Brunnthal:Praxis-Eröffnung mit Hindernissen

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Bis sie ihre Praxis eröffnen, helfen Claudia Bibracher und Christina Adamczyk (von links) ehrenamtlich bei der Bewältigung der Pandemie. (Foto: Claus Schunk)

Zwei Hausärztinnen dürfen sich in der Gemeinde niederlassen. Wegen der Corona-Pandemie dauert das aber etwas länger

Von Bernhard Lohr, Brunnthal

Mitten in den Wirren der Corona-Krise bereiten sich die Ärztinnen Claudia Bibracher, 41, und Christina Adamczyk, 42, darauf vor, die erste Allgemeinarztpraxis in der Gemeinde Brunnthal zu eröffnen und eine Lücke im Versorgungsnetz im Landkreis zu schließen. Der Zulassungsausschuss der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns hat im März seine Zustimmung erteilt. Die Praxisräume im Gemeindehaus in Brunnthals Ortsmitte werden schon umgebaut. Doch mit der Eröffnung wollen die Ärztinnen, die sich ehrenamtlich derzeit etwa in Aying bei der Corona-Teststation einbringen, gerade wegen des medizinischen Ausnahmezustands bis September warten.

Keiner würde behaupten wollen, dass Hausärzte derzeit nicht ausgelastet wären. Sie sind in Zeiten der Pandemie, in der auch die Verunsicherung in der Bevölkerung groß ist, gefragt wie nie. Viele am Ort werden deshalb gerade jetzt mit großer Erleichterung aufnehmen, dass zwei Ärztinnen in Brunnthal nun die äußerst seltene Gelegenheit bekommen, eine Praxis neu zu gründen. Sie haben sogar mittlerweile zwei Zulassungen von Praxen in München-Nymphenburg und in Gauting erworben, was ihnen in Brunnthal ermöglicht, mittel- und langfristig im ersten Stock über dem Dorfladen ein relativ breites Versorgungsspektrum vom Allgemeinarzt, Kinderarzt und auch psychiatrische Behandlung anzubieten.

Doch trotz der großen Aufmerksamkeit und Nachfrage betont Bibracher die Schwierigkeiten, gerade jetzt eine Praxis zu eröffnen. In vielen Hausarztpraxen sei der reguläre Betrieb stark eingeschränkt. Die Ärztin spricht sogar von Kurzarbeit in den Praxen. Wirtschaftlich erlebten Allgemeinärzte eine schwierige Zeit. Die Praxis in Brunnthal schon jetzt oder im Sommer zu eröffnen, wäre riskant. "Wir haben ja noch keine Patienten." Aber Fixkosten für Personal und Miete wären sofort zu bezahlen.

Auch ohne eigener Praxis sind die beiden Frauen in der aktuellen Krise freilich gefragt. Bibracher war bei der Eröffnung der Corona-Teststation in Unterhaching dabei und beobachtete den Ansturm von besorgten Bürgern. Sie steht mit Brunnthals Bürgermeister Stefan Kern (CSU) in Kontakt, dessen Gemeinde jetzt gemeinsam mit Aying eine Teststation eingerichtet hat und sich vorbereitet, bei Bedarf eine eigene zu schaffen. "Bisher gibt es noch nicht so viele Testungen", sagt Bibracher. Deshalb lohne es sich noch nicht, das Angebot auszuweiten. Auch herrscht ihren Worten nach eklatanter Mangel an Schutzmasken, Handschuhen und Schutzkleidung. Es wäre nicht zu verantworten, Ärzte und medizinisches Personal für Testungen ohne angemessenen Schutz heranzuziehen. Die Gefahr sei zu groß, sich zu infizieren und das Virus weiterzutragen.

Die Kassenärztliche Vereinigung hatte vor der formellen Entscheidung bereits signalisiert, dass die Praxis in Brunnthal, - der einzigen Gemeinde im Landkreis München, die keinen Arzt hat - begrüßen würde. "Den Mangel kann man nicht wegdiskutieren", sagt Bibracher. Die Zeiten hätten sich im Südosten des Landkreises München geändert. Patienten warteten auf Termine, auch hätten Ärzte in umliegenden Gemeinden wie Aying begrüßt, dass es in Brunnthal eine neue Praxis geben werde. Bibracher freut sich auf eine Zusammenarbeit mit Kollegen und Kolleginnen, die sie zum Teil kennt. Über gegenseitige Praxisvertretungen werde schon geredet. "Miteinander geht es viel einfacher."

Bibracher nimmt für sich in Anspruch, ein Quäntchen Idealismus mitzubringen. Allgemeinärzte verdienten entgegen landläufiger Auffassung keine großen Summen. Ihr ist bei Fortbildungen aufgefallen, dass dort viele Frauen anzutreffen sind. "Wenn die Frauenquote in einem Beruf steigt", sagt sie, "spricht das doch für ein soziales Engagement."

© SZ vom 07.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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