Haar/Oberschleißheim:Die rote Bastion fällt

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In Haar verlieren die Sozialdemokraten spektakulär das Rathaus, auch andernorts müssen sie Federn lassen

Von Sabine Wejsada, Haar/Oberschleißheim

Es kommt nicht so oft vor, dass die Wähler eine amtierende Bürgermeisterin oder einen Bürgermeister abstrafen und ihnen damit eine weitere Amtszeit verwehren. Im Landkreis München hat es bei den Kommunalwahlen im März gleich in drei Kommunen diesen Fall gegeben: In Haar ist es Gabriele Müller (SPD) so ergangen, in Oberschleißheim hat Christian Kuchlbauer von den Freien Wählern seinen Hut nehmen müssen und die Gräfelfinger haben ihrer Bürgermeisterin Uta Wüst ( Interessengemeinschaft Gartenstadt Gräfelfing) das Vertrauen entzogen. Alle drei leiteten gerade einmal sechs Jahre lang die Geschicke ihrer jeweiligen Kommune und wollten ihre Arbeit fortführen - machten dabei allerdings die Rechnung ohne ihre Bürger.

Müller verlor die Haarer Stichwahl gegen ihren Herausforderer Andreas Bukowski. Das Rennen war knapp, Müller kam auf 48,5 Prozent der Stimmen, Bukowski erreichte 51,5. Am Ende trennten die Kontrahenten nur 301 Kreuzchen. Für die Gemeinde Haar bedeutete die Wahlniederlage der amtierenden Rathauschefin eine Zäsur. Jahrzehntelang galt die stadtnahe Kommune im Osten des Landkreises als rote Hochburg.

Noch deutlicher in die Schranken verwiesen die Oberschleißheimer Christian Kuchlbauer nach nur einer Amtszeit, weil CSU-Bewerber Markus Böck auf 54,1 Prozent der Stimmen kam. Der Ausgang des Votums darf als Sensation bezeichnet werden. Denn Böck gewann als bislang in der Lokalpolitik Unbekannter das Rathaus für die Christsozialen. Diese hatten zunächst sogar auf einen eigenen Kandidaten verzichten wollen, was im Kreisverband mindestens Stirnrunzeln, wenn nicht gar Verärgerung hervorrief. So wurde der im Landkreis Dachau lebendende CSU-Quereinsteiger Böck ins Rennen geschickt und erzielte einen Überraschungserfolg. Ähnlich lief es in Gräfelfing: Dort unterlag Bürgermeisterin Uta Wüst in der Stichwahl knapp dem CSU-Bewerber Peter Köstler.

Doch nicht nur die geschassten Bürgermeisterinnen und Bürgermeister mussten nach dem zweiten Durchgang der Kommunalwahlen schlucken: In Feldkirchen etwa, wo Bürgermeister Werner van der Weck (SPD) nicht mehr antrat und die Gemeinde in die Hände eines sozialdemokratischen Kronprinzen legen wollte, spielten die Wähler nicht mit. Andreas Janson (UWV) gewann die Stichwahl deutlich mit 58,8 Prozent der Stimmen gegen SPD-Mann Christian Wilhelm. Nach Haar also noch ein Rathaus, das die Roten an diesem Wahlabend aufgeben mussten.

Dafür eroberte Mindy Konwitschny (SPD) in der Stichwahl gegen CSU-Mann Roland Spingler das Rathaus in Höhenkirchen-Siegertsbrunn, wo Amtsinhaberin Ursula Mayer (CSU) nicht mehr zur Wahl stand. Unterschleißheims SPD-Bürgermeister Christoph Böck konnte sich im zweiten Wahlgang seines Herausforderers Stefan Krimmer (CSU) erwehren. In Hohenbrunn gelang das Rathauschef Stefan Straßmair (CSU); er verteidigte sein Amt mit 54,7 Prozent der Stimmen gegen Pauline Miller (Bürgerforum-ÜWG/Freie Wähler). Einen knappen Sieg fuhr Thomas Glashauser (CSU) in Aschheim ein, nachdem er in der Stichwahl mit 52,7 Prozent der Stimmen Eugen Stubenvoll von den Freien Wähler (47,3 Prozent) auf den zweiten Platz verwies. Noch enger wurde es für die CSU in Schäftlarn, wo sich ihr Kandidat Christian Fürst mit 51,7 Prozent gegen den Grünen Marcel Tonnar durchsetzte. Zudem stellen die Christsozialen seit der Stichwahl die Bürgermeister in Neubiberg, wo Thomas Pardeller siegte, in Aying mit Peter Wagner und in Planegg mit Hermann Nafziger. In Baierbrunn setzte sich Patrick Ott von der Überparteilichen Wählergruppe mit 61,2 Prozent der Stimmen deutlich gegen seinen SPD-Kontrahenten Uwe Harfich durch.

In Garching gewann Dietmar Gruchmann (SPD) in der Stichwahl mit 60,4 Prozent gegen Jürgen Ascherl (CSU). Die SPD hatte am Abend der Stichwahl einen weiteren Grund zu feiern: In Unterhaching blieb Wolfgang Panzer Bürgermeister, nachdem er mit 66,6 Prozent der Stimmen gegen seinen Herausforderer Armin Konetschny von den Grünen gewann, der auf 33,4 Prozent kam. Für Panzer konnte mit einem solch deutlichen Votum seine dritte Amtszeit beginnen. In Pullach verteidigte die erste und bislang einzige Grünen-Bürgermeisterin im Landkreis, Susanna Tausendfreund, in der Stichwahl gegen Christine Eisenmann (CSU) ihr Amt mit 53,3 Prozent der Stimmen.

Eine ganze Reihe von Rathauschefs schaffte es bereits in der ersten Runde am 15. März: Ullrich Sander, der von der CSU nominierte parteilose Amtsinhaber in Taufkirchen, erreichte 51,1 Prozent der Stimmen schon im ersten Wahlgang. In Oberhaching konnte sich Amtsinhaber Stefan Schelle (CSU) klar mit 66,5 Prozent der Wählerstimmen durchsetzen. Und auch in Brunnthal haben die Wähler Bürgermeister Stefan Kern von der CSU mit großer Mehrheit eine weitere Amtszeit beschert. Der seit 18 Jahren amtierende Bürgermeister kam auf 69 Prozent der Stimmen. In Straßlach-Dingharting fuhr der parteifreie Bürgermeister Hans Sienerth 87,5 Prozent ein. Obwohl er als einziger Kandidat auf dem Stimmzettel stand, entfielen 12,5 Prozent auf andere Personen, die die Wähler dazuschreiben konnten.

Im Amt verbleiben durften zudem Sauerlachs Bürgermeisterin Barbara Bogner (Unabhängige Bürgervereinigung), die 52,9 Prozent der Stimmen holte, Neurieds SPD-Bürgermeister Harald Zipfel (59,6 Prozent), Kirchheims Maximilian Böltl (CSU) mit einem Traumergebnis von 74,9 Prozent und sein Grünwalder Parteifreund Jan Neusiedl mit 70,9 Prozent. Klaus Korneder kam in Grasbrunn nur auf 50,8 Prozent der Wählerstimmen, Amtsinhaber Andreas Kemmelmeyer von der Parteifreien Wählerschaft in Unterföhring auf 52,7 Prozent. Einen deutlichen Sieg gab es für den Ismaninger SPD-Bürgermeister Alexander Greulich, er holte 66,7 Prozent der Stimmen.

© SZ vom 29.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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