Kultursommerfest:Swinging Ottobrunn

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Die Mitglieder der Abraxas Musical Akademie zogen bewundernde Blicke auf sich. (Foto: Claus Schunk)

Hunderte Besucher lassen sich beim Kultursommerfest am Wolf-Ferrari-Haus in gelöster Stimmung treiben. Sie tanzen zur Musik der Fünfzigerjahre und genießen Darbietungen von Kabarettisten und Akrobaten.

Von Udo Watter, Ottobrunn

Das Tanzbein schwingen mag ein Ausdruck sein, der aus einer Zeit kommt, in der man seinen Kaffee noch mit Dosenmilch oder Schlagsahne veredelte, aber hey: Das sah richtig gut aus und alles andere als altbacken, wie sich so manche Ottobrunner zum Sound von Bill Ramseys "Ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett", Udo Jürgens' "Swing am Abend" oder Trude Herrs "Ich will keine Schokolade" bewegten. Teddy und die Lollipops spielten beim "Ottobrunner Kultursommerfest" Schlager der Fünfziger und Sechziger, und je länger der Abend dauerte, desto mehr Besucher wagten sich an Twist-Schritte, Rock'n'Roll-Drehungen oder bewegten einfach nur versiert die Hüften. Die stilecht gewandeten und frisierten Mitglieder der Band verstehen ihr Handwerk und schafften es bei ihren Auftritten immer wieder, das Rhythmus- und Lebensgefühl der alten Songs zeitlos frisch ins Jetzt zu transportieren.

Unter den Besuchern des Kultursommerfestes waren aber nicht nur erstaunlich begabte Tänzer aus allen Generationen zu finden, die an diesem Abend die Gemeinde in Swinging Ottobrunn verwandelten, auch eine kleine Hobby- Sängerin hatte unverhofft ihren ersten Auftritt: Moderator Bernd Seidel, der zwei Programmpunkten überbrücken musste, schaffte es, die junge Laura aus einer Schar tobender Kinder auf die Bühne zu holen - und die präsentierte dann charmant und mit schöner, kräftiger Stimme den Namika-Song "Je ne parle pas français".

Spiel mit Licht und Schatten: Die Akrobaten zeigten beim Kultursommerfest beeindruckende Kunststücke. (Foto: Claus Schunk)

Großer Applaus für die spontane Einlage der kleinen Sängerin, aber auch die Profis mussten sich über mangelnde Resonanz nicht beklagen. Rodolfo Reyes, der "Master of Headbalance", zeigte im freiem Kopfstand eine faszinierende Körperbeherrschung, machte mit Füßen und Händen Jongleurakte und drehte sich dabei mitunter noch um die eigene Achse: Multitasking in neuen Dimensionen, wie sie sonst vor allem im Varieté zu sehen ist. Gleiches galt für den Auftritt von Hula-Hoop-Künstlerin Terisa, die zudem in einer transparenten Kugel eine Show aus Tanz- und Lichtelementen zelebrierte.

"Teddy und die Lollipops" brachten die Leute zum Tanzen. (Foto: Claus Schunk)

Ein echter Hingucker (und Hinhörer) waren überdies die Auftritte der Abraxas Musical Akademie München - die jungen Protagonistinnen zeigten als Tänzerinnen und Sängerinnen eindrucksvoll die hohe Qualität ihrer Ausbildung - ob nun in Szenen aus "A Chorus Line" oder "Wicked - Die Hexen von Oz". Überhaupt war das Programm des 30. Kultursommerfestes sehr gelungen und abwechslungsreich - neben den lokalen Ensembles der Musik- und Ballettschule zeigte etwa der Musikkabarettist Markus Kapp, warum er 2017 den Comedy Förderpreis von SWR 3 gewonnen hat.

Nicht jede Pointe war der Burner, aber gerade das finale Potpourri, bei dem er Duktus und Ausdrucksformen sozialer Milieus musikalisch vermischte, war witzig und geistreich: Da rappte er von "DJ Franz Schubert in da house", der das Kunstlied "Die Forelle" folgendermaßen enden lässt: "Fisch, ich mach' dich platt!" oder kommentierte ein Fußballspiel im salbungsvollen Priester-Singsang. Er agierte auf der kleineren der beiden Bühnen, die im Rosengarten neben dem Wolf-Ferrari-Haus aufgebaut worden waren, und zwischen denen Hunderte Besucher an den Biertischen saßen oder im Stehen parlierten.

Später sollten sie, oder die, die dann erst kamen, noch einen Höhepunkt des Fests erleben: die wundervollen Konzertakrobaten Gogol und Mäx, die ihren grotesken musikalischen Wettstreit zwischen "Piano Solo" (der seriöse Frack tragende Pianist Gogol) und "Attaco" (der clownesk verwuschelte, überlange Schuhe tragende Mäx) auf allerlei Instrumenten und teils in artistischen Stellungen austrugen. Gegen Ende gab's schließlich im ohnehin schön illuminierten Rosengarten ein Feuerwerk. Danach spielten noch mal Teddy und die Lollipops auf und für die Zuhörer galt erneut und zum letzten Mal an diesem Abend: Tanzbein schwingen.

© SZ vom 30.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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