Haar:Bürgermeister als Werbeträger

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Andreas Bukowski (CSU) ist im März zum neuen Bürgermeister von Haar gewählt worden. Daneben ist er auch Vorsitzender des Gewerbeverbands Trudering-Haar. (Foto: Claus Schunk)

Andreas Bukowski muss sich wegen eines Fotos für ein Autohaus rechtfertigen.

Von Bernhard Lohr, Haar

Haars neuer Bürgermeister Andreas Bukowski (CSU) ist am Dienstagabend im Gemeinderat massiv unter Druck geraten, weil er sich von einem Münchner Autohändler als Bürgermeister auf einem Foto für Werbezwecke hat einspannen lassen. Die Sozialdemokraten hielten ihm vor, sein Amt als Bürgermeister nicht sauber von Privatangelegenheiten getrennt zu haben. Auch habe er sich zumindest dem Verdacht der Vorteilsnahme ausgesetzt. Peter Paul Gantzer (SPD) warf dem 40 Jahre alten Neuling im Rathaus Naivität vor, die seiner Jugend geschuldet sei und sagte: "Das müssen Sie noch lernen. Das geht nicht, das ist ein politisches No-go." Bukowski wies weit von sich, irgendwelche Vergünstigungen angenommen zu haben.

Die Angelegenheit, über die in Haar offenbar schon auf den Straßen geredet wird, hatte Gantzers Parteifreund Thomas Fäth im Gemeinderat zur Sprache gebracht. Er fragte Bukowski vor allem, warum dieser als Haarer Bürgermeister Werbung für ein Münchner Autohaus mache und damit der Konkurrenz von Haarer Autohändlern in die Hände spiele. Bukowski sagte, er habe "kein großes Problem darin gesehen", bei dem Händler ein Foto mit seinem neuen Elektrofahrzeug machen zu lassen. Er habe die Firma Automag in München gewählt, weil er ein deutsches Fabrikat hätte haben wollen und es ihm um eine kurze Lieferfrist gegangen sei. Zu dem Foto habe er sich bereit erklärt, weil er als Bürgermeister für den Umstieg auf Elektromobilität habe werben wollen. Er habe das auch abgewogen. Wäre es ein konventionelles Fahrzeug gewesen, hätte er es nicht gemacht. "Ich habe keinen einzigen Vorteil daraus geschlagen, keinen einzigen", sagte Bukowski. Er habe einen Standard-Leasing-Vertrag unterschrieben, wie er jedem Kunden vorgelegt werde.

Unabhängig davon, ob etwas an konkreten Vorwürfen dran ist, hat die Angelegenheit eine Eigendynamik entwickelt, die Bukowski nicht mehr so leicht stoppen kann. Die Geschichte kursiert im Ort. Im Jagdfeld werde viel darüber geredet, hieß es am Dienstagabend. Der Vorwurf: Der neue Bürgermeister habe, kaum im Amt, die Bodenhaftung verloren. CSU-Fraktionschef Dietrich Keymer bemühte sich nach Kräften, die Debatte im Gemeinderat wieder einzufangen. Es stünden "Dinge im Raum, die mehr als schädlich" seien, sagte er. Ein Bürgermeister habe auch das Recht, im Privaten den Amtstitel zu tragen. Keymer appellierte an alle, "den Ball flach zu halten", und schickte die Warnung hinterher, dass das Thema geeignet sei, im Gemeinderat "zu einer deutlichen Verschlechterung der Arbeitsatmosphäre" zu führen. Eines der großen erklärten Ziele von Bukowski war gewesen, zu einem anderen Umgangston im Gemeinderat zu finden und über Fraktionsgrenzen hinweg zusammenzuarbeiten.

Das hat in Ansätzen bisher auch geklappt. Vor allem mit den Grünen unterhält der neue CSU-Bürgermeister, der als Seiteneinsteiger keine kommunalpolitische Erfahrung mitbringt, ein gutes Verhältnis. Das Du ist etabliert. Bukowski und der Zweite Bürgermeister Ulrich Leiner von den Grünen kommen offenkundig gut miteinander aus. Und die über Jahre dominante SPD hat sich in ihre neue Rolle als deutlich zurechtgestutzte Kraft gefügt, wobei der politikerfahrene, langjährige Landtagsabgeordnete Peter Paul Gantzer immer wieder mit ruhig vorgetragenen, aber klaren Statements Treffer setzt.

Zu der Werbeaktion sagte Gantzer, Bukowski müsse "schon den Anschein meiden", er ziehe Vorteile aus seinem Amt. "In der Gemeinde entsteht der Eindruck, hier hat einer die Hand aufgehalten." Zurecht seien Beamten einem strengen Verhaltenskodex unterworfen.

© SZ vom 23.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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