Haar:"Ich schaff's nicht"

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Erster Test für Hybridsitzungen des Gemeinderats misslingt

Von Bernhard Lohr, Haar

Es flackert auf der Bildschirm-Projektion, die auf der Stirnseite des Haarer Bürgersaals an die Wand geworfen wird. Schemenhaft erscheint das Gesicht von Bettina Endriss-Herz. Und verschwindet wieder. Die Stimme ist abgehackt, verzerrt, es hallt. "Ne, ich schaff's nicht", sagt sie noch. Dann ist der Test beendet. Die erste Hybridsitzung des Haarer Gemeinderats, bei der es der CSU-Gemeinderätin und Vorsitzenden des Behindertenbeirats ermöglicht werden sollte, dem Gremium von zuhause aus wenigstens probeweise beizuwohnen, ging gehörig schief. "Es hat nicht geklappt", sagt Endriss-Herz im Rückblick. Unglücklich ist sie aber nicht.

Denn es waren offenkundig technische Probleme, die die Teilnahme verhindert haben. Die Bereitschaft aber, sich damit zu beschäftigen, wie gesundheitlich eingeschränkte Gemeinderäte von ihrem Wohnzimmer aus an Sitzungen teilnehmen können, ist im Rathaus da. Endriss-Herz hält das für einen großen Erfolg. Sie ist auf den Rollstuhl angewiesen und hat, weil sie sich in der Corona-Pandemie einem besonderen Risiko ausgesetzt sieht, seit der Wahl vor einem Jahr nur sporadisch an Sitzungen teilgenommen. Die Weihnachtssitzung war die letzte. Auch Bürgern sollte es möglich sein, dem Gemeinderat von zuhause aus "zu lauschen", sagt sie. "Das ist Demokratie."

Der Haarer Gemeinderat hat im Februar auf Antrag der SPD einstimmig beschlossen, einen Arbeitskreis zu dem Thema einzurichten, in dem geklärt werden soll, ob man solche Hybridsitzungen will und wie die ausgestaltet werden. Im Extremfall könnte nur noch der Bürgermeister im Saal sitzen und alle anderen wären zugeschaltet. Der Landtag hat Anfang März Hybridsitzungen grundsätzlich ermöglicht. Wie Bürgermeister Andreas Bukowski (CSU) vor dem Testlauf sagte, stünden aber noch Handlungsanweisungen des Innenministeriums aus. Die sollen wichtige Details klären, wie etwa die Frage, ob ein zugeschalteter Gemeinderat ständig im Bild zu sehen sein muss, um als vollwertiges Mitglied dann mit abstimmen zu können.

Bettina Endriss-Herz war nur kurz zu sehen. Und ihre Stimme hätte bei einem Beschluss auch nicht gezählt, wie Bukowski sagte. Endriss-Herz setzt nun auf einen besseren Verlauf des nächsten Tests im Mai. Sie habe von der Gemeinde einen Laptop bekommen und an der Fraktionssitzung am Abend zuvor habe sie wunderbar teilnehmen können. Bei der Verbindung in den Bürgersaal ruckelte es dann gehörig. "Ich habe den Saal nicht gehört", sagt Endriss-Herz. Am Ende habe sie übers Handy mitgehört. Immerhin.

© SZ vom 16.04.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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