Coronavirus im Landkreis München:Mehr als tausend Infizierte in Quarantäne

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Die Anzahl der Tests ist gestiegen. (Foto: imago images/Joerg Boethling)

Die Corona-Zahlen im Landkreis nähern sich wieder den Rekordwerten von Weihnachten an. Weil Patienten wegen der Mutationen länger als ansteckend gelten, ist die Zahl der aktuellen Fälle sogar höher als damals.

Von Martin Mühlfenzl, Landkreis

Die Sieben-Tage-Inzidenz nähert sich im Landkreis München wieder der Marke von 200 an. 180,6 Neuinfektionen mit dem Coronavirus pro 100 000 Einwohner errechnete das Robert-Koch-Institut am Montag für die vergangene Woche. Das ist noch deutlich niedriger als der Rekordwert von 228,8, der kurz vor Weihnachten erreicht wurde. Doch die Rekordjagd geht weiter; 1018 Menschen befanden sich am Montag in Quarantäne, weil sie als aktuell infiziert galten. An Weihnachten waren es nur etwas mehr als 800.

Hintergrund ist, dass Patienten inzwischen wegen der neuen Virusvarianten länger als ansteckend gelten. Im April habe das Robert-Koch-Institut die Empfehlung ausgesprochen, aufgrund der Gefährlichkeit der Virus-Mutationen die Quarantäne-Zeit wieder von zehn auf 14 Tage zu erweitern, sagt Landratsamtssprecherin Franziska Herr. Das habe für sprunghafte Anstiege bei den Zahlen der aktuell Infizierten geführt - bei im Vergleich zum Dezember noch niedrigeren Inzidenz-Werten

Auch wenn ihr Anteil schwankt, grassiert die britische Virus-Variante B.1.1.7 im Landkreis in atemberaubendem Tempo. Von einem exponentiellen Wachstum der Neuansteckungen im Landkreis München will Gerhard Schmid, Leiter des Gesundheitsamtes im Landratsamt, aber noch nicht sprechen, vielmehr sei ein "starker Anstieg zu verzeichnen". Die britische Mutante weist dabei laut Schmid eine "höhere Infektiosität" auf und spielt "eine große Rolle" bei der Ausbreitung des Virus; sie verursache zudem "häufig kleinräumig starke Ausbreitungen", ohne dass es einen von außen erkennbaren Hotspot oder konkreten Auslöser für ein Infektionsgeschehen gebe.

Im Zeitraum von 5. bis 18 April, den das Gesundheitsamt untersucht hat, lag der Anteil der britischen Variante im Landkreis bei 53 Prozent. "Es gab aber auch schon Korridore, in denen der Anteil höher lag, phasenweise bei 75 Prozent", sagt Landratsamtssprecherin Franziska Herr.

Als zweiten Grund für die weiter stark steigenden Infektionszahlen benennt Schmid die gestiegene Zahl an Tests durch die flächendeckende Einführung von Schnelltests. Dieser Faktor dürfe nicht außer Acht gelassen werden, sagt der Leiter des Gesundheitsamtes. Dadurch steige die Zahl bekannter Infektionen und sinke gleichzeitig die Dunkelziffer. Hinzu komme als weiterer Faktor die Wiederaufnahme des Wechselunterrichts nach den Ferien mit den entsprechenden Selbsttests; auch Infektionen am Arbeitsplatz kämen verstärkend hinzu, sagt Schmid. Bis auf die Abschlussklassen sind seit diesem Montag zwar alle Kinder und Jugendlichen im Homeschooling, trotzdem mussten nach Angaben des Landratsamtes Klassen von insgesamt 18 Schulen wegen Infektionsfällen in Quarantäne geschickt werden.

Schmid geht davon aus, dass in den kommenden Wochen mit einem weiteren Anstieg der Infektionszahlen zu rechnen ist, hofft aber, dass das wärmer werdende Wetter sowie der zunehmende Impffortschritt zu einer Entspannung beitragen. Schon jetzt sei spürbar, dass in der Altersgruppe der bereits geimpften Menschen - also der über 70-Jährigen - ein Rückgang der Neuinfektionen zu verzeichnen ist. Bisher wurden 70 066 Einwohner des Landkreises geimpft, jeder dritte von ihnen bereits zweimal. Aktuell verteilt sich das Infektionsgeschehen laut Gesundheitsamt gleichmäßig über den gesamten Landkreis und über "alle Lebensbereiche".

Trotz des Anstiegs der Infektionszahlen rät Landrat Christoph Göbel (CSU) von Verschärfungen der Corona-Maßnahmen ab. Die aktuellen Maßnahmen seien seines Erachtens "bereits sehr weitreichend". Bezogen etwa auf den Einzelhandel lägen keine Erkenntnisse vor, dass es dort zu einer nennenswerten Anzahl von Ansteckungen kommt. "Perspektiven für das Abflachen der Kurve sehe ich insbesondere in der Verpflichtung der Unternehmen, ihren Mitarbeitern ein regelmäßiges Testangebot zu unterbreiten, sowie in den flächendeckenden Tests in Schulen", sagt Göbel. Auch komme es auf jeden Einzelnen an, sich an die Regeln zu halten, auch wenn die Ermüdung angesichts der Pandemie vielerorts spürbar sei. Aber das Impfen komme in Fahrt, und werde "hoffentlich" die Zahlen nach unten drücken. "Bis dahin müssen wir weiter die Zähne zusammenbeißen."

© SZ vom 20.04.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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