Haar:Annäherung im Realschul-Streit

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Der Schulcampus soll östlich des Gronsdorfer S-Bahnhofs entstehen. (Foto: Angelika Bardehle)

Auch wenn Haar seine Zustimmung weiter an Bedingungen knüpft, spricht vieles für den Bau eines Campus in Gronsdorf. Landrat Christoph Göbel ist zuversichtlich: "Die Bälle, die Haar uns zuwirft, nehmen wir auf."

Von Bernhard Lohr, Haar

Der Haarer Gemeinderat hat zwar am Dienstagabend sein Bekenntnis für einen Schulcampus in der Gemeinde an klare Bedingungen geknüpft, dennoch deutet vieles darauf hin, dass die Realschule sowie die Fach- und Berufsoberschule (FOS/BOS) am S-Bahnhof im Ortsteil Gronsdorf gebaut werden. Landrat Christoph Göbel (CSU) sprach von einem ökonomisch und pädagogisch absolut "sinnvollen" Campus-Projekt und bewertete am Mittwoch nach monatelangem Ringen um die Finanzierung der Schulbauten und die Standortfrage die in Haar gefassten Beschlüsse als Befreiungsschlag. Die Gemeinde und der Kreis hätten erklärt, den Campus zu wollen. Das sei entscheidend. "Wir sind jetzt auf dem Weg."

Dass Göbel solch ein positives Fazit zieht, war nicht unbedingt zu erwarten. Schließlich hatte der Schulausschuss des Kreistags die Gemeinde in Anbetracht der sich hinziehenden Debatte Anfang Mai aufgefordert, "verbindlich zu entscheiden", ob sie den Campus wolle oder nicht. Verbunden wurde das mit der Aussage, mit Feldkirchen, Aschheim oder Kirchheim über einen alternativen Standort für die FOS/BOS zu reden.

"Ping-Pong-Spiel der Beschlüsse"

Dass die Gemeinde jetzt doch wieder Bedingungen nennt und Bürgermeisterin Gabriele Müller (SPD) sogar das Bild vom Ball bemüht, der wieder ins Spielfeld des Landkreises gekickt worden sei, sieht Göbel alles andere als tragisch. Politik sei die "Kunst des Machbaren". Er habe nichts anderes erwartet, sagte der Landrat. Er habe das Ziel verfolgt, das "Ping-Pong-Spiel der Beschlüsse" endlich in Gang zu setzen. Das sei geglückt. Noch vor der Sommerpause sollen sich die Kreisräte wieder mit dem Campus in Gronsdorf befassen.

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Dass dieser dort entstehen wird, ist so gut wie sicher. Der Gemeinderat sprach sich einstimmig für Gronsdorf aus. Göbel sagte, er stehe bereits in Kaufverhandlungen mit der Stadt München, die in Gronsdorf ein 13 Hektar großes Grundstück besitzt. Sollte das Areal über die sogenannte Nordtangente an der Bahn verkehrlich erschlossen werden können, wonach es jetzt wieder aussieht, sollen dort nach dem Willen der Stadt außer Schulen auch in großem Stil Wohnhäuser entstehen. Ein Verkehrsgutachten hat unabhängig davon soeben bestätigt, dass der Schulcampus auch ohne Nordtangente möglich wäre. Die Stadt München, sagt Göbel, sei bereit, zunächst isoliert über den Verkauf des Schulgrundstücks zu reden. Münchens OB Dieter Reiter sei sehr kooperationsbereit.

Als eher schwierig galt bisher wegen der Differenzen über die Finanzierung der Realschule das Verhältnis zwischen Landkreis und Gemeinde. Haar kritisiert die Zweckvereinbarungs-Regelung im Landkreis, wonach die Kommune 70 Prozent der Kosten für den Realschulbau zu übernehmen hat. Müller warnte deshalb am Dienstag wiederholt davor, die Gemeinde mit dem Projekt in finanzielle Nöte zu stürzen. Haars Schulden würden wegen Investitionen in eine Grundschule und in den sozialen Wohnungsbau bis Ende 2018 ohnehin auf 12,4 Millionen Euro steigen. Die Finanzkraft der Gemeinde sei unterdurchschnittlich, eine Belastung in Höhe von jährlich 700 000 Euro etwa durch einen Realschulbau nur schwer zu schultern. Spürbare Einschnitte in die Lebensqualität am Ort drohten, dazu höhere Gebühren und Steuern.

Die Haarer CSU überrascht

Die Haarer CSU, die Bürgermeisterin Müller und der SPD wegen solcher Bedenken zuletzt immer wieder vorgehalten hat, sie würden blockieren, überraschte am Dienstag mit einem Antrag, in dem sie ihrerseits das Campus-Projekt von Finanzierungszusagen des Landkreises und einer "vertraglich" abgesicherten Beteiligung der Stadt München am Realschulbau abhängig machte. Die Kosten dürften für Haar 15 Millionen Euro nicht übersteigen. Das ging selbst Müller zu weit.

Der Gemeinderat beschloss, dass von Landrat Göbel getroffene Zusagen, der Landkreis könne die Kosten für die von FOS/BOS wie Realschule gemeinsam zu nutzende Mensa und Sportanlagen voll übernehmen, vom Kreistag bestätigt werden müssten. Erst dann könne Haar weitere Entscheidungen treffen. Landrat Göbel war das am Ende von Haarer Seite verbindlich genug. Er zeigte sich zuversichtlich, dass der Landkreis und die Gemeinde innerhalb der von Haar gesetzten Frist von sechs Monaten Lösungen finden. Es gehe um "Pragmatismus und nicht um Glaubensfragen", so Göbel. "Die Bälle, die Haar uns zuwirft, nehmen wir auf."

© SZ vom 02.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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