SZ-Adventskalender:Insolvenz, Rauswurf, Zusammenbruch

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Nach der Pleite ihres Restaurants kommt Familie C. finanziell nicht mehr auf die Beine

Von Gudrun Passarge, Höhenkirchen-Siegertsbrunn

Wenn Asma C. mit ihrem strahlenden Lächeln den Raum betritt, wird es gleich um mindestens ein Grad wärmer. Sie könne nicht traurig schauen, sagt sie, selbst im Krankenhaus, wo sie psychiatrisch behandelt wurde, hätten die Schwestern und Patienten sie als Sonnenschein bezeichnet. Die 30-Jährige sitzt in der Einzimmerwohnung unterm Dach in Höhenkirchen, in der sie mit Mann und zwei Töchtern lebt. Die zierliche Person mit den großen, braunen Augen und Pferdeschwanz nimmt sich zerbrechlich aus auf dem alten Sofa. Seine Nähte sind aufgerissen, "deswegen habe ich schon eine Decke drübergelegt", sagt sie. Die gebürtige Marokkanerin lernte ihren Mann Salman bei einem Urlaub in der Schweiz bei ihrer Tante kennen. Sie heirateten und führten gemeinsam ein Lokal in Deutschland. Doch der Ausflug in die Selbständigkeit endete mit der Insolvenz. Salman C., seine Eltern kommen aus der Türkei, er ist in Deutschland aufgewachsen, versuchte es nach der Pleite des Restaurants mit mehreren Jobs. Mal bekam er nur unregelmäßig seinen Lohn, dann hatte er einen Bandscheibenvorfall. Der Arbeitgeber kündigte ihm fristlos, ein Umstand der Asma C. heute noch mitnimmt. "Mein Mann lag im Krankenhaus, und ich stand da mit zwei kleinen Kindern und hatte nichts zu essen." Mit Hilfe der Beratungsstelle "Anderl" im Landratsamt für Eltern von Kindern bis zu drei Jahren klagte Familie C. erfolgreich und bekam wenigstens den fehlenden Lohn ausbezahlt.

Asma C. strahlt Fröhlichkeit aus, auch wenn sie und ihre Familie eine harte Zeit durchmachen. (Foto: Claus Schunk)

Inzwischen hat Salman C. eine Arbeit als Beikoch in einem großen Restaurant in der Umgebung gefunden. Asma C. ist froh, aber trotzdem reicht es hinten und vorne nicht. Zu den 915 Euro, die ihr Mann verdient, bekommen sie etwa 500 Euro Aufstockung vom Jobcenter, auch als Mietzuschuss, und das Kindergeld. Die 30-Jährige würde gerne dazu verdienen. Einen Anlauf hat sie bereits hinter sich, sie wollte Kinderpflegerin werden. Alles war wunderbar, es machte ihr Spaß, die Kollegen waren nett, die Kinder haben sie "sehr gern gemocht", wie sie erzählt. Aber die ständige Existenzangst, die Fragen der Töchter, sie sind mittlerweile drei und sechs Jahre alt, warum sie kein eigenes Zimmer bekommen, die geflüsterten Gespräche mit ihrem Mann, damit die Kinder nichts mitbekommen, all das forderte seinen Tribut. "Die Ärzte haben gesagt, es war ein Alarmsignal des Körpers", sagt Asma C. über ihren Zusammenbruch. Die junge Frau hofft allerdings, im September wieder zurück zur Schule gehen zu können, um die Ausbildung abzuschließen.

Doch bis sie mitarbeiten kann, wird noch einige Zeit vergehen. Bis dahin werden sie mit dem wenigen Geld auskommen müssen. Im großen Zimmer teilt ein Kleiderschrank den Schlafbereich für Eltern und Kinder ab. Er steht etwas windschief da, weil sich die Rückenwände langsam lösen. Ein neuer Schrank, vielleicht ein neues Sofa, darüber würde sich die Familie sehr freuen. Der größte Wunsch wäre eine Wohnung mit drei, wenigstens mit zwei Zimmern. Bei bis zu 750 Euro Miete würde das Sozialamt den Zuschuss gewähren, aber die Chancen stehen schlecht, eine bezahlbare Wohnung im Landkreis München zu finden, denn sie sind nicht nur rar, sondern mancher Vermieter will niemanden haben, der vom Sozialamt kommt.

Doch in Höhenkirchen-Siegertsbrunn möchte Familie C. gerne bleiben. "Die Leute hier sind ganz, ganz nett", erzählt die junge Mutter. Erst letztens habe ihr eine Mutter die abgelegten Kleider ihrer Tochter geschenkt, worüber sie sich sehr gefreut hat. Oder aber eine andere Mutter holt gelegentlich die beiden Töchter vom Kindergarten ab. Asma C. strahlt, während sie das erzählt. Da fällt kaum auf, dass es in der Wohnung eher kühl ist.

© SZ vom 22.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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