Baugrund:"Die Bodenpreise im Landkreis steigen schneller als die Mietpreise"

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Obwohl in den vergangenen Jahren tausende Wohnungen entstanden seien, herrsche Wohnungsknappheit, sagt Planungsverbands-Chef Christian Breu. (Foto: Claus Schunk)

Dass im Landkreis zu wenig gebaut wird, liegt laut Planungsverband-Chef Christian Breu vor allem daran, dass Grundbesitzer nicht verkaufen wollen.

Interview von Elisabeth Gamperl, Landkreis

Für den Geschäftsführer des Planungsverbandes Äußerer Wirtschaftsraum München, Christian Breu, hat es oft mit Zufall zu tun, ob sich Unternehmen in einer Gemeinde ansiedeln oder nicht. Im Interview ordnet er die aktuellen Zahlen für den Landkreis ein und erzählt, warum Einpersonenhaushalte zunehmend ein Problem darstellen.

SZ: Es gibt viele Regionen, denen der demografische Wandel zu schaffen macht. Es gibt immer mehr ältere Bewohner, die jungen zieht es in die Städte. Pflege wird ein wichtiges Zukunftsthema. Wie ist dieser Wandel im Landkreis München zu spüren?

Breu: Die Babyboomer werden zwar älter und gehen in Rente, aber die Zahl der 17-Jährigen im Landkreis München wächst. Es kommt genug Nachwuchs nach, außerdem gibt es mehr Zuzüge als Wegzüge. Mehr zu schaffen macht uns der Strukturwandel. Die Zahl der Einpersonenhaushalte steigt - 60 Prozent sind es derzeit. Vor allem ältere Frauen um die 70 Jahre wohnen alleine. Dadurch wird sich der Mangel an Wohnungen in der Region noch weiter verstärken.

Christian Breu ist Geschäftsführer des Planungsverbandes Äußerer Wirtschaftsraum München. (Foto: Claus Schunk)

Woher kommen denn die ganzen "Zuagroasten"?

Viele Familien ziehen von München in die Region. Auch viele Menschen aus dem Ausland lassen sich im Landkreis nieder. Die meisten Zuzüge kamen im Jahr 2014 etwa aus Rumänien und Ungarn.

Sie sind seit 1998 beim Planungsverband - wie hat sich in der Zeit der Landkreis München verändert?

Die Kommunen arbeiten besser zusammen als früher. Die Probleme sind aber die gleichen geblieben: Es gibt zu wenig Wohnungen, man wird den hohen Bodenpreisen nicht Herr.

Dass die Bevölkerung wächst, ist doch eigentlich gut.

Ja, denn es ist nämlich auch so, dass die Arbeitsplätze im Landkreis München schneller als die Bevölkerung zunehmen. Die Infrastruktur hinkt dem aber hinterher. Der Bedarf an Schulen und Kinderbetreuung ist noch lange nicht gedeckt. Kaum ist eine Schule gebaut, ist sie schon wieder voll. In den nächsten Jahren wächst die Zahl der Bewohner rasant an: 2034 sollen 389 000 Menschen im Landkreis leben. Das sind 40 000 Menschen mehr. Es kommt quasi fast eine ganze Stadt dazu.

Heißt das, der Landkreis steuert auf eine akute Wohnungsnot zu?

So weit würde ich noch nicht gehen. Es werden ja Wohnungen gebaut. Es sind Tausende Wohnungen in den vergangenen Jahren entstanden. Der Bau hinkt aber leider hinterher. Es gibt also Wohnungsknappheit. Wohnungsnot würde ich es noch nicht nennen. Wenn in den nächsten Jahren aber nicht deutlich mehr gebaut wird, dann wird es für einige schon kritisch - und damit meine ich nicht nur Geringverdiener, sondern auch Normalverdiener. In der aktuellen Diskussion wird viel darüber geredet, den Sozialwohnungsbau anzukurbeln. Das ist auch sehr wichtig, aber darüber hinaus dürfen wir das Wohnungsangebot für die Mittelschicht und Familien nicht vernachlässigen.

Warum hinkt man hinterher?

Weil zu wenig Flächen verfügbar sind. Viele Grundstückseigentümer sind nicht darauf angewiesen, zu verkaufen. Man kommt also schlecht an die Flächen heran. Die Bodenpreise im Landkreis steigen schneller als die Mietpreise.

Dann müsste es ja schwer sein, überhaupt Unternehmen in die Region zu locken.

Nein, das stimmt so nicht. Es lassen sich immer noch viele Unternehmen in der Region München nieder. Die Zahl der Beschäftigten im Landkreis München ist in den letzten Jahren überdurchschnittlich gestiegen - über 40 000 kamen seit 2004 dazu. Und laut einer Prognose von Empirica geht es so weiter. In welcher Gemeinde sie dann landen ist oft Zufall. So wie in Unterföhring, wo sich nach und nach Medien- und Versicherungsunternehmen angesiedelt haben. Unternehmen siedeln sich überhaupt oft dort an, wo bereits andere Unternehmen derselben Branche zu finden sind. Das ist eigentlich paradox, schließlich leben wir im digitalen Zeitalter und man könnte von überall aus arbeiten.

© SZ vom 09.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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