Gewalt gegen Mitarbeiter:Kampfzone Wertstoffhof

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Am Montag herrschte Ruhe, weil der Wertstoffhof geschlossen war. Sonst kommt es in Neukeferloh offenbar immer wieder zu Auseinandersetzungen. (Foto: Sebastian Gabriel)

Nach gewalttätigen Übergriffen von Bürgern will die CSU in Grasbrunn die Beschäftigten mit Pfefferspray ausstatten. Die Gemeinde lehnt dies ab.

Von Iris Hilberth, Grasbrunn

Gartenabfälle hinten links, Elektronikgeräte in den Container gegenüber und in den gelben Sack nur Verpackungsmüll. Für Mitarbeiter der Wertstoffhöfe gilt es, stets im Blick zu behalten, wo genau was abgeladen wird. Und bei nachlässiger Sortierung die Kunden auf Fehler hinzuweisen, damit nichts in der falschen Tonne landet. Doch nicht immer sind diese mit Zurechtweisungen einverstanden, sonder reagieren häufiger aggressiv. In Grasbrunn gab es sogar Fälle von Handgreiflichkeiten, sodass der CSU-Gemeinderat und Dritte Bürgermeister Michael Hagen jetzt Alarm schlägt und die Ausstattung der Mitarbeiter mit Pfefferspray fordert.

Die Zweite Bürgermeisterin Iris Habermann (SPD) bestätigt die Vorfälle, von denen Hagen in einem offenen Brief berichtet. Demnach hatte ein Kunde im Juni einen Mitarbeiter massiv beleidigt, als dieser die Annahme eines gelben Sacks verweigerte, da sich in der Tüte Restmüll befand. Der Kunde sollte ihn entweder zu Hause oder in einem dafür bestimmten Container am Wertstoff entsorgen. Daraufhin sollen Sätze gefallen sein wie: "Das geht euch einen Scheiß an, was ich wegschmeiße, ihr Nazis" und "Zu was seid ihr denn da, ihr Arschlöcher? Komm raus, dann stech' ich dich ab." Der Mann sei daraufhin vom Wertstoffhof verwiesen worden, schildert Hagen, war draußen dann aber offenbar mit einem anderen Kunden in Streit geraten und hatte diesen verletzt. Der CSU-Gemeinderat verweist zudem auf einen Vorfall vor einigen Jahren, bei dem einem Wertstoffhofmitarbeiter die Nase gebrochen wurde. Für Hagen sind bedrohliche Situationen "keine Einzelfälle" mehr. "Konflikte haben zugenommen, die Schwelle zur Gewalt ist gesunken", sagt er.

Im Rathaus sieht man die Vorfälle allerdings als Einzelfälle. "Wir werden unsere Wertstoffhofmitarbeiter nicht aufrüsten, damit sie sich gegen die Bürger wehren können", sagt Habermann und berichtet von einer Amtsleitersitzung, in der man sich darauf verständigt habe, auf keinen Fall Pfefferspray zu verteilen. Allerdings wird man mehr Mitarbeiter einsetzen. War unter der Woche bislang öfter nur einer alleine tätig, werden nun stets mindestens zwei zum Dienst eingeteilt. Vor allem auch, weil man feststellt, dass "die Bürger immer fordernder und aggressiver werden, wie anderswo im alltäglichen Leben auch", sagt die Zweite Bürgermeisterin.

Umgang mit schwierigen Kunden üben

Auch in anderen Gemeinden müssen Mitarbeiter der Wertstoffhöfe mit schwierigen Kunden umgehen. So berichtet Christoph Schebelle vom Verein für berufliche Integration, der mit dem Zweckbetrieb Ramadama im Auftrag der Gemeinden Unterhaching, Taufkirchen und Aschheim die Wertstoffhöfe betreibt, auch von Situationen, in denen die Kunden pampig würden. Oft auch, weil sie ihre Sachen nicht schnell genug entsorgen könnten. "Solches Verhalten gibt es aber schon immer", sagt er. Aus dem Zweckverband Südost in Ottobrunn heißt es, dass aggressives Verhalten auch wetterabhängig ist. Gerade in der Urlaubszeit komme es schon mal zu längeren Wartezeiten. Von Tätlichkeiten aber sei nichts bekannt. Auch in Unterhaching ist man im Rathaus wieder zufrieden mit den Abläufen im Wertstoffhof. Hier hatte man eine Zeitlang das Problem, dass sich Kunden untereinander stritten - und nicht weil sie Müll loswerden wollten, sondern um die besten Stücke, die andere wegwerfen wollten. "Das haben wir aber mit mehr Personal wieder gut in den Griff bekommen", sagt Bauamtsleiter Stefan Lauszat, der die Mitarbeiter von Ramadama ausdrücklich lobt. In dem Verein legt man großen Wert auf die Kommunikation mit den Kunden und hält interne Schulungen ab.

Offenbar gibt es dafür Bedarf. "Schwierige Situationen auf dem Wertstoffhof" lautet der Titel eines Seminars, das die Akademie Dr. Obladen aus Nordrhein-Westfalen regelmäßig anbietet, die vor allem Schulungen für die Kommunalwirtschaft im Programm hat. "Wir kommen mit vielen kommunalen Kunden etwa in Seminarpausen ins Gespräch, und da hat sich in den vergangenen Jahren herausgestellt, dass es einen Bedarf gibt", berichtet Mitarbeiterin Christine Vogt. Auf dem Seminarplan steht neben den Themen "Wartezeiten" und "Schwindeleien um Abfallarten und -mengen" auch "Aggressives Verhalten von Kunden".

© SZ vom 31.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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