Coronavirus im Landkreis München:Kommunalpolitiker müssen sich testen

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Mindestens eine Viertelstunde Zeit sollten Besucher vor einer Gemeinderatssitzung für den Test einplanen. (Foto: Claus Schunk)

Vor Sitzungen von Stadt- und Gemeinderäten ist von sofort an der Nachweis eines negativen Abstrichs Pflicht - das gilt auch für Zuhörer. Hintergrund ist die wachsende Sorge vor hochansteckenden Virusmutationen

Von Iris Hilberth, Landkreis

Im März hatten Unterhachings Gemeinderäte ein Corona-Testkit auf dem Tisch - mal so zum Ausprobieren. Im April legte die Rathausverwaltung schon jedem Ratsmitglied drei solcher Schnelltests auf den Platz - ruhig zum Nutzen. Für die Sitzung im Mai ist nun jeder verpflichtet, sich vorab zu testen. Diese Regelung gilt jetzt fast überall, wo Stadt- und Gemeinderäte zusammentreten. Ob sich auch tatsächlich jeder testet, kontrolliert allerdings mancherorts niemand. Testen ist hier Vertrauenssache.

Hintergrund der Regelung ist ein Schreiben aus dem bayerischen Innenministerium, das den Kommunen nicht nur die Anordnung zum Tragen von Masken nahelegt, sondern ihnen auch die Möglichkeit eröffnet, negative Tests von Sitzungsteilnehmern einzufordern. Neben dem Schutz der Gremienmitglieder und Besucher vor Ansteckung gehe es verstärkt auch darum, die Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit der kommunalen Gremien zu gewährleisten, heißt es aus dem Ministerium.

Denn laut Leitfaden des Robert-Koch-Instituts (RKI) gelten seit 16. April grundsätzlich alle, die sich mit einer infizierten Person - unabhängig vom Abstand - länger als zehn Minuten in einem Raum "mit wahrscheinlich hoher Konzentration infektiöser Aerosole" aufhielten, als "enge Kontaktpersonen mit erhöhtem Infektionsrisiko". Auch dann, wenn durchgängig FFP2-Masken getragen wurden. Es kann daher passieren, dass sämtliche bei einer Sitzung anwesenden Personen, also die Verwaltungsspitzen, der gesamte Gemeinderat, die Besucher und die Pressevertreter, anschließend in eine zweiwöchige Quarantäne müssten. "Umso wichtiger ist es daher, bisher unerkannte Infektionen noch vor der Sitzung zu erkennen", so das Innenministerium an die Kommunen.

Ein solches Risiko will keiner eingehen und so beeilen sich Bürgermeister und Verwaltungen, vor den nächsten Sitzungen eine Testverpflichtung zu verfügen. Bereits am Dienstagabend hielt man in Pullach Schnelltests für die Besucher bereit, von den 15 Zuschauern nahmen jedoch laut Rathaussprecherin nur drei das Angebot an. Die Gemeinderatsmitglieder hätten sich zu Hause selbst getestet. "Wir appellieren an die Vernunft", so die Sprecherin. Auch sei der Tagungssaal so groß, dass die Teilnehmer im großen Abstand sitzen könnten. In Oberschleißheim ordnete die Gemeinde am Dienstag das Vorlegen eines maximal 48 Stunden alten PCR-Tests an, alternativ wurden Schnelltests zur Verfügung gestellt; in Grasbrunn hatten die Gemeinderäte vor der Sitzung am Dienstag Testkits mit der Sitzungseinladung nach Hause bekommen. Bürgermeister Klaus Korneder (SPD) hatte zudem vorsorglich Luftreinigungsgeräte ins Bürgerhaus bringen lassen - aus der Grundschule, die zurzeit ja kaum besucht wird. Während der Sitzung galt Maskenzwang.

Ähnlich sieht man das in Ottobrunn, wo am Mittwoch die Sitzung anstand. "Ja, wir werden die Besucher testen, aber wir werden das nicht mit aller Härte durchsetzen", sagte Hauptsamtleiter Wolfgang Walter. Im großen Saal des Wolf-Ferrari-Haus fühlten sich die Ottobrunner recht sicher. Zwar muss laut der neuen Verfügung bereits von sofort an jeder Besucher einen negativen Test für seine Sitzungsteilnahme vorweisen, doch werde man das erst von den kommenden Sitzungen an so streng handhaben. Auch im Oberhachinger Rathaus denkt man gerade über eine Testpflicht für die Sitzung in der kommenden Woche nach und hält es für möglich, dass die Gemeinderäte sich zu Hause selbst testen, die Besucher vor dem Gemeindesaal. In Unterhaching und Brunnthal wird man künftig entweder ein Zertifikat über einen aktuellen negativen PCR-Test oder einen negativen Schnelltest dabei haben müssen oder sich unter Aufsicht vor der Sitzung selbst testen, will man an der Sitzung teilnehmen. "Planen Sie also ausreichend Zeit vor Sitzungsbeginn ein", rät die Brunnthaler Verwaltung.

Das Landratsamt weist allerdings auch darauf hin, dass das Gesundheitsamt bei einem positiven Fall nicht unweigerlich eine Quarantäne für alle anordnen würde. Dabei spielten auch die Größe des Raumes, die Belüftung, Ausstattung mit Luftfiltergeräten, Abstände zwischen den fest zugewiesenen Sitzplätzen und Überschaubarkeit der Kontaktsituation eine Rolle. Auch das Innenministerium bewertet nicht jeden Sitzungssaal per se als Raum mit hoher Konzentration infektiöser Aerosole. Als Beispiele dafür nennt das RKI: "Feiern, gemeinsames Singen und Sporttreiben". Dazu heißt es aus dem Innenministerium: "In normal verlaufenden Ratssitzungen wird es regelmäßig nicht zu den genannten gesteigerten Aktivitäten kommen."

© SZ vom 29.04.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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