Höhenkirchen-Siegertsbrunn:Niemand hat die Absicht, eine Verordnung zu erlassen

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Gemeinderäte können sich nicht auf eine Regelung einigen, die den Bau von Gabionenmauern einschränkt

Von Bernhard Lohr, Höhenkirchen-Siegertsbrunn

Wie in vielen Orten wächst in Höhenkirchen-Siegertsbrunn das Unbehagen darüber, dass sich Menschen in ihren Gärten hinter Gabionenwänden und Bretterverschlägen verschanzen. Die Grünen-Fraktion im Gemeinderat hat dies zum Anlass genommen, einen Antrag zu stellen, dem empfundenen Wildwuchs Grenzen zu setzen. Es sollte eine Satzung erlassen werden, die Art und Höhe von Einfriedungen in den Gebieten regelt, die noch nicht durch Bebauungspläne geregelt sind. Doch der Gemeinderat lehnte das mehrheitlich ab. Der Aufwand, so der Tenor, sei für das Rathaus zu groß, das Problem zu komplex.

Manche Straßen haben in den Augen von Gudrun Hackl-Stoll (Grüne) nichts mit dem zu tun, wie sie sich öffentlichen Raum in einem lebendigen, kommunikativen Ort vorstellt. Also in einem Ort, wo Nachbarn miteinander reden, wo Menschen am Gartenzaun stehen und sich übers Wetter austauschen oder einfach nur zuwinken. Stattdessen blickt sie mit Unverständnis auf immer mehr Gabionen, Hecken und blickdichte hohe Bretterzäune. Ein Beispiel, das viele verärgert, ist eine zwei Meter hohe Gabionenwand an der Ecke Putzbrunner Straße/Buchenstraße. Von einer Optik wie in Stadelheim ist im Viertel die Rede. Hackl-Stoll beklagt, dass die Wand unrechtmäßig errichtet worden sei, ohne überhaupt zu fragen. Ein anderes Beispiel: eine Mauer an der Bahnhofstraße mit massivem Rolltor, die zwar viele hässlich finden, die aber im Einklang mit dem Bebauungsplan errichtet wurde. "Ich weiß nicht, ob wir das möchten, dass wir nur noch in Straßentunneln langgehen", so Hackl-Stoll. Im Gemeinderat warb sie dafür, Regeln für ungeregelte Ortsgebiete ohne Bebauungsplan zu erstellen, damit der Entwicklung nicht weiter Vorschub geleistet werde.

Aus Sicht des Rathauses ist aber eine Verordnung nur mit großem Aufwand zu erstellen. Laut Amtsleiterin Ruth Sander müssten in 20 Prozent des Gemeindegebiets, für das es keinen Bebauungsplan gebe, sämtliche Zäune erfasst werden, um eine solche Verordnung rechtssicher zu gestalten. Dabei müsse man aufpassen, nicht in bestehende Eigentumsrechte einzugreifen. Es gelte Bestandsschutz. Wenn etwa 40 Prozent der Zäune höher als 1,40 Meter sind, könne man nicht einfach 1,40 Meter vorschreiben. Dennoch: Hackl-Stoll hielt an ihrer Forderung fest und verwies auf Kommunen wie Ottobrunn, Neubiberg, Hohenbrunn und auch München, wo Satzungen existierten. Aktuell würden Hausbesitzer ungleich behandelt, je nachdem, wo sie wohnten. Manche machten, was sie wollten. Eine Satzung hätte "Hand und Fuß".

Aber es gab grundsätzlichen Widerspruch. Manfred Eberhard (UB) warnte vor Gleichmacherei und "Eintönigkeit" und sagte, man müsse auch bei Einfriedungen Vielfalt zulassen. Otto Bußjäger (UB) stellte die "Verhältnismäßigkeit" einer Satzung infrage. Es würde ein "Verwaltungsmonster" geschaffen. Auch brach er eine Lanze für die, die sich mit Wänden abschotten. Viele wüssten sich nicht anders zu helfen, weil der Verkehr die Lebensqualität beschneide.

Fest steht: Die Gabionenwand an der Putzbrunner Straße, deren Rückbau ungeachtet der aktuellen Debatte Thema ist, hätte nicht entstehen dürfen. Doch gegen Verstöße wird nicht vorgegangen, weil die Gemeinde nicht zuständig ist und das Landratsamt offenkundig personell an Grenzen stößt. Peter Guggenberger (CSU) sprach von einem "Vollzugsproblem". "Wir haben keine Baupolizei." Gudrun Hackl-Stoll verwies dagegen auf die schlank formulierte Einfriedungssatzung der Stadt München. Das sei machbar und die Vorgaben könnten offen formuliert werden, so dass sich niemand gegängelt fühle. Luitgart Dittmann-Chylla (Grüne) warnte davor, eine Chance zu vertun. Viele Menschen seien verärgert wegen der überzogenen Einfriedungen. Bei der Abstimmung waren die drei Grünen-Vertreter mit ihren Ja-Stimmen dennoch alleine. Der Antrag wurde abgelehnt.

© SZ vom 26.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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