Höhenkirchen-Siegertsbrunn:Tausend Jahre und ein paar Zerquetschte

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Dass die Kirche Mariä Geburt in Höhenkirchen vor ungefähr tausend Jahren erstmals erwähnt wurde, will die Gemeinde in den nächsten Jahren irgendwann groß feiern. (Foto: Sebastian Gabriel)

Die Gemeinde plant ein Jubiläumsjahr anlässlich der ersten urkundlichen Erwähnung von Höhenkirchen. Weil die nicht genau datiert werden kann, ist man beim Termin noch flexibel.

Von Bernhard Lohr

Höhenkirchen-Siegertsbrunn - Jetzt haben sie eben erst gefeiert. Auf das mehrtägige Leonhardi-Fest mit Jahrmarkt, Umritt und Bierzeltgaudi folgte das Ökofestival der Energieagentur der Landkreise München und Ebersberg. Als hätte man damit nicht genug, plant der Gemeinderat von Höhenkirchen-Siegertsbrunn in seiner jüngsten Sitzung das ganz große Spektakel. Weil Höhenkirchen vor tausend Jahren zum ersten Mal urkundlich erwähnt wurde, soll es ein Jubeljahr geben. Gerne würde man das mit dem Kulturfestivals des Bezirks verbinden. Man würde dann Zamma-Gemeinde werden, so wie zuletzt Haar, hieß es.

Das mit der Tausendjahrfeier in Höhenkirchen ist eine etwas verzwickte Sache. Denn so klar ist das mit der Datierung nicht. Ausschlaggebend ist die erste schriftliche Erwähnung des Orts in einer Urkunde des Freisinger Bischofs Egilbert, der die Kirche Mariä Geburt in Höhenkirchen dem Kloster Schäftlarn übertrug. Allerdings fehlt auf dieser das Datum. Der Landeshistoriker Florian Sepp sah sich vor einigen Jahren die Urkunde schon einmal genauer an und grenzte deren Entstehungszeit ein. Er griff auf frühere Untersuchungen zurück. So hatte man im 18. Jahrhundert das Jahr 1020 angenommen. Eine wissenschaftliche Studie legte dann 1953 den Zeitraum für die erste Erwähnung Höhenkirchens auf die Jahre 1005 bis 1023 fest.

Dass die Kirche Mariä Geburt in Höhenkirchen vor ungefähr tausend Jahren erstmals erwähnt wurde, will die Gemeinde in den nächsten Jahren irgendwann groß feiern. (Foto: Sebastian Gabriel)

Das nahmen die Unabhängigen Bürger schon 2005 zum Anlass, um mit ihrem Gewährsmann Florian Sepp eine Tausendjahrfeier zu beantragen. Obwohl man die übliche Praxis anführte, den frühestmöglichen Zeitpunkt für eine Feier zu wählen, ließ man es damals bleiben. Es fehlte einerseits am Geld. Manchem war das auch zu kurzfristig. Bürgermeisterin Ursula Mayer (CSU) bekannte, dass sie gerne feiere, und schlug vor, das Jahr 2020 anzupeilen.

Erst einmal ein Festkomitee

Dem könnte man jetzt langsam nähertreten. Die CSU stellte diesmal den Antrag, das zu tun, und viele Gemeinderäte zeigten sich erneut begeistert von der Idee, ein Jubiläumsjahr auszurichten. Doch einige äußerten Bedenken, ein solches Ereignis im Jahr der Kommunalwahl zu veranstalten. Andere äußerten Zweifel, die Ausrichtung eines solchen Fests jetzt zu beschließen, das dann der 2020 neu gewählte Gemeinderat verantworten müsste. Dennoch nahm der Gemeinderat nicht Abstand von der Sache. Er beschloss einstimmig, dass es die Feier geben soll, irgendwann zwischen 2020 und 2025. Mindy Konwitschny (SPD) empfahl zudem, möglichst bald ein Festkomitee einzurichten, das die weiteren Schritte planen solle. Und Andrea Hanisch (CSU) steuerte eine Idee bei, wie das Jubiläum unter möglichst breiter Beteiligung der Bevölkerung gelingen könnte.

Sie rief die Gemeinde dazu auf, sich als Austragungsort für das alle zwei Jahre stattfindende Zamma-Festival des Bezirks Oberbayern zu bewerben. Bei dem achttägigen Mitmach-Fest, das einen inklusiven und kulturellen Auftrag miteinander verbindet, würden die Vereine intensiv eingebunden, sagte Hanisch. Das "Zusammengehörigkeitsgefühl" werde gestärkt. Das passe genau zur Intention eines Jubiläumsfests. Ein Großteil der Kosten werde zudem vom Bezirk übernommen. Erst 2017 hat die Gemeinde Haar ein solches Festival veranstaltet. Bei 120 Events - vom Konzert bis zur Ausstellung mit tausend Aktiven - wurden dort im Vorjahr 23 000 Besucher gezählt. Vorgänger war zwei Jahre zuvor die Stadt Freising, aktuell laufen in Garmisch-Partenkirchen die Vorarbeiten für das Festival im Jahr 2019.

Das Zamma-Festival des Bezirks fand zuletzt in Haar statt. (Foto: Claus Schunk)

Abgesehen davon könnte das Jubiläum auch die Gelegenheit bieten, sich mit Höhenkirchens Geschichte näher zu befassen. Die jüngere Historie hat man in diesem Jahr etwas vernachlässigt, wie Gudrun Hackl-Stoll (Grüne) im Gemeinderat kritisierte. Die Vereinigung mit Siegertsbrunn bei der Gebietsreform vor 40 Jahren hätte man feiern und damit das gelungene Zusammenwachsen der Orte würdigen können. Historiker Florian Sepp würde sich wünschen, dass man bei der Gelegenheit auch etwas genauer hinschaut und das historische Bewusstsein schärft.

Die Kirche ist viel älter

Dazu gehört zum einen das Wissen, dass der Ort natürlich tatsächlich viel älter ist als tausend Jahre. Denn die Bausubstanz der Kirche Mariä Geburt lässt sich nach dem Ergebnis von Ausgrabungen in den Jahren 1963/64 auf viel frühere Ursprünge zurückverfolgen. Damals wurden Reste einer romanischen Kirche entdeckt, deren Langhausmauern Florian Sepp zufolge heute noch die Wände des Kirchenschiffs bilden, während der Chor aus der Gotik stammt. Ferner habe man einen hölzernen Vorgängerbau nachgewiesen sowie Reste einer Treppenanlage unbekannten Zwecks.

Florian Sepp könnte sich eine Tausendjahrfeier aber auch als Anlass dafür vorstellen, ganz andere, weniger schöne Aspekte der Ortshistorie zu beleuchten. So war etwa das kleingewerblich strukturierte Höhenkirchen 1933 besonders empfänglich für die Parolen der NSDAP. Die Partei habe dort, ganz anders als im bäuerlich geprägten Siegertsbrunn, große Wahlerfolge eingefahren, sagt Sepp. Dass es Jahre nach dem ersten Antrag jetzt tatsächlich zu einer Tausendjahrfeier kommen soll, findet Sepp jedenfalls gut. "Es freut mich, dass man doch noch darauf zurückkommt."

© SZ vom 02.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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