Hochschule:Unternehmergeist aus dem Labor

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Das Gründerzentrum der Bundeswehr-Universität in Neubiberg unterstützt Start-ups in Forschungsfeldern wie Cyber Security und Luft- und Raumfahrt. Dabei geht es nicht nur ums Geld, sondern auch um Beratung

Von Daniela Bode, Neubiberg

Hippe dunkle Wände, bunte Samthocker, fast schon Wohnzimmeratmosphäre. Dazu eine Vizepräsidentin, die vom "Spirit" redet. Wer eine ganz andere Vorstellung von der Universität der Bundeswehr hatte, würde sich in deren Gründerzentrum verwundert die Augen reiben. Wer schon öfter mit dieser Hochschule in Neubiberg zu tun hatte, weiß, dass hier viele hervorragende Ideen entstehen und ein großer Unternehmergeist herrscht. Damit dieser Spirit vorangetrieben wird und die innovativen Gedanken nicht nur in der Forschung verbleiben, sondern auch umgesetzt werden, hat Rafaela Kraus 2019 das Gründerzentrum founders@unibw initiiert. In der von der Vizepräsidentin für Entrepreneurship ins Leben gerufenen Einrichtung werden Gründer so vorbildlich gefördert, dass das Zentrum erst vor Kurzem vom Stifterverband dafür ausgezeichnet wurde.

Als die Professorin für Unternehmens- und Personalführung 2019 die Vizepräsidentschaft für Entrepreneurship übernahm, wollte sie sich auch der vielen interessanten Gründungen an der Hochschule annehmen. "Es gab Gründer, aber keine systematische Förderung", sagt Kraus. Glücklicherweise kam gleichzeitig eine neue Exist-Förderrichtlinie heraus. Kraus stellte den Antrag und erhielt von Bundeswirtschaftsministerium fast zwei Millionen Euro Förderung für den Aufbau des Zentrums, verteilt auf die Jahre 2020 bis 2024. Es geht vor allem darum, die Potenziale zu heben, also das Potenzial unternehmerischen Denkens und Handelns an der Hochschule so gut wie möglich zu fördern.

Auch neben Gründerzentren wie denen der großen Universitäten in München kann sich das Zentrum in Neubiberg sehen lassen. Es spezialisiert sich auf bestimmte Bereiche. "Wir haben sehr interessante Forschungsfelder für die künftige Wirtschaftsentwicklung", sagt Kraus. Sie nennt Cyber Security, Luft- und Raumfahrt, nachhaltige Mobilität. Auch auf dem Bereich "Government Tech", also Technologien, die für eine zeitgemäße Erfüllung staatlicher Aufgaben etwa im Bereich Sicherheit oder digitale Dienstleistungen, notwendig sind, liege ein Fokus. "Als Bundesuniversität haben wir super Kontakte in die Behörden", sagt Kraus. Davon könnten Start-ups profitieren.

Schwärmt vom Spirit an der Universität der Bundeswehr: die Vizepräsidentin für Entrepreneurship Rafaela Kraus. (Foto: Angelika Bardehle)

Die Unterstützung, die Gründer bei founders@unibw erhalten, ist individuell und vielfältig. Sie sollen für das Gründen sensibilisiert und mit den nötigen Kompetenzen ausgestattet werden. "Junge Wissenschaftler haben geniale Ideen", sagt Kraus. "Sie sind aber manchmal so mit der Forschung beschäftigt und haben nicht auf dem Schirm, dass sie selbst ein Unternehmen gründen könnten." Ebenso bekommen die jungen Menschen Tipps beim Businessplan oder dabei, wie sie ihre Idee in einem Pitch, also bei einer Präsentation, gut darstellen können. Zudem geht es darum, Gründer mit anderen zu vernetzen. Ohne die Corona-Pandemie würden auch Partys stattfinden, die Leute könnten sich kennen lernen. "Das können wir leider gerade nicht, wir machen jetzt alles digital", sagt Kraus. Auch verschiedene Labore, eine Art dezentraler Makerspace, können die Gründer nutzen. Unterstützung gibt es von Kraus und einem Team, das aus bisher weiteren acht Mitarbeitern besteht. Selbst ein Industriedesigner ist mit an Bord, der die Gründer beim Design von Prototypen unterstützen kann.

Manuel Kuder wurde so während seiner Doktorarbeit auf die Idee gebracht, ein eigenes Start-up auf den Weg zu bringen. Er hat Elektromobilität an der Hochschule München studiert und an der Universität der Bundeswehr in Neubiberg über Multilevelsysteme promoviert und sich dabei mit dem Bereich Automotive beschäftigt. In seiner Doktorarbeit ging es darum, Batterien von Elektroautos leistungsfähiger und langlebiger zu machen, indem man mit dem konventionellen Design des Antriebsstrangs eines Elektroautos fundamental bricht. "Mein ursprünglicher Gedanke war, einen Konzern zu überzeugen, das umzusetzen, nicht es selbst zu machen", sagt er. Auf die Idee ein Start-up zu gründen brachte ihn erst Kraus. Durch ihre Unterstützung beim Antrag hat er es geschafft, über eine Exist-Förderung fast 800 000 Euro einzuwerben, um aus seiner Doktorarbeit nun das Unternehmen "Bavertis" zu gründen. Seit drei Monaten bekommen er und sein vierköpfiges Team nun die Förderung.

Das Gründerzentrum unterstützt indes nicht nur Wissenschaftler, die ein Unternehmen gründen wollen. Es fördert auch Soldatinnen und Soldaten, die unternehmerisch handeln und die Bundeswehr und den Staat innovativer machen wollen - also nicht Entrepreneure, sondern Intrapreneure. Dadurch ist auch Luise Timm, die an der Bundeswehruniversität in dem recht neuen Studiengang Intelligence and Security Studies gerade ihre Masterarbeit schreibt, vom Gründerzentrum unterstützt worden. Sie hat die Idee für ein System mit dem Namen Cerberus entwickelt, das vor Cyberattacken schützen soll. Dessen Ziel ist es, Angriffe auf Netzwerke zu erkennen, und zwar bekannte und neue Schadcodes. Ihre Idee stellte sie beim Ideenwettbewerb Smart Solutions Challenge vor, den founders@unibw mit dem Gründerzentrum der Universität der Bundeswehr Hamburg und dem Cyber Innovation Hub der Bundeswehr veranstaltete. Sie belegte den dritten Platz und wird nun unterstützt, bis September ein Basisprodukt herzustellen. Auch Timm schätzt die Unterstützung des Gründerzentrums. Sie hätte beispielsweise sehr viele Soft Skills mitbekommen, "wie man auf fremde Leute zu gehen kann", sagt sie. Sie sei sehr gut angeleitet und motiviert worden.

Luise Timm wird vom Gründerzentrum unterstützt und hat bei einem Ideenwettbewerb überzeugt. (Foto: Privat)

Hauptzielgruppe des Zentrums sind die Studenten und Wissenschaftler der eigenen Universität sowie der Münchner Gründerszene rund um die Zentren an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU), der Technischen Universität (TU) und der Hochschule München - LMU Entrepreneurship-Center, die UnternehmerTUM und Strascheg Center for Entrepreneurship. Die Aktivitäten richten sich aber auch immer wieder an Gründer von außerhalb. So bietet die französische Raumfahrtagentur im Herbst gemeinsam mit der Universität der Bundeswehr in Toulouse und München ein Programm für Raumfahrt-Startups an, das zudem vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt unterstützt wird.

Dass das Zentrum selbst sehr unternehmerisch auftritt, wie Kraus sagt, ist da nur folgerichtig. "Wir sind sehr agil, weil wir eine kleine Uni sind. Die Gründer schreiben mich per Whatsapp an", sagt die Vizepräsidentin. So unkompliziert und begeistert sie von all den Aktivitäten erzählt, kann man sich gut vorstellen, wie junge Wissenschaftler angeregt werden, aktiv zu werden. Es scheint auch, als gingen der Professorin selbst die Ideen nicht aus. "Ich bin begeistert vom Team", sagt sie und schwärmt: "Alle haben so einen Spirit. Wir müssen uns eher bremsen, dass wir nicht noch mehr machen."

© SZ vom 12.04.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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