Wissenschaftscampus Garching:Herz aus Stahlbeton

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Das 200 Meter lange, siebenstöckige Galileo wird das Zentrum des Garchinger Wissenschaftscampus: Mit Audimax für die TU, Restaurants, Geschäften, einem Hotel und Apartments. Am Freitag ist Richtfest, Ende des Jahres soll Eröffnung sein.

Von Gudrun Passarge, Garching

Das Plätschern ist deutlich zu vernehmen. "60 Zentimeter in zwei Tagen", sagt Stefan Handke. Der Geschäftsführer der Moto-Projektmanagement GmbH spricht von einem unerklärlichen Grundwasseranstieg in der Baugrube von Galileo. Hier, wo einmal das Herz des Garchinger Wissenschaftscampus schlagen soll, herrscht rege Bautätigkeit.

Das Richtfest für die "Neue Mitte", wie Galileo auch genannt wird, findet an diesem Freitag, 10. Februar, statt, und es ist noch einiges zu tun. Unerwartete Grundwasserströme stören da eher. Handke hat sich umgehört, in den Nachbargebäuden war es dasselbe. Aber einer der Wissenschaftler hat schließlich die Ursache gefunden, weil er eine ähnliche Situation 2006 erlebt hat. Auch damals war der Garchinger Mühlbach komplett zugefroren, weswegen er kein Wasser mehr in die Isar transportieren konnte. Mit einem Bagger wurde der Bach dann aufgehackt und so das Problem gelöst.

Jeden Tag ist etwas vom Fortschritt auf der Baustelle zu sehen. Für die Wissenschaftler und Studenten soll die "Neue Mitte" endlich Leben auf den Campus bringen, ihn lebenswert machen. Das 200 Meter lange Gebäude mit den sieben Stockwerken wird auf einen Schlag eine Lücke schließen. Nicht nur für die Technische Universität, die einen Audimax mit gut 1300 Plätzen und diverse Kongress- und Hörsäle braucht, sondern auch für die dort Arbeitenden und Studierenden.

Direkte Verbindung zur U-Bahn

Die etwa 25 000 Menschen, die hier am Rande Garchings täglich ein- und ausfahren, hatten bislang keine große Auswahl, etwas wenn es um die Verköstigung geht. Wenn Galileo fertig ist, werden sie zusätzlich zur Mensa oder Kantine noch zwischen italienischen und vietnamesischen Speisen wählen können oder sie kehren im Garchinger Brauhaus ein, das Stefan Handke mit zwei Partnern im Galileo betreiben will, inklusive selbst gebrautem Garchinger Bier. Außerdem zieht der Ingolstädter Metzger Goldbraun ins Haus, er wird Currywurst und Burger anbieten.

Wichtig für viele sind sicher auch der große Edeka und diverse kleinere Geschäfte. Sie alle kommen ins Untergeschoss mit Verbindung zur U-Bahn. Handke spricht von einem Friseur, vielleicht von einer Apotheke. Ziemlich sicher ist sich der Projektleiter dagegen, dass es noch eine Autovermietung geben wird und einen technischen Fachbuchhandel. Aber hier seien die Verträge noch nicht unterschrieben.

Anders als beim Fitness-Center, das eine Filiale von Clever fit sein wird. Außerdem hat eine studentische Arbeitsvermittlung Räume gemietet (Academic Works). Bei den Büroflächen ist ebenfalls schon einiges vergeben. So beispielsweise an den Autozulieferer Dräxlmaier aus Vilsbiburg, der eine Kooperation mit der TU hat und am Campus ein Forschungszentrum einrichten will. Ach ja, Banken hätten auch schon ihr Interesse bekundet, kleine Flächen anzumieten, sagt der Projektleiter.

Als Hotelbetreiber steht die Bierwirth & Kluth Hotel Management GmbH fest, das Courtyard by Marriott wird die 256 Zimmer vermieten. Außerdem bietet ein Gästehaus 154 Apartments für Gastwissenschaftler oder auch Studenten.

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Aber noch gehört Fantasie dazu, sich die Aufteilung vorzustellen, noch bieten riesige Löcher in der Wand viel Durchblick, etwa auf den benachbarten Forschungsreaktor. Auf jeder Ebene begegnen einem dick eingemummelte Arbeiter. Sie tragen unter ihren Helmen Mützen mit Ohrenklappen oder auch noch ein Tuch um den Kopf geschlungen. "Zum Glück war es nur wenige Tage so kalt, dass wir nicht arbeiten konnten", berichtet Handke. Bei zweistelligen Minusgraden müssen die Betonarbeiten ruhen und selbst die Stahlflechter konnten nicht arbeiten, weil ihre Handschuhe am Stahl festfroren. Doch Handke ist zufrieden. Die "Neue Mitte" ist im Zeitplan. Ende des Jahres soll Eröffnung gefeiert werden.

Momentan werden die 2,60 Meter breiten Fassadenelemente aus Glas und Stahl überall eingehängt. Handke macht einen kurzen Abstecher in die zwei Tiefgeschosse, in der 540 Autos abgestellt werden können. Über die künftige Nahversorgungsebene geht er die Treppe zum Erdgeschoss hinauf. Handke macht eine ausladende Handbewegung. Da links kämen die Kirchenräume hin, direkt daneben ein kleiner muslimischer Gebetsraum, erzählt er. Zum Innenhof hin schließen sich die Gästeapartments an, verteilt über mehrere Stockwerke. Die Büros sind eher nach Norden hin ausgerichtet, in der Mitte ist der Kongressbereich.

Geheizt wird mit Geothermie

Aus dem Boden ragen ein paar Schläuche mit Messuhren. "Wir kühlen und heizen über den Boden", erklärt der Projektleiter, Galileo ist an die städtische Geothermie angeschlossen. Die Fassade hat Lüftungselemente, um in der Nacht das Gebäude durchzulüften und herunterzukühlen, "zur Unterstützung leiten wir gekühltes Wasser durch die Decken".

Nur die Hotelzimmer und der Tagungsbereich bekommen jeweils eigene Klimaanlagen. Dazu schaffen diverse Tagungsräume und der riesige Audimax mit seinen 1300 bis 1400 Plätzen die Möglichkeit, in der Campusmitte die unterschiedlichsten Veranstaltungen abzuhalten, Kino inklusive, wofür sich der Filmclub an der TU interessiert. Die divergierende Zahl der Plätze hängt mit der Bühne zusammen, sie kann zur Hälfte abgebaut werden, wenn mal kein Symphonieorchester dort spielt.

Doch bis das 160-Millionen-Euro-Projekt Ende des Jahres seine Türen öffnet, dauert es noch. Zuerst wird Richtfest gefeiert. Natürlich denkt Handke daran, an diesem großen Tag Garchinger Bier auszuschenken. Zusätzlich zur bisherigen Hausmarke der TU vom Campus in Weihenstephan. Für die Gäste ist das eine ideale Gelegenheit, die beiden Biere zu vergleichen. Ob das Bier auch Rückschlüsse auf den jeweiligen Campus zulässt, ist allerdings fraglich.

© SZ vom 07.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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