Haar:Engagement nach Stundenplan

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Einsatz im Seniorenheim: Kinder erweitern ihren Horizont und beleben den Alltag der Bewohner. (Foto: Marco Einfeldt)

Auf Anregung der SPD sollen Haarer Schüler regelmäßig in sozialen Einrichtungen mitarbeiten. Als Belohnung soll es Zertifikate geben.

Von Bernhard Lohr, Haar

Sie arbeiten auf der Kinder- und Jugendfarm, geben im Seniorenstift das Essen aus oder stehen im Weltladen hinter der Theke. Schüler müssen zum Lernen nicht immer im Klassenzimmer sitzen und den Blick starr nach vorne auf die Tafel richten. Das Leben ist manchmal die bessere Schule. Deshalb haben auch Projekte Konjunktur, bei denen jungen Menschen die Möglichkeit geboten wird, mit dem Alltag in Kontakt zu treten; und bei denen sie auch mal die Schattenseiten kennen lernen. In Regensburg geschieht das seit zehn Jahren mit Unterstützung der Stadt. 87 Schüler aus sieben verschiedenen Schulen arbeiten für eine gewisse Zeit in 55 Institutionen mit. Ein Modell, das die SPD gerne für Haar übernehmen würde.

Engagierte junge Leute gibt es in Haar natürlich längst. Und das auch gar nicht so knapp. So sind die Haarer Schulen an diversen Aktionen beteiligt. Das Ernst-Mach-Gymnasium (EMG) hat sich der Bewegung "Schule ohne Rassismus, Schule mit Courage" angeschlossen und ist - wie auch die Konrad-Grundschule - "Umweltschule in Europa". Schüler der Mittelschule machen reihenweise Praktika, es gibt das "Be a Winner"-Projekt des Lions-Clubs München-Keferloh und anderes.

CSU-Fraktionschef Dietrich Keymer sagte darum auch letztens im Gemeinderat, dass die Mittelschule bereits seit einiger Zeit ihre Schüler rausschicke in Praktika. Trotzdem, sagte Keymer, halte er den SPD-Antrag für "vernünftig und unterstützenswert".

Die CSU unterstützt den SPD-Vorschlag - das ist Selten in Haar

Die SPD kann sich vorstellen, die Schüler nach dem Vorbild von Regensburg in dem gesamten Spektrum der sozialen Einrichtungen in Haar einzusetzen. Sie könnten also in der Altenbetreuung arbeiten und sich in Kindergärten mit den Kleinen abgeben. Durch dieses Engagement werde das Selbstvertrauen und das Selbstbewusstsein gestärkt. Zusätzlich könne die Schule das Erlernte im Unterricht vertiefen. Zu diesem Zweck sollten die Jugendlichen, wie es in dem Antrag heißt, freiwillig ein bis zwei Stunden pro Woche ehrenamtlich in Haarer Institutionen mitarbeiten. Der Einsatz sollte dann im Zeugnis vermerkt und durch eine Urkunde dokumentiert werden. Das Zertifikat könnten die Schüler bei Bewerbungen vorweisen.

Während die sonst Vorstößen von Seiten der SPD kritisch gegenüberstehende CSU das alles also ganz gut fand, kam für viele unerwartet plötzlich Kritik von Seiten der Grünen. Deren Sprecher Mike Seckinger sagte, ihm sei nicht klar, worauf der Antrag abziele. "Wo soll das enden?" Er vermisse eine Darstellung dessen, was es an sozialen Aktivitäten an den Schulen in Haar bereits gebe. Darauf sollte man aufbauen und nicht etwas überstülpen. Auch wäre die "Bedarfslage" bei den sozialen Einrichtungen zu ermitteln. Haar sei eben nicht Regensburg. Da laufe manches doch noch anders, auf direktem Weg. Antonius van Lier (Freie Wählergemeinschaft) fand, dass auf keinen Fall der Eindruck erweckt werden dürfe, es mangle jungen Menschen in Haar an sozialer Kompetenz und an Einsatz.

Auf Anregung der Grünen, soll erst untersucht werden, welche Projekte es schon gibt

Der Antrag wurde schließlich mehrheitlich angenommen, wobei sich einige Gemeinderäte der CSU der SPD anschlossen. Wie Vertreter von SPD und CSU bekundeten, soll nun versucht werden, einen möglichst praxisnahen Ansatz zu finden. Keymer schlug vor, die Anregungen der Grünen aufzugreifen und zu schauen, was an den Schulen schon in diese Richtung läuft. Thomas Fäth (SPD) wollte gar keinen Widerspruch erkennen. Die Richtung sei doch die gleiche, sagte er.

In dem Antrag ist auch als Zielsetzung genannt, die Zusammenarbeit mit Haarer Institutionen, Initiativen, Vereinen und sozialen Diensten zu suchen. Mit den Schulen und auch den Elternbeiräten solle Kontakt aufgenommen werden. Das soll als nächstes geschehen. Bürgermeisterin Gabriele Müller (SPD) bezeichnete das Projekt jedenfalls als sinnvoll. Die Motivation der Schüler werde dadurch gestärkt. Es gehe alleine mit den Zertifikaten, die vergeben würden, über das bisher bestehende hinaus.

© SZ vom 20.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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