Kommentar:Traut den Bürgern etwas zu

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Die reiche Gemeinde Grünwald hätte das Geld, eine offene Werkstatt einzurichten. Warum scheut sie davor zurück?

Von Irmengard Gnau, Grünwald

Der Gemeinde Grünwald geht es gut. Selbst in einem Pandemiejahr wie diesem rechnet die Gemeinde noch mit Gewerbesteuereinnahmen in Höhe von 130 Millionen Euro, 2019 spülte die Gewerbesteuer sogar 182 Millionen Euro in die Gemeindekasse. Solch ein finanzielles Polster gibt ein gutes Gefühl. Es lässt die Kommunalpolitiker manche Entscheidung leichter fassen. Und es spricht dafür, dass die politischen Rezepte der Vergangenheit für die Gemeinde gut gewirkt haben.

Aber es kann auch träge machen. Der Verwaltungsausschuss des Grünwalder Gemeinderats hat mit seiner CSU-Mehrheit den Antrag, eine offene Bürgerwerkstatt in der Gemeinde einzurichten, abgelehnt mit dem Verweis, eine solche würde nicht nach Grünwald passen. Außerdem sei es nicht Aufgabe einer Kommune, solch einen Ort zu betreiben.

Das stimmt. Es ist sicherlich nicht die oberste Pflicht einer Gemeinde, ihren Bürgern einen Ort zum Basteln, Werken und vielleicht Erfinden einzurichten. Aber eine Kommune, der es nicht an finanziellen Mitteln mangelt, kann solche Orte der Gemeinschaft ermöglichen. Sie muss sie nicht selbst betreiben, aber sie könnte sie finanziell fördern, gemeindliche Räume zur Verfügung stellen. In einer solchen Werkstatt können sich die Bürger kennenlernen, können Kurse stattfinden und vielleicht sogar innovative Unternehmen ihren Anfang nehmen. Formate wie Repair-Cafés, die sich in vielen anderen Kommunen bewährt haben, schaffen Begegnung und verhindern das verfrühte Wegwerfen von elektrischen Geräten oder Haushaltsgegenständen.

Natürlich, so eine Werkstatt macht Arbeit. Es ist ein Aufwand, den Betrieb zu organisieren. Doch es ist machbar, das zeigt etwa das vereinsbetriebene Fablab in München. Um solche Orte, solche Ideen wachsen zu lassen, muss eine Kommune ihren Bürgern etwas zutrauen und diese stärker in Entscheidungen einbinden. Jedes Jahr ziehen neue Menschen nach Grünwald und mit ihnen neue Ideen. Die Gemeinde hätte die Möglichkeiten, diesen Raum zu geben. Gelingt das, trägt Bürgerengagement zum Nutzen der ganzen Ortsgemeinschaft bei.

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