Grasbrunn:Das Gemeinschaftswerk lohnt sich

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Funktionierender Dorfladen: Chefin Johanna Mayer (rechts) berät gerne die Kunden. (Foto: Angelika Bardehle)

Vor sechs Jahren gründeten Bewohner des Ortsteils Harthausen einen Dorfladen. Der erzielt keine hohen Überschüsse, doch für die Grundversorgung ist er vielen Gold wert.

Von Bernhard Lohr, Grasbrunn

Mut und Eigeninitiative können sich auszahlen. Den Bewohnern des Grasbrunner Ortsteils Harthausen hat eine Entscheidung, die sie vor sechs Jahren getroffen haben, einen Zuwachs an Lebensqualität gebracht und in begrenztem Maß auch in barer Münze. Sie lösten das Problem, keinen Laden für die Güter des täglichen Bedarfs mehr im Dorf zu haben, mit der Gründung einer Gesellschaft, an der sich eine ganze Reihe von ihnen direkt beteiligte. 191 Bürger brachten ein Stammkapital von 42 400 Euro als Darlehen auf. Und los ging es: Im vergangenen Jahr wurde ein Umsatzerlös von 303 269 Euro erzielt. Der Jahresüberschuss betrug 4250 Euro. Bilanzgewinn: 13 014 Euro.

Es war kein Jahr, in dem große Sprünge gemacht wurden. Doch wie sich in der Gesellschafterversammlung kürzlich zeigte, ist das auch gar nicht das Ziel des Projekts, von dem das Dorf, in dem 2003 der letzte kleine Laden dicht machte, auf grundlegende Weise profitiert und das nebenbei auch manche Erkenntnis am Rande liefert. So fragt man sich gerade, ob es in Harthausen mittlerweile deutlich weniger Raucher gibt und woran das liegen könnte. Denn in der Gewinn- und Verlustrechnung war im Jahr 2014, auf das bilanziell zurückgeblickt wurde, bei den Rauchwaren ein Rückgang von knapp 16 Prozent zu verzeichnen, obwohl der Verkaufspreis der Zigaretten in diesem Zeitraum durch Steuererhöhungen gestiegen war. Auch sonst ging der Umsatz im Laden um 8172 Euro, also um 2,6 Prozent, zurück.

Rund ein Viertel der stillen Gesellschafter hatten sich zur Versammlung eingefunden. Zum Umsatzrückgang bemerkte Geschäftsführerin Johanna Mayer, dass der Dorfladen teilweise abhängig von der älteren Bevölkerung sei. Man registriere sofort, wenn Todesfälle einträten oder Personen in ein Alten- oder Pflegeheim kämen. Ferner habe es in Harthausen mehrere Baustellen gegeben, die im Laufe des Geschäftsjahrs beendet worden seien. Es schlage sich in der Bilanz nieder, wenn über einen längeren Zeitraum Brotzeiten, Getränke und Pausenlektüre an die Bauarbeiter verkauft würden. Angesprochen wurde in der Versammlung das Thema Mindestlohn. Weil die meisten Verkäuferinnen als geringfügig Beschäftigte angestellt seien, hieß es von der Geschäftsführung, sei die damit verbundene Aufzeichnung über die Arbeitszeiten zeitintensiv.

Großen Wert wird auf regionale Produkte gelegt. "Unsere Kartoffeln sind wohl nicht die schönsten und saubersten", hieß es, "aber die besten, und sie kommen aus Harthausen, so wie ein Teil weiterer Artikel". Der Einwand des Kartoffellieferanten über die Sauberkeit wurde laut Bericht von der Versammlung von den Anwesenden lächelnd zur Kenntnis genommen. Positiv sei der Wechsel der Bäckerei gewesen. Man bemühe sich weiterhin, mehrere Waren aus der Region anzubieten, sei aber auch teilweise bei einem Gros des umfangreichen Sortiments an den Lieferanten vertraglich gebunden.

Die Teilhaber waren demnach damit einverstanden, dass heuer keine Dividende ausbezahlt werde, weil im kommenden Jahr größere Ausgaben anstehen. Bei der Versammlung habe das Verkaufspersonal viel Lob erhalten, allen voran die Chefin Johanna Mayer. Es habe sich gezeigt, dass die Harthauser ihren Dorfladen liebten.

Der Laden wurde einst im alten Feuerwehrgerätehaus in Eigenleistung von Harthauser Bürgern geschaffen. Alle halfen damals mit. Maurer, Elektriker, Schreiner und Heizungsbauer berechneten nur die Materialkosten, nicht ihre Arbeitszeit. Bis heute funktioniert das Gemeinschaftswerk, wie Steuerberater Hans Albrecht in der Versammlung den Gesellschaftern vorrechnete. Das Festgeldkonto sei zwar nicht so hoch wie beim FC Bayern München. Dennoch habe der Harthauser Dorfladen seinen Zahlungsverpflichtungen immer fristgerecht nachkommen können. Die Wareneinsatzkosten betrugen 201 902 Euro. Bezogen auf die Umsatzerlöse entspricht dies 68,6 Prozent. Nach Auskunft von Geschäftsführerin Johanna Mayer können auch zum jetzigen Zeitraum noch Anteile erworben werden. Neue Gesellschafter seien stets willkommen.

© SZ vom 23.12.2015 / belo - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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