Grünwald:Eintrag in eigener Sache

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Valentin Pruy gestaltet seit Jahrzehnten die Seiten des Goldenen Buches der Gemeinde Grünwald. Am Dienstag durfte er sich selbst zwischen all den prominenten Einwohnern und Gästen verewigen.

Von Udo Watter, Grünwald

Feine Linien ziehen, Symbole kolorieren, charakteristische Motive gestalten, Konterfeis skizzieren: Wenn Valentin Pruy die Seiten des Goldenen Buches der Gemeinde Grünwald für einen Eintrag vorbereitet, lässt der gelernte Werbegrafiker höchste Sorgfalt walten. Er sieht sich weniger als Künstler, vielmehr als Kunsthandwerker, der mit Stift und Feder gleichsam die formschöne, kalligrafisch elaborierte Bühne schafft, auf die dann die erwählte Persönlichkeit ihre Unterschrift setzen darf. Am Dienstag hat sich der gebürtige Schwabinger, der seit Mitte der Siebzigerjahre in Grünwald lebt, selbst in das Goldene Buch eintragen dürfen. "Es ist mir eine Ehre", sagte er beim Akt im Rathaus. "Es ist mir eine Ehre und eine Freude", entgegnete Bürgermeister Jan Neusiedl.

Anlass für diese Würdigung des Malers und Zeichners, der auch zahlreiche Motive aus der Grünwalder Umgebung in immer wieder neuen Varianten dargestellt hat, war sein 90. Geburtstag am 14. April dieses Jahres. Wegen gesundheitlicher Probleme kam es erst jetzt zum Treffen im Zimmer des Bürgermeisters, wo Pruy mit seiner Frau Emilie auch die ein oder andere Anekdote erzählte. So habe ihn die stets achtsame Gemahlin etwa glücklicherweise darauf aufmerksam gemacht, dass man Edmund Stoiber nicht mit "eu" schreibe. Ihr ist es in gewisser Weise auch zu verdanken, dass die Pruys überhaupt nach Grünwald zogen: Bei einer Radltour dorthin hatte sie eine SZ dabei und entdeckte dort ein Inserat: Drei-Zimmer-Wohnung mit Kaminzimmer. "Das war die Zündung", erinnert sich Valentin Pruy. "Das Kaminzimmer." So zogen die beiden Münchner, die sich beim Tanzkurs im Nationaltheater kennengelernt hatten, nach Grünwald und fühlten sich dort schnell heimisch. "Wir leben sehr gerne hier", sagt Emilie Pruy und mit Blick zum Bürgermeister: "Unter Ihrer Obhut." Der so umschmeichelte Neusiedl ließ es sich freilich auch nicht nehmen, Komplimente zu verteilen. Er erinnerte daran, dass Pruy schon bald nach seinem Umzug für die "Freunde Grünwalds" aktiv wurde, für die er oft Plakate malte. Die Seiten im Goldenen Buch der Gemeinde zu gestalten begann er 1984.

Mittlerweile gibt es zwei Exemplare, das erste wurde 1952 initiiert, als eine der ersten eingetragen haben sich übrigens die Fußball-Weltmeister von 1954, die im Vorfeld des Turniers an der Sportschule Grünwald trainiert hatten. Etwa ein Drittel dieses Exemplares hat Pruy mitgestaltet, während er für das zweite Goldene Buch komplett verantwortlich zeichnet. Beim Durchblättern wird deutlich, dass der mondäne Münchner Vorort neben berühmten Einwohnern auch jede Menge prominente Gäste hatte. Politiker wie Richard von Weizsäcker oder Franz Josef Strauß haben mit ihrer Signatur gezeichnet, aber auch Grünwalder wie Blacky Fuchsberger, Max Greger und die Kessler-Zwillinge Alice und Ellen. Sie alle und auch den verstorbenen langjährigen Bürgermeister Hubertus Lindner hat Valentin Pruy mit gekonntem Strich porträtiert.

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Wenn das aus bibliophiler Sicht wertvolle Goldene Buch bei ihm daheim war - und das war in den vergangenen Jahrzehnten häufig der Fall - ging er hochprofessionell damit um. "Das ist ein Heiligtum", sagt er. Viele Symbole, Accessoires oder Medaillen, die er darstellte, waren klassischer Natur - die bayerische Raute bei Strauß, der Hirtenstab beim Kardinal. Mitunter hat er sich aber auch grafisch-kreativ und sogar karikaturhaft entfaltet: Besonders gelungen ist eine Seite, die 105 Jahre "Elektrische" zwischen München und Grünwald thematisiert: Flankiert von Verzierungen und gekrönt von einer Trambahn attackiert da im Zentrum der Seite das Münchner Kindl mit Schwert einen gut gepanzerten Grünwalder Ritter - Zeichen dafür, dass sich die beiden Kommunen in dieser Frage nicht immer grün waren.

Valentin Pruy selbst hat im Goldenen Buch eine Doppelseite bekommen: der Bildhauer Ivo Krizan hat ein schönes Porträt von ihm gezeichnet und der Maler Waldemar Straub in verzierten Lettern ihn gewürdigt: "Die Gemeinde Grünwald dankt unserem Heimatmaler und Gestalter unzähliger Seiten des Goldenen Buches für sein künstlerisches Wirken." Pruy zeigte sich angetan von den Gestaltungen, merkte aber auch an, dass da ein, zwei S-Buchstaben eigentlich in einer anderer Variante hätte gezeichnet werden müssen. Da war sie wieder, die Sorgfalt des Handwerkers.

© SZ vom 12.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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