Garchinger Festjahr:Schweden, bitte melden

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Nicht ohne meinen Gowirich: Der Garchinger Kulturreferent Wolfgang Windisch mit einer Büste des Namensgebers der Stadt. (Foto: Stephan Rumpf)

Garchings Kulturreferent Wolfgang Windisch hat viele Ideen für den historischen Umzug zur 1100-Jahr-Feier. Für die meisten hat er schon die passenden Darsteller gefunden. Doch die Rolle der Krieger, die 1632 einfielen, ist noch frei.

Von Gudrun Passarge, Garching

Ob der Pesttote auf der Bahre ein Mensch oder nur eine Schaufensterpuppe sein wird, das steht noch nicht fest. Überhaupt muss Wolfgang Windisch noch viele offene Fragen klären, bis der historische Festzug am 5. Juli durch Garching wandelt, selbstverständlich mit Namensgeber Gowirich und seiner Familie an der Spitze. Dass es ein großer Auftrieb werden wird mit fast 1000 Beteiligten, mit Dutzenden von Pferdewagen, historischen Fahrzeugen und Musik aus unterschiedlichsten Epochen, das steht schon fest. Auch dass Pfarrer Michael Ljubisic bei seinem Auftritt als Pfarrer Seeanner eine altmodische Brille tragen muss, darauf besteht der Garchinger Kulturreferent. Authentizität bei den historischen Bildern ist Trumpf. "Ben Hur mit goldener Uhr", das kommt für Windisch nicht in Frage.

Der Kulturreferent spricht von "pragmatisch und simpel", wenn er das Programm für den Festzug umschreibt, der immerhin die Zeitspanne von 915 bis 2015 in zirka 60 Bildern auf die Straße bringen soll. Doch was er dann beschreibt, ist alles andere als simpel. Dazu hat Windisch, der lange Jahre Erfahrung als Theatermann gesammelt hat, zu viele Bilder im Kopf, zu viele Ideen, die er umsetzen möchte. "Es wäre doch schade, wenn wir unser Pulver verschießen würden mit tollen Kostümen, die einfach nur über die Straße laufen."

Eine unnötige Sorge, denn zu jedem Thema fällt Windisch etwas ein. Etwa zum gelben Kraftpostomnibus aus den Sechzigern. Den stellt das Deutsche Postmuseum. Zum Fenster rausschauen sollen 16 Vorschulkinder des Kindergartens St. Josef, die wie in einem alten Heile-Welt-Film in die Ferien fahren, mit Schlauchboot, Schmetterlingsnetz, Sandeimer und Schaufel. Dazu laufen Schlager wie "Ich kauf' mir lieber einen Tirolerhut" oder "Zwei kleine Italiener".

"Vor 500 Jahren war hier nichts los, da muss man einfach Dinge behaupten"

Die Rathausmitarbeiter haben viel recherchiert, um so ein umfangreiches Programm zusammenzustellen. Dinge, die passiert sind, wie etwa Napoleons Übernachtung in Garching, die müssten unbedingt rein in den Zug, sagt Windisch, bei anderen Ereignissen ist er etwas großzügiger. "Vor 500 Jahren war hier nichts los, da muss man einfach Dinge behaupten. Und der Humor sollte auch nicht zu kurz kommen."

Denn schließlich soll der Festzug kein "wandelndes Museum" sein, ob nun etwas 1250 oder 1270 passiert sei, das spiele nicht die große Rolle. In der Neuzeit dagegen legen die Organisatoren und zwei beratende Kostümbildnerinnen schon mehr Wert darauf, dass Jahreszahlen und auch Requisiten ganz genau passen. So sollte etwa der Kurfürst Max Emanuel mit seinem Gefolge (dargestellt von der Feuerwehr Hochbrück) eine Gondel dabeihaben, mit der er so gerne auf dem Schleißheimer Kanal herumschipperte. Oder die Isarflößer (Deutscher Alpenverein) von 1830 werden selbstverständlich ein Floß mit sich schleppen. Wobei die meiste Last wohl die Pferde werden tragen müssen, Windisch lehnt moderne Autos als Zugeinrichtung strikt ab.

Viele Vereine wollten ihre eigene Geschichte darstellen

Die Rückmeldung von Bürgern, Kirchengemeinden und Vereinen war bisher sehr gut. Viele Vereine hätten allerdings zunächst die Idee gehabt, sich selbst in der Gründungsphase darzustellen. Bei der Feuerwehr und dem Jahr 1916 haut das hin, sie führt ein Haus mit sich, in dem es brennen soll - damit nehmen die Feuerwehrler Bezug auf ihr damals abgebranntes Feuerwehrhaus. Bei anderen findet Windisch den Vorschlag weniger gut, "wenn es zu viele machen, wird es ja ein ganz normaler Festzug".

Die Garchinger Stadtkicker hat er deswegen überzeugt, doch lieber das Pestbild zu übernehmen. Und die Theatergruppe Hochbrück wird mit einem "Zeiserlwagen" einen Gefangenentransport um 1850 begleiten, "so richtig mit Blechtellern und Geschrei: ,Ich will hier raus'", sagt Theatermann und Festzugregisseur Windisch, der sich nicht davor scheut, manche Bilder comicartig zu gestalten.

Auch beim Bajuwaren Gowirich, dem Garching seinen Namen verdankt, hat er klare Vorstellungen. Dargestellt wird er im Festzug von Josef Euringer. Er bekommt auch noch eine Frau, eine Kindsmagd und zwei Söhne an die Seite gestellt. Auf jeden Fall will Windisch noch kleine Texte für den Landbesitzer schreiben. Mit weit ausladenden Handbewegungen intoniert er schon mal Bruchstücke: "Alle mir nach." Oder etwas in der Art.

Trotz aller Bemühungen sind allerdings noch nicht alle Bilder besetzt, die der Kulturreferent auf seiner Liste stehen hat. So hat sich beispielsweise noch niemand als Darsteller des Nobelpreisträgers Werner Heisenberg gefunden, nach dem ja auch das Garchinger Gymnasium benannt ist. Und wenn es jemand den Schweden gleichtun will, die um 1632 in Garching eingefallen sind, auch das wäre noch zu vergeben.

T-Shirts, Brillen und Swachtch-Uhren sind verboten

Bis zum 8. Mai noch können sich Interessierte bei Windisch melden. Er selbst wird in dieser Zeit nicht untätig sein. Immer wieder kommen ihm neue Bilder in den Kopf. Er sieht Pfarrer Seeanner schon vor sich, wie er umgeben von Bienenkörben und kleinen Kindern, die als Bienen verkleidet sind, Honigbonbons wirft. Zum Glück trug Seeanner in Wirklichkeit eine kleine Nickelbrille, denn Pfarrer Ljubisic, der in dessen Rolle schlüpft, könnte ohne Brille nichts sehen, wie Windisch erzählt.

Aber sonst gilt: "Ich will keine T-Shirts, keine Brillen und keine Swatch-Uhr sehen." Ob das auch für die mitlaufenden Stadträte gilt, wird sich zeigen, denn noch steht nicht fest, welches Bild sie übernehmen. Auf jeden Fall aber wird die Stadt Requisiten und Kostüme stellen. Gerade sammelt sie die Maßtabellen ein, damit alles passt. Die Daten, so Windisch, würden selbstverständlich vertraulich behandelt.

© SZ vom 23.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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