Abschied vom Grünwalder Gemeinderat:Politisches an der Bar

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In der Küche seiner Weinbar ist Horst Sedlmaier Herr über alle Entscheidungen. Drei Mal in der Woche bekocht er hier seine Gäste. (Foto: Claus Schunk)

Der Gemeinderat Horst Sedlmair legt an diesem Dienstag sein Mandat nieder und zieht sich in seine kleine Gaststätte zurück. Er begründet seinen Schritt auch mit wenig Mitspracherecht und Diskussionsfreude.

Von Claudia Wessel, Grünwald

Nein, bei Horst Sedlmair wird nichts vorgekaut. Das, was er auf seinen zwei Kochplatten und im Ofen in seiner Weinbar in der Wendelsteinstraße 13 in Grünwald fabriziert, ist frisch und aus erster Hand.

An diesem Nachmittag, kurz vor der Öffnung um 18 Uhr, schneidet er gerade hingebungsvoll sehr lecker aussehendes rotes Rinderfilet und Rumpsteaks. Bevor diese am Abend gebraten werden, sollen sie noch etwas außerhalb des Kühlschranks stehen, dann schmecken sie besser, sagt der Hobbykoch. Ja, das sei er immer noch, sagt Sedlmair, obwohl er seit vier Jahren in seinem kleinen Lokal dreimal in der Woche Gäste bewirtet.

Wichtig ist dem gelernten Maurermeister auch, dass er keine Kochgeheimnisse hat. Während er hinter der Bar brutzelt, sitzen neugierige Gäste beim Wein und schauen ihm auf die Finger. Allein das mache diese Beschäftigung wesentlich reizvoller als die Tätigkeit als Gemeinderat, die er an diesem Dienstag aufgibt, sagt der 63-Jährige.

Wundersames Im Gemeinderat

Für die Parteifreien Bürger Grünwald (PBG) saß er seit Oktober 2010 in dem Gremium und er hat sich dort öfters mal ein bisschen gewundert. "Mir kommt's vor, als ob man den Bürgern nichts zutraut", lautet sein Fazit. Und nicht nur dem Bürger. Auch die Gemeinderäte selbst erfuhren laut Sedlmair viele Dinge erst "wenn sie in trockenen Tüchern waren". Eine offene Diskussion, von der keiner weiß, wie sie ausgeht und was am Schluss entschieden wird, habe er selten erlebt. "Wenn uns die Sachen vorgelegt werden, steht alles schon fest", so seine Erfahrung. Abstimmen müssen die Gemeinderäte dann aber schon noch, nicht selten zu schnell: "Man hat oft nicht genügend Zeit, um zu recherchieren."

Ob es an den wenig spannenden Sitzungen liegt, dass ein Blick auf die Zuschauerränge meist enttäuschend ist? "Da sitzen vielleicht drei, vier Leute", sagt Sedlmair. Nur beim Thema Traglufthalle waren die Plätze auf der Tribüne voll. Es kann auch sein, dass Sedlmair einfach anderes gewohnt war. Schließlich hatte er 25 Jahre lang den Vorsitz bei den Grünwalder Schützen inne und dort vermutlich mehr zu sagen als ein PBG-Gemeinderat unter einer CSU-Mehrheit. 24 Jahre war er außerdem bei der Freiwilligen Feuerwehr engagiert. Da sind die sieben Jahre als Gemeinderat quasi nur "ein kleines Gastspiel", sagt Sedlmair.

Politik in der Bar

In seiner Bar wurde immer auch über Politik gesprochen. Er wurde oft gefragt, wie sich dieses und jenes verhalte in der Gemeinde. "Sofern ich darüber reden durfte, habe ich geantwortet", erzählt Sedlmair. Waren es Dinge aus nichtöffentlicher Sitzung, musste er schweigen. Auch in Zukunft wird hier sicher einiges aus dem Gemeinderat besprochen werden. Schließlich gehören Noch-Kollegen zu seinen Gästen. Und einer davon, Tobias Brauner, auch PBG, ist sogar sein Schwiegersohn.

Nicht ausgeschlossen, dass die großen Diskussionen eher hier stattfinden als im Rathaus. Aber wichtiger ist Sedlmair mittlerweile, dass die Rumpsteaks gelingen.

© SZ vom 30.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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