verkraften? Genießen? "Auch ich hatte da erst meine Zweifel", gesteht Bettina Gaebel. Tatsächlich aber eröffne der Festivalcharakter dem Ohr neue Dimensionen, sagt sie: Es sei nicht nur spannend, mit den Ensembles die Musikgeschichte zu durchwandern - von Haydn bis Schostakowitsch. "Ebenso faszinierend ist es, den unmittelbaren Vergleich zu haben: Wie fasst das Borodin-Quartett ein Stück auf? Wie wird es von einem jungen Ensemble interpretiert?" Für jedes der fünf Konzerte gibt es auch Einzelkarten. "Aber den vollen Genuss hat man nur, wenn man alle hört."

Zu Entdeckungen laden in Icking auch die Programmhefte - Lesebücher mit Notenzeilen und Anekdoten - sowie die Einführungsvorträge ein. Die Hoffnung der Organisatoren, wie Gaebel sie formuliert: "Dass sich das Durchschnittsalter im Publikum dem auf der Bühne allmählich annähert."

© SZ vom 08.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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