Straßenausbau-Kosten:Hohenbrunn sucht einen Ausweg

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Hohenbrunns Bürgermeister Stefan Straßmair hat nach dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ein Problem. (Foto: Claus Schunk)

Bürgermeister Stefan Straßmair will sich nicht damit abfinden, dass die Gemeinde Hohenbrunn die Anlieger für Straßensanierungen der vergangenen 20 Jahre zur Kasse bitten muss. Deshalb prüft er weitere juristische Schritte.

Von Christina Hertel, Hohenbrunn

20 Jahre. Diese Zahl beschäftigt die Gemeinde Hohenbrunn gerade. Denn nach dem Urteil zur Straßenausbaubeitragssatzung könnte es sein, dass sich Grundstücksbesitzer an allen Straßenbaumaßnahmen, die in diesem Zeitraum angefallen sind, finanziell beteiligen müssen. Das kommt daher, dass der Gemeinderat, als er 2010 die Satzung zum Straßenbau erließ, einen Fehler machte: Er legte keinen Zeitraum fest, wie lange Sanierungsarbeiten rückwirkend abgerechnet werden können.

Und wenn kein solches Datum vorhanden ist, bestimmt das Gesetz: Nur für solche Fälle, bei denen die "Vorteilslage" vor 20 Jahren und früher eingetreten ist, dürfen keine Beträge mehr erhoben werden. Was heißt das für Hohenbrunn? Wie viele Bürger müssen zahlen? Was passiert, wenn inzwischen das Grundstück verkauft und mittlerweile jemand anders dort wohnt?

Bürgermeister Stefan Straßmair von der CSU lässt diese Fragen gerade noch nicht an sich heran. Denn er glaubt nicht daran, dass es so weit kommt. "Das würde dem entgegenstehen, was der Gemeinderat für Hohenbrunn wollte." Der habe sich stets dagegen ausgesprochen, dass rückwirkend abgerechnet werden soll. Nur hat er das eben nicht in die Satzung geschrieben, die er 2010 verabschiedete.

Die Akten sind im Keller verschimmelt

Das nächste Problem: Die Belege, um so alte Maßnahmen überhaupt abrechnen zu können, hat die Verwaltung möglicherweise gar nicht mehr. "Wir schmeißen vieles nach fünf oder zehn Jahren weg", sagt Straßmair. Noch dazu seien viele Unterlagen bei einem Wasserschaden vernichtet worden. Weil es im Rathaus zu eng geworden war, wurde das, was keiner brauchte, im Keller des Bauhofs deponiert. "Mir wurde versichert, dass es da trocken ist", sagt Straßmair.

Doch das war es nicht und als er das nächste Mal nachschaute, waren die Unterlagen verschimmelt. Wie Straßmair dieses Problem lösen möchte, weiß er noch nicht. Gerade ist er ohnehin mit etwas anderem beschäftigt. Er und sein Anwalt prüfen, ob sie nicht doch noch einmal vor Gericht ziehen und das Urteil anfechten sollten, wonach die Abschaffung der Straßenausbaubeitragssatzung nicht rechtens war.

Die Gemeinde müsste dann vor den Bundesverwaltungsgerichtshof ziehen. Straßmair würde aber wohl sogar bis vor den Bayerischen Verfassungsgerichtshof gehen. Um das zu entscheiden, hat der Hohenbrunner Gemeinderat noch drei Wochen Zeit. Und die will Straßmair nutzen, um zu prüfen, ob so eine Klage Erfolg haben könnte. Erst dann will er sich damit beschäftigen, ob und wie viele Straßen abgerechnet werden müssten.

"Unsere Argumente waren gut"

Vor Gericht war die Gemeinde bereits zweimal gescheitert. "Ich weiß, dass unser Spielraum immer kleiner wird", sagt der Bürgermeister. Doch was ihn beschäftigt: Die Verhandlung sei so viel positiver verlaufen, als letztlich das Urteil ausgesehen habe. "Unsere Argumente waren gut", sagt Straßmair. Er und sein Anwalt haben vor Gericht dargelegt, dass das Recht auf kommunale Selbstverwaltung beschnitten werde, wenn eine Gemeinde eine solche Satzung nicht mehr durch eigenen Beschluss abschaffen kann. Das zweite Argument: Die Beiträge zu erheben, stellt einen höheren Aufwand dar, als sie am Ende einbringen. "Als die Stadt München so argumentierte, hat das geklappt", sagt Straßmair. Und da sei es ja um ganz andere Beträge gegangen als bei Hohenbrunn.

Um tatsächlich noch einmal klagen zu können, bräuchte Straßmair die Mehrheit in seinem Gemeinderat. Er geht davon aus, dass er die, wenn die Argumente dafür sprechen, auch bekommt. Bei Bürgerforum und Grünen hatte es sich zuletzt allerdings nicht so angehört, als ob die Bereitschaft noch einmal zu prozessieren groß wäre. Der Dumme, schrieben sie in ihren Pressemittelungen nach der Verhandlung, sei nun einmal mehr der Bürger. Als Steuerzahler habe er die Prozesskosten und als Anlieger auch noch die Straßensanierungskosten zu tragen. Straßmair sagt dazu: "Die Frage ist doch, was zahlen die Bürger noch die nächsten Jahre drauf?"

© SZ vom 21.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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