Elektromobilität:Die Spannung sinkt

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Die zündende Idee für den Elektroantrieb entstand am Lehrstuhl von Dieter Gerlinger. (Foto: Claus Schunk)

Das Unternehmen Volabo aus Neubiberg will mit einem neuartigen Konzept den Antrieb von Elektroautos revolutionieren. Statt mit mindestens 400 Volt kommt es mit 48 Volt aus.

Von Hannes Putfarken, Neubiberg

Eigentlich zu gut, um wahr zu sein. Das mussten die Gründer der Volabo GmbH aus Neubiberg des Öfteren hören, wenn sie ihr neuartiges Motoren-Konzept für Elektroautos anderen Unternehmen und Investoren vorstellten. Nun hat Adrian Patzak, der Geschäftsführer von Volabo, den Antrieb bei einer Veranstaltung an der Universität der Bundeswehr in Neubiberg präsentiert und begeisterte damit die zahlreichen Zuschauer.

Statt Kupferspulen wird ein Statorkäfig aus Aluminiumstäben genutzt

Das Antriebskonzept von Volabo nennt sich "Intelligent Stator Cage Drive" und unterscheidet sich von anderen Elektroantrieben erheblich. Anstelle von aufwendig herzustellenden elektrischen Spulen aus teurem Kupfer wird bei Volabo ein platzsparender, kostengünstiger und umweltfreundlicher Statorkäfig aus massiven Aluminiumstäben verbaut. Bisher verwenden Elektroautos Antriebssysteme mit Batteriespannungen von bis zu 400 Volt, um in Beschleunigung und Komfort den Verbrennern in nichts nachzustehen. In Zukunft ist von einem Spannungslevel von bis zu 800 Volt die Rede. Volabo schlägt einen anderen Weg ein. Das Unternehmen verspricht mit seinem neuen Antriebskonzept die gleiche Leistung von mehr als 300 Kilowatt bei nur 48 Volt.

Auf den ersten Blick wird einem vermutlich nicht sofort klar, was das für Vorteile mit sich bringt. Diese sind in der Praxis aber von großer Bedeutung - für die Automobilindustrie gleichermaßen wie auch für den Autokäufer. Ein Aspekt ist hierbei die Sicherheit. Denn Systeme mit Spannungen von 400 Volt oder höher können nicht so ohne weiteres gewartet werden. Dazu müssten Kfz-Mechaniker zusätzlich geschult werden und das würde wiederum enorme Kosten verursachen. Gleichzeitig sind diese Systeme bei schweren Unfällen nicht absolut sicher, ein elektrischer Schlag kann nicht gänzlich ausgeschlossen werden.

Ein großer Vorteil ist die Sicherheit im Falle eines Unfalls

Mit dem System von Volabo entfällt dieses Problem. Selbst für Kinder oder Haustiere besteht bei 48 Volt keine Gefahr, meint Patzak, man könne mit dem Motor sogar jederzeit gefahrlos in Kontakt kommen. Nur zum Vergleich: Eine übliche Haushaltssteckdose liefert eine Spannung von bis zu 230 Volt. Zwar gibt es bereits andere Firmen, die Systeme mit vergleichbarer niedriger Spannung anbieten, diese Systeme bringen aber nur rund ein Zehntel an Leistung.

Ein weiterer Vorteil ist die geringe Größe des Antriebssystems. Dadurch entstehen zwei Möglichkeiten: Entweder kann die Batteriegröße verkleinert oder die Reichweite des Elektroautos signifikant gesteigert werden. Adrian Patzak beziffert das Energieeinsparungspotenzial auf bis zu 33 Prozent gegenüber konventionellen Elektromotoren. Selbstbewusst spricht Patzak von einem "bisher einzigartigen Produkt". Die Innovationskraft von Volabo wurde dieses Jahr auch schon mit dem "eMove360° Award" gewürdigt.

Um die Idee erfolgreich in die Tat umsetzen zu können, wurde vor einem Jahr schließlich die Volabo GmbH mit Geschäftsführer Adrian Patzak gegründet. (Foto: Claus Schunk)

Dabei entstand die Idee vor gerade mal drei Jahren am Lehrstuhl für Elektrische Antriebstechnik und Aktorik der Universität der Bundeswehr München. Die Fakultät unter der Leitung von Dieter Gerling ist weltweit mit führend, was Elektroantriebe für Pkw anbelangt. Vor mehr als einem Jahr wurde das Projekt aus der Uni ausgegliedert und die Volado GmbH gegründet, damit weiteren Erfolgen nichts im Weg steht. Über den bisherigen Werdegang des noch jungen Unternehmens zeigt sich Gerling äußerst stolz: "Das ist der Verdienst von einem großartigem Team und sie können mit ihrem Antrieb Maßstäbe in der Elektromobilität setzen." Auch Patzak bezeichnet die eigenen Ziele als ehrgeizig aber "ein bisschen Größenwahn muss wohl sein, wenn man erfolgreich sein will und von seinem Produkt so überzeugt ist, wie wir es sind."

Für die Massenproduktion sucht das Unternehmen noch Investoren

Ganz so weit ist man dann aber doch noch nicht. Denn auch wenn das Interesse aus der Industrie groß ist, fehlen bisher noch die nötigen Investoren, um in die Massenfertigung überzugehen. Bisher finanziert sich Volabo ausschließlich über einzelne Kundenaufträge. Um ihr Produkt besser präsentieren zu können, soll deshalb möglichst noch in diesem Jahr ein erstes Fahrzeug mit dem von Volabo entwickelten Motor für Demonstrationszwecke fertiggestellt werden.

Und die Zeit drängt. "Der Zug in der Elektromobilität fährt schneller ab, als man denkt", ist sich Patzak bewusst. "In gut zehn Jahren werden schon längst alle elektrisch fahren", prophezeit auch Dieter Gerling, "dafür überwiegen einfach die Vorteile gegenüber den herkömmlichen Verbrennungsmotoren." Außerdem schreite die Entwicklung bei Schnellladesystemen rasant voran. Ladezeiten von knapp zehn Minuten hält Gerling schon bald für realistisch. Bis dahin will Volabo weiter an seinem Antriebssystem feilen, um letztlich auch die letzten Skeptiker überzeugen zu können.

© SZ vom 14.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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