Grünwald:Die Häuser aus der Nachkriegszeit haben ausgedient

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Mario Kurtek von der Baugenossenschaft Grünwald freut sich, dass die Bewohner die neuen Häuser annehmen. (Foto: Claus Schunk)

Die Baugenossenschaft Grünwald ersetzt die ältesten Wohnungen durch neue. Die meisten Mieter sind bereits umgezogen

Von Claudia Wessel, Grünwald

"Alle sind gerne umgezogen", sagt Mario Kurtek. Ein erfreuliches Fazit für den hauptamtlichen Vorstand der Gemeinnützigen Baugenossenschaft Grünwald. Und kein selbstverständliches. Denn viele der Menschen, die aus ihren Wohnungen mussten, waren nicht mehr die Jüngsten, auf die folglich die Weisheit zutrifft, dass man einen alten Baum nicht verpflanzen sollte. Allerdings mussten sich die 87 Bewohner der ältesten Häuser der Genossenschaft aus den Jahren 1949/1950 nur wenige Meter bewegen. Die Neubauten wurden direkt neben den Altbauten errichtet.

Nach dem Zweiten Weltkrieg herrschte auch in Grünwald große Wohnungsnot. Daher wurde die Baugenossenschaft gegründet, die die Häuser seinerzeit sehr schnell errichtete. Es liegt einerseits daran, andererseits am damaligen Baustandard, dass es nach fast 70 Jahren keine sinnvolle Möglichkeit der Sanierung gab. Die alten Häuser waren zugig, hellhörig und enthielten viele Durchgangszimmer. Daher fiel die Entscheidung, die ältesten Häuser abzureißen und durch Neubauten zu ersetzen. Und dabei nachhaltig und "besonders wirtschaftlich" zu bauen, so Kurtek. Alle Häuser wurden und werden als Effizienzhäuser errichtet, die gegenüber einem normalen Neubau bis zu 45 Prozent an Energie einsparen. Nicht zuletzt werde der Standard durch den Anschluss an die Geothermie erreicht, so Kurtek. Die betroffenen Häuser befinden sich in der Josef-Kogler-Straße, Josef-Sammer-Straße, Fritz-Kneidl-Straße, Josef-Würth-Straße und Oberhachinger Straße. Insgesamt hat die Genossenschaft im Laufe der Jahrzehnte in sieben Bauabschnitten mehr als 300 Wohnungen gebaut.

87 Parteien sind vom Umzug betroffen. Sie umzusiedeln ist ein großer organisatorischer Aufwand. Mario Kurtek hat eine mehrseitige Tabelle vor sich liegen, auf der die Namen und die jeweils erledigten und noch bevorstehenden Termine verzeichnet sind. "Ich habe mindestens drei Termine mit jedem betroffenen Mitglied", sagt Kurtek. Man hätte auch eine öffentliche Informationsveranstaltung machen können, sagt der Vorstand, doch erfahrungsgemäß kommen danach trotzdem noch so viele Nachfragen, dass es effektiver war, gleich Einzeltermine zu vereinbaren. Beim ersten Gesprächstermin wurde der Umzugstermin bekanntgegeben - das war zwei bis drei Jahre vorher.

Beim zweiten Termin wurde ein Vormietvertrag abgeschlossen, damit die Mieter schon eine Sicherheit hatten. Beim dritten Termin dann wurde der endgültige Mietvertrag unterschrieben. Und natürlich konnten bei allen Terminen die ganz persönlichen Fragen der Umziehenden besprochen und ihre Sonderwünsche für die neue Wohnung berücksichtigt werden. So etwa konnte man sich für oder gegen eine Badewanne entscheiden. Auch bezügliche der Küchen wurde eine Umfrage bei den Betroffenen gestartet, in der sie zwischen offenen und geschlossenen Küchen entscheiden konnten. Die Mehrheit war für offene.

Inzwischen sind schon die meisten Mieter umgezogen in die neuen Gebäude, die quasi parallel zum Abriss der alten errichtet wurden. Die letzten Bewohner ziehen demnächst auch noch um. Im zweiten Bauabschnitt kann man dann vermutlich schneller bauen. Die Planung für diese Grundstücke steht aber noch aus, zuerst einmal soll der große Umzug erfolgreich abgeschlossen werden.

Sogar ein mehr als 90 Jahre alter Bewohner ist laut Kurtek gerne umgezogen. Auch er habe sich über das nagelneue Echtholzparkett in der ganzen Wohnung und die Barrierefreiheit gefreut. Die Miete in den Neubauten beträgt nun 9,90 Euro, dafür aber seien die Heizkosten weit geringer als in den zugigen Altbauten, versichert Kurtek. Und im Vergleich zu den Mieten auf dem freien Markt, wo man zurzeit bei Wiedervermietung in Grünwald mit rund 16,77 Euro pro Quadratmeter rechnen müsse, in Neubauten mit noch mehr, sei es immer noch sehr günstig. Circa 130 Mitglieder stehen auf der Warteliste. "Es kann Jahre dauern, bis sie eine Wohnung finden", warnt Kurtek. Es kann aber auch ganz schnell gehen. Dass es durchaus eine Fluktuation bei den Mietern gibt, hat sich auch beim großen Umzug gezeigt. Alle konnten untergebracht werden, auf Wunsch auch in Bestandswohnungen, die frei geworden waren.

© SZ vom 04.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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