Coronavirus:Rettende Luft aus Pullach

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Um die deutlich angestiegene Nachfrage nach Sauerstoff für Beatmungsgeräte hierzulande zu bewältigen, verdoppelt der Gase-Hersteller Linde die Produktion

Von Michael Morosow, Pullach

Mit der Idee und der Herstellung von Kältemaschinen im Jahr 1873 hat Carl von Linde einen Meilenstein in der Lebensmittelbranche gesetzt, seit dem Ausbruch der Corona-Epedemie weltweit ist die Produktion des Pullacher Gaseherstellers gar systemrelevant: Um die deutlich angestiegene Nachfrage nach Sauerstoff für Beatmungsgeräte hierzulande zu bewältigen, hat der inzwischen zu den führenden Gase- und Engineeringunternehmen der Welt aufgestiegene Technologiekonzern seine Produktion von medizinischem Sauerstoff in Flaschen annähernd verdoppelt. Es werde nunmehr auch an Wochenenden und Feiertagen produziert und zudem sei die Fahrzeugflotte erweitert und die Lieferfrequenz erhöht worden, sagte am Mittwoch Unternehmenssprecher Matthias Dachwald zur SZ.

"Wir wollen keine Kriegsgewinnler sein", betont Dachwald, man sei sich vielmehr der Verantwortung bewusst. Die Versorgung des Gesundheitswesens stehe nun weit oben auf der Agenda. Die Mitarbeiter in allen Bereichen leisteten den größtmöglichen Einsatz, um den zunehmenden Bedarf an medizinischem Sauerstoff und die Versorgung der kritischen Industrien sicherzustellen, heißt es dazu aus dem Unternehmen. Sauerstoff ist dabei nur eines von vielen Produkten des Industriegaseherstellers. Den größten Teil davon kauft die Industrie, zum Beispiel zur Stahlverarbeitung. Die weitaus größte Menge an medizinischem Sauerstoff werde in Flüssigform geliefert, etwa von Lastwagen zu Krankenhäusern gefahren und dort, minus 190 Grad kalt, in große Tanks gefüllt, von wo aus sie in Rohrleitungssysteme eingespeist wird.

Die Nachfrage nach Flüssiggas sei zuletzt zwar auch gestiegen, aber bei weitem nicht so stark wie in Gasflaschen gefüllter Sauerstoff, erklärt Linde-Sprecher Dachwald. Ob der deutlich erhöhte Bedarf Ausdruck aktuell entstandener Engpässe sei, könne er nicht sagen; es gehe für ihn aber "in Richtung Vorratshaltung". "Wir wollen verhindern, dass in der Bevölkerung der Eindruck entsteht, es gebe einen Engpass bei Sauerstoffflaschen", so Dachwald. Das Unternehmen bittet seine Kunden um Verständnis, dass die Versorgung des Gesundheitswesens aktuell "weit oben" auf der Agenda stehe. Öffnungszeiten, auch der Vertriebspartner müssten gegebenenfalls angepasst werden. "Kältekönig" Carl von Linde hatte am 8. Februar 1901 in einer neugebauten Versuchsstation im Pullacher Ortsteil Höllriegelskreuth die erste "Sauerstoffmaschine" in Betrieb genommen. Das dort produzierte, je zur Hälfte aus Sauerstoff und Stickstoff bestehende Gemisch wurde später Linde-Luft genannt.

© SZ vom 02.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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