Betreuung:Die Krippen-Krise

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Weit mehr als 35 Prozent der Eltern wünschen sich einen Krippenplatz für ihren Nachwuchs. (Foto: picture alliance / dpa)

In Höhenkirchen-Siegertsbrunn fehlen 27 Erzieherinnen, um alle Kleinkinder betreuen zu können. Die Gemeinde bemüht sich um Lösungen, kommt aber mit der Personalgewinnung nicht recht voran

Von Antonia Hofmann, Höhenkirchen-Siegertsbrunn

Die Gemeinde Höhenkirchen-Siegertsbrunn ringt um Erzieher für Kinderkrippen. Zwar schreibt der Gesetzgeber lediglich vor, dass die Gemeinde 35 Prozent der in Frage kommenden Kinder mit einem Betreuungsplatz versorgen muss. Die Realität sieht aber anders aus: Weit mehr Eltern benötigen eine Betreuungsmöglichkeit für ihr Kind. Und ein Recht auf einen Betreuungsplatz hat jedes von ihnen.

Die Gemeinde rechnet mit 120 Neugeborenen pro Jahr. Einen Krippenplatz würden jährlich zwei Jahrgänge, also 240 Kinder, benötigen. Wenn die Gemeinde 75 Prozent abdecken wollte, bräuchte man dafür 27 zusätzliche Erzieher, sagte Bürgermeisterin Ursula Mayer (CSU) am Mittwoch zahlreichen Eltern und Interessierten bei einem Stammtisch des CSU-Ortsverbandes zum Thema Kinderbetreuung. Aber schon jetzt fehlen den Trägern in Höhenkirchen-Siegertsbrunn - ausgenommen der gemeindlichen Einrichtung - zusammen circa 14 Betreuer.

Die Bürgermeisterin spricht von einem "Dilemma"

Der Gesetzgeber "hätte sehen müssen, dass keine Erzieher da sind", sagte Mayer. Sie sprach von einem Dilemma. Für den Gemeindekindergarten habe man zwei zusätzliche Stellen ausgeschrieben, eine Erzieherin und eine Pflegerin. "Wir haben sogar eine Werbung in Norddeutschland geschaltet, dort soll eine Kinderflaute sein." Man sei wirklich dran, sagte Mayer.

Die Situation sei "ganz, ganz schwierig". Auch die vorgeschriebenen Standards seien "ein Knebelwerk für uns als Kommune". Allein vergangenes Jahr hätte die Gemeinde zwölf Millionen Euro in die Kinderpflege investiert. Die Betreuungsplätze in der Gemeinde werden in erster Linie nach dem Alter vergeben, aber eine große Vergaberunde aller Träger bespreche jedes Frühjahr die Kinder im Einzelfall, so Mayer. In die "pädagogische Bewertung" mische sich die Gemeinde nicht ein.

Zwei Kinder könnten sich einen Platz teilen

Auch Pfarrer Thomas Lotz, Vertreter für den Träger Evangelische Kirche, erklärte, dass der Schlüssel "wirklich das Personalproblem" sei. Werbung bringe wenig. Wer zu einem größeren Träger wolle, für den sei die Stadt München erste Anlaufstelle. Dort seien in den vergangenen Jahren viele Einrichtungen entstanden. Zudem "ist die Mobilität in diesem Berufsstand nicht sehr ausgeprägt".

Das Publikum fragte vor allem nach der Möglichkeit des "Platz-Sharing". Bis auf die Gemeindeeinrichtung ist das in vielen Häusern theoretisch möglich. So könnten sich zwei Kinder einen Platz teilen, falls die Arbeitszeiten der Eltern zusammenpassen. "Die Lösung liegt bei Ihnen", sagte Pfarrer Lotz. Die Eltern müssten sich selbst zusammentun und dann auch bei ihrer Absprache bleiben.

Die Gemeinde bemüht sich: Im Dezember eröffnet sie eine neue Großtagespflege, die zehn Krippenkinder aufnehmen kann. Eine weitere solche Einrichtung könnte entstehen. Im kommenden Jahr soll ein Bebauungsplan für eine neue Wohnanlage für Erzieher und Pfleger vorgelegt werden. Die könnte Kinderbetreuer locken. Auch bei der Entwicklung neuer Wohngebiete, die die Notwendigkeit für weitere Betreuungsplätze nach sich ziehen würden, "hauen wir die Bremse rein", sagte Mayer.

© SZ vom 05.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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