Geothermie in Unterhaching:Grünwald erwägt wohl komplette Übernahme

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Nach dem Einstieg 2013 interessiert sich die Nachbargemeinde offenbar für die gesamte Erdwärme-Produktion von Unterhaching. Womöglich steht sogar das ganze Fernwärmenetz vor einem Besitzerwechsel.

Von Michael Morosow, Grünwald/Unterhaching

Vor knapp drei Jahren hat sich die Gemeinde Grünwald für 23,5 Millionen Euro in das Unterhachinger Geothermie-Unternehmen eingekauft. Nunmehr erwägt sie offenbar, die komplette Geothermie-Produktion der Nachbarkommune zu übernehmen, möglicherweise sogar deren komplettes Fernwärmenetz. Nach vertraulichen Informationen der SZ laufen in Grünwald bereits die Vorbereitungen dafür, zumindest auf Bürgermeisterebene.

Sowohl Andreas Lederle, Geschäftsführer des Grünwalder Geothermieunternehmens EWG, einer hundertprozentigen Tochter der Gemeinde, als auch Wolfgang Geisinger, Geschäftsführer der Unterhachinger Geothermie-Gesellschaft, wollten keine Stellungnahme dazu abgeben; beide mit dem Verweis darauf, dass dies Sache der Gesellschafter sei, also der Gemeinden.

"Von mir gibt es dazu Nullkommanull Kommentar. Wir bleiben in der Sache seriös und werden nie aus nicht-öffentlichen Sitzungen plaudern", sagte Lederle am Freitag zur SZ. "Nur so viel, beide Gesellschaften sind nicht in Not", sagte Geisinger. Ein Dementi kam von beiden Geschäftsführern nicht. Eine Stellungnahme lehnte auch der Unterhachinger Rathaussprecher Simon Hötzl ab. Nicht die Kommune, sondern die beiden Gesellschaften seien dafür zuständig, "von Gemeindeseite dementiere ich", sagte Hötzl. Grünwalds Bürgermeister Jan Neusiedl (CSU) war am Freitag für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Wenn der aufsehenerregende Deal tatsächlich über die Bühne geht, dann wäre er eine beinahe logische Folge des ersten Vertragsgeschäftes zwischen beiden Gemeinden Ende 2013. Damals hatte die Erdwärme Grünwald GmbH (EWG) zum Preis von 23,5 Millionen Euro 50 Prozent an der Geothermie Unterhaching Produktions-GmbH erhalten, die eigens für diesen Zweck gegründet werden musste. Dazu zählen alle technischen Anlagen, die der Stromproduktion dienen. Von den Einnahmen durch die Einspeisung des erzeugten Stroms ins Netz kassiert die EWG seither die Hälfte.

Bürgermeister Panzer will das Vorzeigeprojekt loswerden

Es war eine Win-Win-Situation für beide Gemeinden. Für die Unterhachinger, die unter einer Schuldenlast stöhnten und weitere Investitionen in ihre Geothermie scheuten, trug der Geldsegen aus Grünwald zur finanziellen Erholung bei, und die Grünwalder zeigten sich sicher, eine gute Geldanlage an Land gezogen zu haben. Aber auch nach dem Deal mit Grünwald wuchs die Freude der Unterhachinger über ihre zwar innovative, aber weiterhin den Haushalt belastende Geothermie nicht. Im Gegenteil: Im Vorjahr äußerte Bürgermeister Wolfgang Panzer (SPD) in nicht-öffentlicher Sitzung den Wunsch, lieber heute als morgen das einstige Vorzeigeprojekt loszuwerden, notfalls für einen symbolischen Euro.

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Damit war er nicht allein. "Im Gemeinderat herrscht die Meinung vor, je schneller wir das Ding loswerden, umso besser", sagte damals ein CSU-Vertreter, der ungenannt bleiben wollte. Heute traut sich selbst anonym kein Ratsmitglied mehr, zum Thema Geothermie Details zu nennen. Das dürfte mit Panzers Drohung zu tun haben, das nächste Mal nach der Quelle zu suchen und den Informanten zur Rechenschaft zu ziehen. Viel von neuerlichen Vertragsverhandlungen zwischen beiden Kommunen könnten dabei weder die Unterhachinger noch die Grünwalder Gemeinderäte berichten. "Wir wissen davon nichts", heißt es hier wie dort.

Nur zu einem Punkt wollte und konnte sich am Freitag ein Unterhachinger Ratsmitglied äußern: "Wenn, dann geht es nur um die Produktions-GmbH, das Fernwärmenetz wollen wir in jedem Fall behalten." Anderes verlautet aus der Isartalgemeinde: "Wenn, dann will Neusiedl beides", glaubt ein Grünwalder Gemeinderat zu wissen. Grund seiner Überzeugung: Schon jetzt produzieren beide Geothermie-Anlagen mehr Wärme, als das Netz verarbeiten kann. Und einen schnellen Netzausbau könnte sich Grünwald, aber nicht Unterhaching leisten.

© SZ vom 26.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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